Année politique Suisse 1993 : Infrastructure, aménagement, environnement / Sol et logement / Bodenrecht
Nachdem die im Rahmen von "Eurolex" geplante Änderung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland ("Lex Friedrich") durch die Ablehnung des EWR-Vertrages am 6. Dezember 1992 obsolet geworden war,
häuften sich die Vorstösse hinsichtlich einer Revision bzw. Aufhebung des Gesetzes. Nach der Überweisung einer Motion Vollmer (sp, BE) über Ersatzvorkehrungen zur Ablösung der "Lex Friedrich", welche auf Antrag des Bundesrats und mit dem Einverständnis des Motionärs als Postulat überwiesen wurde, und dem Rückzug einer ähnlichen Motion der sozialdemokratischen Fraktion, hatte sich der Nationalrat am letzten Tag der Herbstsession noch mit vier Motionen – von Ducret (cvp, GE), Fischer (fdp, AG), Fischer (cvp, LU) und Comby (fdp, VS) – zu befassen, welche mittels Teilrevisionen eine Lockerung der bestehenden Gesetzgebung anstrebten. Da alle Motionen von Keller (sd, BL) bekämpft wurden und dem Rat zudem die Antworten des Bundesrates, der sich bereit erklärt hatte, die Vorstösse in drei Fällen als Motionen und in einem als Postulat entgegenzunehmen, nicht vorlagen, wurde die Diskussion verschoben
[15]. Die Schweizer Demokraten warfen die Thematik der "Lex Friedrich" zudem in mehreren Anfragen an den Bundesrat auf, wobei Stalder (sd, BE) gar indirekt mit dem Referendum gegen eine liberalisierte Gesetzgebung über den Immobilienerwerb von Ausländern drohte
[16].
Neben diesen persönlichen Eingaben auf parlamentarischer Ebene war am 8. April 1993 eine
Standesinitiative des Kantons Genf eingereicht worden, welche die ersatzlose Abschaffung der "Lex Friedrich" forderte. Während sich die zuständige Kommission des Ständerats dazu grundsätzlich positiv ausgesprochen hatte, lehnte sie der Bundesrat in seiner Stellungnahme als zu weitgehend ab, stellte jedoch bis Ende Jahr die Ausarbeitung einer Teilrevision des betreffenden Gesetzes in Aussicht. Darüber hinaus solle eine Expertengruppe bis 1995 mit einer allfälligen Aufhebung der "Lex Friedrich" verbundene legislative Massnahmen abklären
[17].
Die von Zimmerli (svp, BE) geleitete Ständeratskommission begrüsste die Erklärung des Bundesrats, behielt aber ihren Druck auf die Landesregierung aufrecht, indem sie der Genfer Standesinitiative durch eine eigene Kommissionsmotion sowie ein Kommissionspostulat teilweise Folge geben wollte. Darin wird der Bundesrat aufgefordert, den eidgenössischen Räten bis Mai 1994 eine Vorlage zu einer raschen Teilrevision der "Lex Friedrich" zu unterbreiten. Die darin vorgesehene Bewilligungspflicht solle grundsätzlich auf reine Kapitalanlagen sowie den Erwerb von Ferien- und Zweitwohnungen bzw. diesen entsprechende Bauten beschränkt werden. Die neue gesetzliche Regelung habe insbesondere den wirtschaftlichen Bedürfnissen des Industrie- und Finanzsektors, der Tourismus- und Bergregionen sowie der Verträglichkeit mit entsprechenden ausländischen Gesetzgebungen und der Vereinbarkeit mit dem durch die Europäische Union und dem GATT gesetzten Recht zu entsprechen. Gleichzeitig wird der Bundesrat aufgefordert, ebenfalls bis Mai 1994 aufzuzeigen, durch welche Gesetzesmassnahmen die "Lex Friedrich" abgelöst werden kann.
In der Herbstsession überwies das Ratsplenum sowohl die beiden auch von Bundesrat Koller befürworteten Vorstösse seiner Kommission wie auch die vom Bundesrat aus staatspolitischen Überlegungen, unter Bezugnahme auf das Schlagwort der "Überfremdungsgefahr", abgelehnte Motion Reymond (lp, VD) für eine vollständige und definitive Abschaffung des Gesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland
[18]. Gegen solch ein radikales Vorgehen hatte sich der Bundesrat bereits wenige Tage zuvor, anlässlich der Präsentation der Zahlen der Immobilienverkäufe an im Ausland lebende Personen, ausgesprochen. Diese zeigen, nach Jahren nicht ausgeschöpfter Höchstkontingente, seit 1992 eine Trendwende an, nahm doch die Zahl der Gesuche in jenem Jahr um 65% gegenüber dem Vorjahr zu; eine Tendenz, die auch im Berichtsjahr – soweit entsprechende Zahlen vorliegen – weiter anhielt
[19].
Wie angekündigt setzte das EJPD am 16. November eine
Expertenkommission zur Aufarbeitung der mit einer Totalrevision der "Lex Friedrich" verbundenen Fragen ein
[20].
Bereits am 6. Dezember gab dann der Bundesrat einen Entwurf für eine
teilweise Revision der "Lex Friedrich" in die mit anderthalb Monaten äussert kurz bemessene
Vernehmlassung. Darin kommt er im wesentlichen auf die bereits im August in Aussicht gestellten Massnahmen zurück. So wird die Bewilligungspflicht grundsätzlich auf den Erwerb von Grundstücken zum Zweck der reinen Kapitalanlage und des gewerbsmässigen Immobilienhandels sowie den Erwerb von Ferienwohnungen beschränkt. Die Bewilligungspflicht für ausländische Klienten, die in der Schweiz Wohnsitz haben oder während mindestens fünf Jahren gehabt haben, wird aufgehoben. Im Ausland lebende Schweizer Bürgerinnen und Bürger werden rechtlich inskünftig wie Ausländer gestellt sein. Neben natürlichen Personen unterstehen Handels-, Industrie-, Finanz- und Dienstleistungsunternehmen keiner Bewilligungspflicht mehr, wenn sie die Grundstücke zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit verwenden, oder zwar als Kapitalanlage erwerben, dann aber Dritten zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Verfügung stellen. Von der Bewilligungspflicht ausgenommen sind auch Grundstücke für den sozialen Wohnungsbau. Für Ferienwohnungen gilt das bisherige Bewilligungs- und Kontingentierungssystem, wobei Ubertragungen unter Ausländern sowie Verkäufe aus wirtschaftlichen Notlagen dem Kontingent nicht mehr angerechnet werden. Bei der Festsetzung der Kontingente schliesslich soll den Kantonen mehr Freiraum gewährt werden
[21].
[15] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 975 f., 981, 1953 ff. und 1964 f.
[16] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2339 f.
[17] StR-Kommission: NZZ, 26.6.93. BR: Presse vom 26.8.93.
[18] Amtl. Bull. StR, 1993, S. 708 ff.; Presse vom 4.9. und 30.9.93.; vgl. auch Verhandl. B.vers., 1993, V, S. 23.
[19] Presse vom 16.9.93; BüZ, 20.9.93. Zahlen: Die Volkswirtschaft 67/1994, Nr. 2, S. 54 ff.
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