Année politique Suisse 1993 : Infrastructure, aménagement, environnement / Protection de l'environnement
Abfälle
Der Revisionsentwurf des USG schlägt
vier Strategien zu einer effizienten Abfallbewirtschaftung vor. Die Vermeidung von Abfällen an der Quelle sollte prioritär sein. An zweiter und dritter Stelle verlangt der Entwurf die Verminderung von Schadstoffen bei der Güterproduktion sowie die Verminderung der Gesamtabfallmenge durch Verwertung und Recycling. Schliesslich forderte die Vorlage auch eine umweltverträgliche Behandlung und Lagerung des Abfalls in der Schweiz
[39].
Das Konsumentinnenforum (KF) empfahl der Öffentlichkeit aufgrund einer Ökobilanzstudie, die
Kleinaluminiumabfälle nicht mehr separat zu sammeln und dem Recycling zuzuführen, sondern mit dem normalen Hauskehricht zu entsorgen. Aus ökonomischen und ökologischen Gründen sei es gemäss KF nicht sinnvoll, für die 5,6% Kleinstaluabfälle aus den Haushalten die teuren Entsorgungskosten zu Lasten der Gemeinden in Kauf zu nehmen. Das BUWAL unterstützte die Empfehlung, riet jedoch den Konsumenten, möglichst wenig Aluminium zu gebrauchen. Verschiedene Gemeinden hoben daraufhin die Sammelstellen für Alu-Recycling auf
[40].
Die Interessengemeinschaft Ferro Recycling, kündigte an, in Zukunft einen halben Rappen vorgezogener
Entsorgungsgebühr auf Stahlblechdosen zu erheben. Das Konsumentinnenforum, welches sich zwar grundsätzlich mit dem Prinzip der vorgezogenen Entsorgungsgebühr einverstanden erklärte, verlangte jedoch klare gesetzliche Rahmenbedingungen, um den eventuellen Missbräuchen mit Gebühren auch auf anderen Verpackungsmaterialien und Artikeln vorzubeugen
[41].
Die
hohe Rücklaufquote von Altglas führte unter anderem dazu, dass das monopolartige Glas-Recycling-Unternehmen Vetro-Recycling den Gemeinden aus Rentabilitätsgründen die Entschädigung für die Altglassammlung strich (bisher zwischen 5 und 20 Fr. pro Tonne). Die Überproduktion zwang das Unternehmen, grosse Mengen an Altglas mit Verlusten zu exportieren. Das Unternehmen kündigte sogar an, dass die Gemeinden ab 1994 für die Altglas-Entsorgung Gebühren bezahlen müssten
[42].
Die Einführung der Kehrichtsackgebühr in der Stadt Zürich liess wie zuvor bereits in anderen Städten schon nach kurzer Zeit die in den Kehrichtverbrennungsanlagen zu entsorgende Abfallmenge beträchtlich sinken. Dieselbe Erfahrung machten auch die Gemeinden der
Region Moutier (BE), welche als erste in der französischsprachigen Schweiz die Sackgebühr einführten. Freiburg folgte dem Exempel im Herbst als erste grössere Stadt der Romandie
[43]. Im übrigen führte der Rückgang resp. die Stabilisierung der Abfallmenge zu einer Neuorientierung der Kantone, welche Kehrichtverbrennungsanlagen planten, um zukünftige Überkapazitäten zu vermeiden
[44].
Im Bereich der inländischen Sondermüllentsorgung haben die
Zementwerke in den letzten Jahren eine führende Rolle übernommen. Während die Planung von Sondermüllöfen sowie Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) auf einen ständig wachsenden Widerstand der Bevölkerung stiessen, konnten die Betreiber von Zementwerken ihre Entsorgungskapazitäten praktisch unbeachtet von der Offentlichkeit ausbauen und durch den Ersatz des üblichen Brennstoffs wie Kohle oder Erdöl durch Sondermüll gleichzeitig Betriebskosten einsparen
[45].
Der Bundesrat hat einer
Vereinbarung mit Deutschland, welche die gegenseitige Kontrolle des Exports und Imports von Sonderabfällen garantiert, zugestimmt. Das Abkommen drängte sich als Zwischenlösung auf, weil Deutschland die sogenannte "Basler Konvention" aus dem Jahre 1989 noch nicht ratifiziert hat. Die Schweiz wird insbesondere in bezug auf den Export von schwermetallhaltigem Filterstaub aus Kehrichtverbrennungsanlagen, welcher in deutschen stillgelegten Salzbergwerken eingelagert wird, auf das Abkommen angewiesen sein
[46].
In seiner Antwort auf die einfache Anfrage Thür (gp, AG) zur Ausfuhrbewilligungspraxis von Sondermüll wies der Bundesrat auf die am 5. Mai 1992 in Kraft getretene Basler Konvention (BK) hin, welche Exporte von Abfällen, die nicht zur Verwertung bestimmt sind, nur noch in Teilnehmerländer der BK und in OECD-Staaten erlaubt, mit denen spezielle Abkommen unterzeichnet worden sind. Gemäss dem Territorialitätsprinzip müssen die zuständigen Behörden des Importstaates die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften für Behandlung, Lagerung und Transport des Sondermülls kontrollieren, was sich bisher für den Exportstaat als schwierig handhabbar erwiesen hat. Deshalb kündigte der Bundesrat eine entsprechende Revision der Verordnung über den Verkehr mit Sonderabfällen an
[47].
Zwischen 1987 und 1990 hatte die Zürcher Firma Refonda, Tochtergesellschaft der Alusuisse, mehr als
20 000 Tonnen dioxin- und schwermetallhaltiger Salzschlacke, welche beim Alu-Recycling anfällt, nach Portugal exportiert, wo eine Entsorgungsfirma das Material hätte weiter verarbeiten sollen. Da diese Firma Konkurs anmelden musste und im übrigen zu keiner Zeit in der Lage gewesen war, eine umweltgerechte Entsorgung zu garantieren, forderten die portugiesischen Behörden ab Mitte 1992 die Repatriierung des Materials, was vom Bundesrat abgelehnt wurde. In der Zwischenzeit hatte auch die Firma Refonda ihren Betrieb eingestellt. Im November startete die Umweltschutzorganisation Greenpeace eine medienträchtige Aktion, indem sie per Lastwagen zehn Tonnen des umstrittenen Abfalls in die Schweiz zurücktransportierte. Die portugiesische Regierung liess verlauten, sie werde die Europäische Kommission um Unterstützung angehen. Eine Einigung konnte im Berichtsjahr noch nicht erzielt werden
[48].
Die Kantone der
Westschweiz haben sich geeinigt, bei Oulens-sous-Echallens (VD) eine Sondermülldeponie einzurichten. Geplant ist die künftige Einlagerung von jährlich ca. 50 000 Tonnen stabilisiertem Sonderabfall, der zu 90% aus Filterstäuben der Kehrichtverbrennungsanlagen bestehen wird
[49].
[39] BBl, 1993, II, S. 1484 ff.; siehe auch Umweltschutz (BUWAL), 1993, Nr. 3, S. 8 f. Vgl. auch oben, Umweltschutzgesetz.
[40] Presse vom 27.1.93; BZ, 3.2.93; NQ, 22.6.93.
[41] NZZ und BaZ, 11.5.93; Bund, 12.5.93.
[42] TA, 8.6.93; NQ, 11.6.93; NZZ, 25.6.93; BZ, 1.10.93.
[43] Ww, 4.3.93 (Zürich); NQ, 2.4.93 (Moutier); BaZ, 2.10.93 (Freiburg).
[44] LZ, 25.8.93; NZZ, 26.8.93; SGT, 1.9.93; BZ, 21.9.93; Ww, 30.9.93.
[46] NZZ, 18.2.93 (Abkommen); TA, 20.1.93 und BaZ, 25.1.93 (Filterstaub). Siehe auch Umweltschutz in der Schweiz, BUWAL-Bulletin, 1993, Nr. 2, S. 48.
[47] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 658 f.; Bund, 25.3.93. Zur Basler Konvention siehe auch SPJ 1989, S. 179 f. und 1992, S. 194.
[48] NQ, 14.1.0.93; NZZ, 6.11. und 9.11.93; JdG, 9.11. und 4.12.93; Presse vom 10.11.93; SGT, 20.12.93.
[49] 24 Heures, Lib. und NQ, 9.3.93; NF, 9.4.93.
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