Année politique Suisse 1993 : Politique sociale / Population et travail
Löhne
Nach Angaben des Biga mussten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Berichtsjahr eine
Reallohneinbusse von 0,7% hinnehmen. Die Nominallöhne stiegen um 2,6%, wobei die Frauen (+2,8%) etwas besser gestellt waren als die Männer (+2,5%). Der nominelle Lohnzuwachs für die verarbeitende Produktion fiel mit 2,6% kaum höher aus als für das Baugewerbe und die Dienstleistungen mit je 2,5%
[22].
Die Gewerkschaften stiegen mit der Forderung nach mindestens dem vollen Teuerungsausgleich in die traditionellerweise im Herbst stattfindenden Lohnverhandlungen, doch konnte dieser in den meisten Branchen wegen der anhaltend angespannten Wirtschaftslage nicht erreicht werden
[23].
Gemäss einer Umfrage der Schweiz. Gesellschaft für praktische Sozialforschung ist die
Deregulierung bei der Entlöhnung in der Schweiz bereits weit fortgeschritten. 62% der angefragten Unternehmer gaben an, bei ihnen sei der automatische Teuerungsausgleich abgeschafft. 36% haben im Zeichen der Rezession und der Veränderungen in der Arbeitswelt die Dienstalterkomponenten im Lohn abgebaut. Hingegen sind bei 78% der Firmen Leistungsanteile im Lohn berücksichtigt. 80% der ebenfalls befragten Arbeitnehmer empfinden diese Deregulierung als Lohndrückerei zu ihren Lasten. Allerdings meinten auch 69%, der Leistungsanreiz werde so erhöht. 75% waren der Meinung, die Arbeitsplätze würden dadurch sicherer. Deshalb beurteilte nur jeder dritte Arbeitnehmer die Deregulierung in der Entlöhnung als ausdrücklich negativ
[24].
Eine Studie der Handelshochschule St.Gallen (HSG) zeigte, dass Frauen in der Schweiz bezüglich Lohn noch immer benachteiligt sind. Für gleiche Arbeit verdienen weibliche Angestellte im Durchschnitt acht Prozent weniger als Männer. Die
Lohnungleichheit zwischen Mann und Frau verstärkt sich mit zunehmender Qualifikation und höherem Alter. Besonders betroffen sind Branchen mit hohem Frauenanteil. Aber auch regionale Unterschiede wurden ausgemacht. Die höchsten Löhne werden laut HSG im zentralen Mittelland (AG, BL, BS, ZH und ZG) ausbezahlt. Im Durchschnitt wird in diesen Kantonen für eine vergleichbare Arbeit 3% mehr Lohn ausgerichtet als im westlichen Mittelland (BE, SO, FR, JU, VD, NE, GE). Auf Platz drei folgt die Ostschweiz (SG, Al, AR, TG, SH, GR) mit durchschnittlich' 5% tieferen Löhnen
[25].
Für die Aufhebung des automatischen Teuerungsausgleichs auf den Löhnen der Bundesbeamten siehe oben, Teil I, 1c (Verwaltung). Zur Entwicklung in den Kantonen vgl. unten, Teil II, 5a.
[22] F. Revaz, "Reallohnrückgang im Jahre 1993", in Die Volkswirtschaft, 67/1994, Nr. 4, S. 47 ff.
[23] Presse vom 7.8., 7.9. und 21.12.93; BaZ, 28.9. und 9.11.93; NQ, 26.10.93; JdG, 5.11.93; NZZ, 3.12.93.
[24] TA, 7.10.93; Presse vom 28.12.93. Zur Forderung der Arbeitgeberorganisationen nach gezieltem Lohnabbau zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Schweiz siehe SoZ, 27.6.93 und Bund, 30.6.93. Das Biga kam nach einer Analyse des Schweizer Arbeitsmarktes zum Ergebnis, dass die von den Arbeitgebern geforderte Anpassung der Löhne an die jeweilige Konjunkturlage bereits besteht: F. Revaz, "Die Flexibilität der Löhne in der Schweiz", in Die Volkswirtschaft, 66/1993, Nr. 10, S. 38 ff.
[25] Presse vom 5.1.93. Die Studie ist das erste Resultat des neuen Schweizerischen Lohninformationssystems (SLIS), das von der HSG ausgearbeitet worden ist. Mit dem SLIS sollen in Zukunft Lohndaten aus der ganzen Schweiz regelmässig erfasst werden. Für eine Untersuchung der Entwicklung der Kadergehälter siehe SHZ, 9.9.93.
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