Année politique Suisse 1993 : Enseignement, culture et médias / Culture, langues, églises / Das Verhältnis zwischen den, Sprachgruppen
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Rätoromanisch
Anlässlich der Volkszählung von 1990 bezeichneten landesweit nur noch knapp 40 000 Schweizerinnen und Schweizer Rätoromanisch als ihre Hauptsprache. Zehn Jahre zuvor waren es noch rund 50 000 Personen gewesen. In Graubünden selber sank ihr Anteil von 21,9 auf 17,1%. Neben den Verlusten in der übrigen Schweiz erlitt das Rätoromanische vor allem in den Gemeinden um Chur sowie in den Bündner Tourismusorten mit grossem Bevölkerungswachstum empfindliche Rückschläge. Dieser statistische Rückgang des Rätoromanischen war allerdings auch darauf zurückzuführen, dass 1990 nicht mehr wie in früheren Volkszählungen nach der Muttersprache, sondern nach der am häufigsten verwendeten Sprache gefragt wurde [45].
Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, verlangte die mit der Vorberatung des Sprachenartikels betraute nationalrätliche Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur in einer als Postulat überwiesenen Motion, dass das Bundesgesetz über die Sprachförderung in den Kantonen Graubünden und Tessin unverzüglich in dem Sinn zu revidieren sei, dass zur Stärkung der bedrohten rätoromanischen Sprache erheblich höhere Mittel bereitzustellen sind. Dies nahm die Lia Rumantscha, das Dachorgan der Romanen, zum Anlass, einen acht Punkte umfassenden dringlichen Massnahmenkatalog zu verfassen, welcher von der Bündner Regierung ans EDI weitergeleitet wurde. Angeregt wurde unter anderem eine Stärkung der Schulen in Gemeinden mit vielen fremdsprachigen, d.h. nichtromanischen Schülerinnen und Schülern, die Schaffung eines Institutes für rätoromanische Linguistik und die Realisierung einer rätoromanischen Tageszeitung. Der Bundesrat anerkannte die Dringlichkeit von Massnahmen, vermisste in diesem Forderungskatalog aber den Grundsatz der Subsidiarität, weshalb er entsprechende Verhandlungen mit der Bündner Regierung aufnahm [46].
Für die Bemühungen zur Lancierung einer in der Einheitssprache Rumantsch grischun redigierten Tageszeitung ("Quotidiana") siehe unten, Teil I, 8c (Presse).
 
[45] Bundesamt für Statistik, Volkszählung 1990: Ein Profil der Schweiz, Bern 1993; BüZ, 14.5., 29.5., 21.6. und 28.7.93. Da aufgrund der unterschiedlichen Datenerhebung gegenüber der Volkszählung von 1980 gewisse Unsicherheiten auftauchten, gab das Bundesamt für Statistik eine vertiefende linguistische Studie in Auftrag (NZZ, 18.5.93; Bund, 24.5.93).
[46] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2116 f.; BüZ, 9.10.93.