Année politique Suisse 1993 : Enseignement, culture et médias / Culture, langues, églises / Kirchen
In der Kontroverse um den
Churer Bischof Wolfgang Haas zeigte sich der Papst erstmals offensichtlich auf Ausgleich bedacht. Mit dem Jesuiten Peter Henrici und dem Marianisten Paul Vollmar stellte er Haas zwei Weihbischöfe zur Seite, von denen sich die Kirchenbasis eine offenere Haltung erhoffte. Die Bischofskonferenz der Schweizer Katholiken nahm diese Ernennung sehr positiv auf und verband sie mit der Zuversicht, dass damit in das arg gebeutelte Bistum Chur, zu dem auch die Innerschweiz sowie der Kanton Zürich gehören, wieder etwas Ruhe einkehren werde. Bischof Haas tat sich dann allerdings schwer mit der Definition des Pflichtenhefts der neuen Weihbischöfe. Schliesslich wurde bekanntgegeben, dass Henrici und Vollmar Generalvikare für das ganze Bistum sein und in dieser Funktion die bisher von Haas gegen den Willen der Ortskirche eingesetzten Generalvikare ablösen werden
[56].
Ein im Auftrag der Bündner Regierung erstelltes Gutachten vertrat die Auffassung, bei der Einsetzung von Wolfgang Haas zum Weihbischof mit Nachfolgerecht seien verbriefte Rechte des Kantons Graubünden verletzt worden. Der Gutachter hielt fest, dass Haas aus einem Dreiervorschlag des Domkapitels hätte gewählt werden müssen, und die Information der Bündner Regierung über die vorgesehene Einsetzung Pflicht gewesen wäre. Bischof Haas wird von Graubünden nach wie vor nicht anerkannt
[57].
Beim allseitig bedauerten gesundheitsbedingten Rücktritt von Otto Wüest, seit 1982 Diözenansbischof des Bistums Basel, meldete sich die Kirchenbasis umgehend zu Wort und pochte auf das Konkordat von 1828, welches dem Domkapitel weltweit einzigartige
Rechte bei der Wahl des neuen Bischofs einräumt. Gestützt auf das Konkordat stellt das Domkapitel, in welchem die Bistumskantone mit je zwei Stimmen vertreten sind, eine in der Regel aus sechs Diözesanspriestern bestehende Kandidatenliste zusammen, von welcher die Regierungen der Bistumskantone (Aargau, beide Basel, Bern, Jura, Luzern, Solothurn, Thurgau und Zug) drei streichen können. Gemäss einem zusätzlichen Erlass darf der neue Bischof den Regierungen der Diözesanskantone nämlich nicht unangenehm sein. Aus den Verbleibenden wählt das Domkapitel dann den neuen Bischof. Dem Papst, der die Wahl schliesslich zu bestätigen hat, kommt somit höchstens noch ein Vetorecht zu
[58].
[56] Presse vom 5.3., 13.3., 29.5., 1.6., 12.6. und 3.7.93; TA, 16.4. und 26.5.93; LZ, 28.12.93.
[57] Presse vom 26.5.93. Anfechtung des Gutachtens durch das Bischöfliche Offizialat Chur: BüZ, 15.6., 16.6,. 19.6. und 9.7.93.
[58] Presse vom 27.10. und 30.10.93; LZ, 27.11., 7.12. und 23.12.93.
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