Année politique Suisse 1993 : Enseignement, culture et médias / Médias / Radio und Fernsehen
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SRG
Die revidierte Konzession von Schweizer Fernsehen DRS, welche vom Bundesrat auf den 1. Januar 1993 in Kraft gesetzt wurde, nahm Rücksicht auf eine seit längerer Zeit geäusserte Forderung der Romands, wonach das Deutschschweizer Fernsehen über national bedeutende Themen aus Politik, Kultur und Sport auf Hochdeutsch berichten sollte, um dem nicht dialektkundigen Publikum das Verstehen zu ermöglichen [30]. Auf eine bessere Verständigung unter den verschiedenen Landessprachen und Kulturen zielte auch ein Postulat Loeb (fdp, BE) ab. Der Nationalrat überwies das Anliegen, welches den Bundesrat beauftragte, möglichst rasch dafür zu sorgen, dass die SRG in den deutschsprachigen Radio- und Fernsehprogrammen mehrsprachige Sendungen ausstrahlt. Die SRG reagierte auf den sprachpolitischen Vorstoss, indem sie mehrere Informations- und Diskussionssendungen des deutschweizerischen und welschen Programms simultan in die andere Landessprache der jeweiligen Sprachregion übersetzte; diese übersetzte Version konnte im Zweikanalton von denjenigen Zuschauern empfangen werden, welche ein Fernsehgerät mit entsprechender Stereoton-Einrichtung besitzen [31]. Gegen die sprachpolitischen Vorwürfe wehrten sich Fernsehchefredaktor Studer und Radiodirektor Blum allerdings mit dem Argument, dass der Gebrauch des Dialekts in der Deutschschweiz eindeutig einen Marktvorteil gegenüber den Programmen in hochdeutscher Sprache darstelle [32].
Im Zusammenhang mit der Unterschriftensammlung des rechtsbürgerlichen Initiativkomitees "Für eine freiheitliche Medienordnung ohne Medienmonopole" verlangte eine Interpellation Moser (ap, AG) vom Bundesrat Auskunft über eine angebliche Sabotage durch Radio DRS. Die Initianten hatten eine 155er Telefon-Nummer eingerichtet, über welche kostenlos Unterschriftenbögen bestellt werden konnten. Laut Moser wurde diese Nummer über eine Computerleitung von Radio DRS Basel während längerer Zeit missbräuchlich besetzt gehalten um die Aktion des Komitees zu sabotieren. Die Untersuchungen ergaben jedoch keine konkreten Hinweise auf die Täterschaft [33]. Die Unterschriftensammlung für diese im Vorjahr lancierte Volksinitiative wurde knapp zwei Monate vor Ablauf der Sammelfrist abgebrochen, da noch über 30 000 Unterschriften fehlten [34].
Die Radio- und Fernsehgesellschaft DRS plante erneut eine Strukturreform für das Fernsehen namens "Führungsstruktur 94", um im Konkurrenzkampf gegen private Sender flexibler und produktorientierter handeln zu können. Unter anderem wurde eine Reduktion von sechs auf drei Abteilungen vorgesehen, wobei die drei Abteilungen Dramatik, Familie und Bildung sowie Kultur und Gesellschaft aufgelöst und in die neuen Bereiche Information und Kultur sowie Unterhaltung und Fiktion integriert würden. Viele Medienschaffende und ihre Verbände sahen in der Reform einen weiteren Schritt in Richtung Kommerzialisierung des SF DRS, da mit dieser eine Abwertung von Kultursendungen einhergehe und die Kulturinteressierten in der Geschäftsleitung nicht mehr genügend vertreten wären. Verschiedene National- und Ständeräte wandten sich in einem Brief an den Departementsvorsteher, um gegen eine derartige Schmälerung des Kultur- und Bildungsauftrags zu protestieren. Der Regionalratsauschuss des Fernsehens DRS genehmigte jedoch die Reformvorschläge, welche anfangs 1994 in Kraft treten [35].
Die Programm- und Strukturreformen des Fernsehens DRS wurden nicht zuletzt aus Angst vor dem auf April 1994 angekündigten Programmfenster des deutschen Privatsenders RTL plus relativ rasch vorangetrieben. Neben der Verlegergruppe Curti Medien AG als Hauptaktionär der RTL Schweiz Fernseh AG beteiligten sich auch die Tages-Anzeiger Media AG, die Basler Zeitung und die Luzerner Zeitung am Projekt eines Programmfensters RTL Schweiz, für welches sie im August ein Konzessionsgesuch einreichten. Die Gesellschaft RTL Schweiz Fernseh AG plante ein einstündiges Programm mit Schweizer Information und Unterhaltung zur Hauptsendezeit. Die daran beteiligten schweizerischen Verleger reichten wenige Monate später Konzessionsgesuche für die Ausstrahlung von Sendungen in diesem Fenster ein. Die SRG sprach sich bis Ende Jahr vehement gegen die Erteilung einer Konzession für RTL plus aus, da ein ausländisches Programmfenster ihrer Meinung nach die Stellung der SRG unbotmässig beeinträchtigen und ausserdem ein Präjudiz für die Erteilung weiterer Konzessionen zugunsten von anderen privaten ausländischen Sendern wie beispielsweise Sat 1 darstellen würde. Ausserdem äusserte SRG-Generaldirektor Riva die Befürchtung, durch die private Konkurrenz den bisherigen Finanzausgleich zwischen den Sprachregionen zuungunsten der Minderheiten neu regeln zu müssen [36].
Im Berichtsjahr konnte das Schweizer Fernsehen DRS seinen Marktanteil sowohl im 24-Stunden-Vergleich als auch in der Prime Time gegenüber dem Vorjahr zum ersten Mal seit mehreren Jahren wieder leicht verbessern [37].
Die SRG schloss einen Zusammenarbeitsvertrag mit dem iranischen Staatsfernsehen ab, der den Austausch von Nachrichtenmaterial und Forschungsergebnissen sowie Koproduktionen vorsieht. Medien und Kulturschaffende kritisierten dieses Abkommen heftig, weil die Fernsehgesellschaft ein Propaganda-Instrument der diktatorischen Regierung Irans ist [38].
Die Rechnung 1992 der SRG konnte bei Aufwendungen von 938, 8 Mio Fr. einen über dem Budget liegenden Ertragsüberschuss von 34,4 Mio Fr. erwirtschaften. Damit konnte das Eigenkapital auf 115 Mio Fr. erhöht werden. Unter anderem erreichten die Erträge aus dem Sponsoring, welches seit April 1992 erlaubt ist, mit 6,8 Mio Fr. mehr als das Doppelte des budgetierten Betrages [39].
Als Direktor der vierten Senderkette des Schweizer Fernsehens "S plus" wählte der Zentralratsausschuss der SRG auf Antrag Generaldirektors Riva den ehemaligen Kulturabteilungsleiter der SRG und Direktor von Schweizer Radio International, Roy Oppenheim. Mit einmonatiger Verspätung konnte der Betrieb am 25. September aufgenommen werden. Das Verlagshaus Ringier äusserte erstmals Interesse daran, die vierte Senderkette zu privatisieren und einen gewichtigen Aktienpaketanteil von "S plus" zu erwerben [40]. In einer Interpellation verlangte Nationalrat Vollmer (sp, BE) vom Bundesrat unter anderem Auskunft bezüglich der Finanzierung von "S plus". In seiner Stellungnahme wies der Bundesrat auf den positiven Rechnungsabschluss der SRG im vergangenen Jahr hin, welcher eine Startphase für "S plus" ohne Verschuldung und ohne Abstriche für die sprachregionalen Programme erlaubte. Langfristig soll sich die vierte nationale Senderkette auch aus Werbe- und Sponsoreinnahmen finanzieren können. Für 1994 war ein Jahresbudget von 30 Mio Fr. vorgesehen, was rund einem Siebtel des DRS-Budgets entspricht [41]. Im übrigen erteilte der Bundesrat der "AG für die Neue Zürcher Zeitung" eine auf vier Jahre befristete Konzession für die Ausstrahlung eines Informationsmagazins "Format NZZ" auf der neuen Senderkette. Ebenso erhielt die Ringier ihre Konzession für die Ausstrahlung des Wirtschaftsmagazins "Cash-TV" auf DRS und "S plus" [42].
Die SRG beschloss im Berichtsjahr, als zwölftes Mitglied am öffentlichrechtlichen europäischen Fernsehnachrichtenkanal "Euronews" teilzunehmen. Ausschnitte von Euronews" sollen ab 1994 auf TSI sowie auf "S plus" übertragen werden [43]. Im übrigen erklärte das Bundesamt für Kommunikation, es bestehe fortan die Möglichkeit, schweizerischen Radio- und Fernsehveranstaltern von Programmen oder Sendungen auf internationaler Ebene Finanzhilfen zu gewähren. Voraussetzungen zur Gewährung dieser Finanzhilfen seien lediglich ein besonderes öffentliches Interesse an der internationalen Programmveranstaltung sowie der Umstand, dass die Leistung ohne Finanzhilfe nicht in befriedigender Weise erbracht werden kann [44].
Der PTT Verwaltungsrat fasste den Beschluss, den seit 1976 defizitären Telefonrundspruch auf Ende 1997 einzustellen; eine Aufrechterhaltung liesse sich betrieblich, technisch und finanziell nicht mehr rechtfertigen. Durch die verbesserten UKW-Empfangsmöglichkeiten schrumpfte die Abonnentenzahl von 440 000 im Jahre 1969 auf 215 000 im Jahre 1993. Die teilweise problematische gesamtschweizerische Verbreitung der ersten sprachregionalen Radio-Programme kann in den Fällen, in welchen nicht genug Frequenzen für die SRG-Programme bestehen, wenigstens durch die Verbreitung über die Kabelnetze sichergestellt werden [45].
 
[30] JdG, 12.2.93; Bund, 13.2.93. Vgl. dazu auch die Interpellation Etique (fdp, JU) in Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1424 f. Diese verlangte, dass im Radio und Fernsehen bei national interessierenden Sendungen die strikte Anwendung des Hochdeutschen gehandhabt wird.
[31] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 74 f.
[32] 24 Heures, 4.6.93; Bund, 7.6.93.
[33] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 633; BaZ, 17.8.93; SGT, 30.12.93.
[34] Presse vom 21.12.93. Siehe auch SPJ 1992, S. 291.
[35] NZZ, 18.8. und 24.8.93; Bund und NQ, 25.8.93; Presse vom 26.8. und 28.8.93; Ww, 21.10.93 (Kritik).
[36] Presse vom 6.9. und 22.12.93; SHZ, 23.9.93. Siehe auch Interview mit RTL.Geschäftsfihrer Thoma in BZ, 20.9.93 sowie Presse vom 19.11.93.
[37] DRS-Geschäftsbericht 1993, S. 24 f.
[38] TA, 9.11.93; Blick und NQ, 10.11.93.
[39] NZZ, 23.3.93.
[40] Presse vom 12.1. und 13.1.93 (Oppenheim), vom 10.7.93 (Programm), vom 27.9.93 (Betriebsaufnahme) sowie vom 10.11.93 (Ringier). Vgl. auch SPJ 1992, S. 292.
[41] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1444 f.
[42] BBl, 1993, III, S. 1237 ff. und 1241 ff.; TA, 18.8.93; Ww, 19.8.93; Presse vom 5.10.93.
[43] NZZ, 30.3.93; JdG, 23.8.93.
[44] BBl, 1993, III, S. 441.
[45] NZZ, 25.8.93. Zu sprachregionalen Programmen siehe Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1764.