Année politique Suisse 1994 : Eléments du système politique / Institutions et droits populaires / Volksrechte
Der Ständerat befasste sich als Zweitrat mit demjenigen Teil der Teilrevision des Gesetzes über die politischen Rechte, der das
Verfahren bei den Nationalratswahlen regelt. Dabei folgte er weitgehend dem Nationalrat. Insbesondere stimmte er der Regelung zu, dass
Unterlistenverbindungen dann zugelassen sein sollen, wenn sie sich bei gleicher Listenbezeichnung einzig durch einen Zusatz zur Kennzeichnung des Geschlechts, der Region, des Alters oder der Parteirichtung unterscheiden. Bei den Massnahmen zur Verhinderung von sogenannten
Juxlisten wollte der Ständerat die Wahlteilnahme nicht von finanziellen Erwägungen abhängig machen. Auf Antrag Büttiker (fdp, SO), der argumentierte, dass davon vor allem auch die Jungparteien getroffen würden, verzichtete er auf die Beteiligung von erfolglosen Listen an den Druckkosten. Als Kompensation erhöhte er dagegen die zur Einreichung einer Liste erforderliche Unterschriftenzahl für Kantone mit mehr als 20 Sitzen von 200 auf 400. Der Nationalrat übernahm diese Änderungen. In der Schlussabstimmung hiess die grosse Kammer die neuen Vorschriften gegen den Widerstand der SP und der kleinen Parteien mit 105 zu 60 gut; im Ständerat gab es keine Gegenstimmen. Der Bundesrat setzte die neuen Bestimmungen, welche unter anderem auch die Einführung der
uneingeschränkten brieflichen Stimmabgabe bei eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen enthalten, im Oktober in Kraft
[39].
Die Frage, ob und wie der Ausgang von Wahlen und Volksabstimmungen durch publizierte Ergebnisse von
Meinungsumfragen beeinflusst wird, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Immerhin bestehen in einigen Staaten gesetzliche Vorschriften über den Mindestabstand zwischen den letzten Veröffentlichungen und dem Wahl- resp. Abstimmungstag. In der Schweiz halten sich die Meinungsforschungsinstitute freiwillig an eine Frist von zehn Tagen. Diese Vorsichtsmassnahme droht nun durch die allgemeine Einführung der brieflichen Stimmabgabe, welche bereits drei bis vier Wochen vor dem Urnengang ausgeübt werden kann, bedeutungslos zu werden. Ständerat Büttiker (fdp, SO) lud deshalb den Bundesrat ein, die eventuellen Auswirkungen von während Kampagnen veröffentlichten Umfrageresultaten wissenschaftlich abklären zu lassen. Der Ständerat überwies sein Postulat gegen den Willen des Bundesrates, der für diese Thematik kein Geld ausgeben wollte
[40].
[39]
Amtl. Bull. StR, 1994, S. 181 ff. und 374;
Amtl. Bull. NR, 1994, S. 325 ff. und 663;
BBl, 1994, II, S. 220 ff.;
AS, 1994, S. 2423 ff. und 2429 f.;
NZZ, 20.10.94. Vgl.
SPJ 1993, S. 40 ff. Zwei vom NR 1993 überwiesene Motionen gegen die Listenvielfalt konnten vom StR als erfüllt abgeschrieben werden (
Amtl. Bull. StR, 1994, S. 189 f.).39
[40]
Amtl. Bull. StR, 1994, S. 1341 f.40
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