Année politique Suisse 1994 : Politique sociale / Population et travail
 
Arbeitswelt
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) mit Sitz in Genf konnte im Berichtsjahr gleich zwei Jubiläen feiern: 1919 wurden die Internationale Arbeitsorganisation (International Labour Organization) und das Internationale Arbeitsamt (International Labour Office) als direkte Folge des Versailler Friedensvertrags gegründet. Die ILO ist eines der wenigen Organe, die den Zerfall des Völkerbundes überlebt haben und später in den Schoss der UNO aufgenommen wurden. 1944 bestätigte die "Erklärung von Philadelphia" die Rolle der ILO und erweiterte gleichzeitig deren Auftrag umfassend auf sozial- und beschäftigungspolitische Fragen.
Wie aus einer Befragung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in acht europäischen Ländern hervorging, zeichnen sich die Schweizer zusammen mit den Holländern durch eine besonders hohe Arbeitszufriedenheit aus. 70% der schweizerischen Erwerbstätigen vertraten die Meinung, dass sie effizient arbeiten, ein gutes Management haben, eine qualitativ hochwertige Arbeit leisten und ihre Arbeitsplätze sicher sind. Sie äusserten sich auch vergleichsweise positiv bezüglich weiterer wichtiger Arbeitsfaktoren wie Betriebsorganisation, Information, Ausbildung und Bezahlung [6].
Nationalrat Bischof (sd, ZH) ersuchte den Bundesrat mit einer Motion, möglichst rasch alle notwendigen Vorkehrungen und Anordnungen zu treffen, damit sich die Schweiz ebenfalls mit dem im Ausland stark thematisierten "Mobbing" (Psychoterror am Arbeitsplatz) auseinandersetzt und dessen Ursachen durch gezielte Forschung mindert bzw. eliminiert. Der Bundesrat konnte glaubhaft machen, dass das BIGA bei der Überprüfung der individuellen Arbeitsbedingungen immer präsent ist und deshalb auch das Phänomen des "Mobbing" verfolgt, worauf auf seinen Antrag der Vorstoss nur als Postulat angenommen wurde [7].
Mit einem überwiesenen Postulat bat Nationalrat Keller (sd, BL) den Bundesrat zu prüfen, ob die Verordnung über die Berufsbildung dahingehend modifiziert werden kann, dass die Berufserfahrung berücksichtigt wird, wenn es darum geht, ein altes durch ein neues Berufsreglement zu ersetzen. Ausgangspunkt des Vorstosses war ein neues BIGA-Reglement zur Anerkennung des Arztgehilfinnenberufs, welches vorsieht, dass auch bestandene Berufsleute für die Erlangung des neuen Diploms eine Zusatzprüfung ablegen müssen [8].
 
[6] Die Volkswirtschaft, 68/1995, Nr. 4, S. 2 f.6
[7] Amtl. Bull. NR, 1994, S. 2468 f. Siehe auch A. Kiener, "Stress am Arbeitsplatz: Welche Beachtung verdient das "Mobbing"-Problem", in Die Volkswirtschaft, 68/1995, Nr. 4, S. 25 ff.7
[8] Amtl. Bull. NR, 1994, S. 1195 f.8