Année politique Suisse 1994 : Politique sociale / Santé, assistance sociale, sport / Gesundheitspolitik
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Medikamente
Nach dem Nichtbeitritt von zwei Kantonen zum interkantonalen Heilmittelkonkordat von 1988 wurde im Bereich der Heilmittelkontrolle ein allseitiger Handlungsbedarf im Sinn einer Bundeslösung ausgemacht. Auf Initiative der Interkantonalen Vereinigung für die Kontrolle der Heilmittel (IKV) und gestützt auf einen im Berichtsjahr erstellten Expertenbericht (s. unten) beauftragte der Bund das EDI, ihm einen Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Heilmittel zu unterbreiten und die Gründung einer eidgenössischen Heilmittelkontrollstelle als eine rechtlich selbständige Anstalt des Bundes in die Wege zu leiten. Die Bundesregelung soll spätestens im Jahr 2000 in Kraft treten können [13]. Im Parlament dürfte sich kein Widerstand gegen die neue Lösung regen. Nachdem der Ständerat noch im Vorjahr eine diesbezügliche Motion Weber (ldu, ZH) deutlich abgelehnt hatte, verabschiedete er nun auf einstimmigen Antrag seiner Kommission eine analoge Motion des Nationalrates diskussionslos [14].
In Zusammenarbeit mit der Preisüberwachung und der Eidg. Arzneimittelkommission erarbeiteten das EDI und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) eine neue Arzneimittelverordnung, die eine Korrektur der Preisstruktur sowie Preissenkungen im Bereich der kassenpflichtigen Medikamente bewirken soll mit dem Ziel, die Schweizer Preise für Medikamente vermehrt den ausländischen anzunähern. Von den angestrebten Preissenkungen, welche für die Krankenkassen mittelfristig Einsparungen in Millionenhöhe bringen, werden nur Produkte auf der sogenannten Spezialitätenliste betroffen, das heisst jene Medikamente, die von den Krankenkassen zurückerstattet werden und demzufolge der Preiskontrolle durch das BSV unterstehen. Nach dem neuen Modell sollen ältere Originalpräparate durch eine Verkürzung der Preisschutzfrist billiger werden, neuere durch die Einführung eines Innovationszuschlags etwas teurer [15].
Die Interkantonale Kontrollstelle für Heilmittel (IKS) beschloss, bei der Registrierung eines Medikamentes den Detailverkaufspreis nicht mehr als Kriterium zu berücksichtigen. Die Preiskontrolle soll inskünftig durch den Preisüberwacher oder das BSV erfolgen. Gleichzeitig hob die IKS auch das Verbot der Publikumswerbung für jene Medikamente auf, die nur in Apotheken erhältlich sind. Für rezeptpflichtige Arzneien gilt das Werbeverbot aber weiterhin, ebenfalls für jene, die Suchtstoffe enthalten oder deren Anwendung ärztlicher Anleitung bedarf [16].
Die Berner Ärzte verloren an der Urne ihren Kampf für die uneingeschränkte Selbstdispensation in ihren Praxen. Die Stimmberechtigten verwarfen die Volksinitiative "für einen patientenfreundlichen Medikamentenbezug" deutlich. Den Initianten wurde im Vorfeld der Abstimmung vorgeworfen, mit einem irreführenden Titel agiert zu haben. So wurde das Volksbegehren von einem überparteilichen gegnerischen Komitee in "Nebenerwerbsinitiative" umgetauft. Der Kantonalverband bernischer Krankenkassen rechnete vor, dass in der Region Bern pro Arztpraxis und Jahr durch den Medikamentenverkauf im Durchschnitt 120 000 Fr. eingenommen werden, obgleich das geltende Gesetz die Abgabe von Medikamenten über die Erstversorgung hinaus nur dann erlaubt, wenn der Arzt in einer Ortschaft praktiziert, in der nicht mehr als eine öffentliche Apotheke besteht [17].
 
[13] Presse vom 3.2. und 10.11.94. Vgl. SPJ 1993, S. 203.13
[14] Amtl. Bull. StR, 1994, S. 620 ff.; Ww, 19.5.94. Siehe SPJ 1993, S. 203.14
[15] Soziale Sicherheit, 1994, Nr. 2, S. 91 ff.; Presse vom 1.3. und 16.7.94. Siehe auch W. Hill, Arzneimittelpreise in der Schweiz, Zürich 1994 sowie SPJ 1993, S. 203 f.15
[16] Presse vom 20.5.94; NZZ, 26.5.94. Siehe dazu auch die Ausführungen des BR in Amtl. Bull. NR, 1994, S. 159.16
[17] BZ, 23.4. und 26.4.94; Presse vom 13.6.94. Für die Regelung der Selbstdispensation im totalrevidierten Krankenversicherungsgesetz siehe unten, Teil I, 7c (Krankenversicherung).17