Année politique Suisse 1995 : Eléments du système politique / Institutions et droits populaires / Parlament
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In Ausführung einer im Vorjahr als Postulat überwiesenen Motion Dettling (fdp, SZ) machte das Büro des Nationalrats den Vorschlag, dass das Parlament Berichte des Bundesrates (z.B. zur Aussenpolitik) nicht nur zurückweisen oder zur Kenntnis nehmen kann, sondern sie auch explizit qualifizieren darf. Die von der Kommission vorgelegte parlamentarische Initiative für eine Revision des Geschäftsverkehrsgesetzes sieht vor, dass die Räte die Auswahl haben zwischen blosser Kenntnisnahme sowie Kenntnisnahme "im zustimmenden" oder "im ablehnenden" Sinne. Da diese Beurteilungen keine Rechtsfolge haben, würde sich eine allfällige Differenzbereinigung zwischen den beiden Kammern erübrigen. Der Bundesrat begrüsste in seiner Stellungnahme diese Möglichkeit einer differenzierten Meinungsäusserung des Parlaments. Dieses akzeptierte die Neuerung [41].
Nationalrat Herczog (sp, ZH) verlangte mit einer Motion, dass zukünftig anstelle der Fragestunde auch eine Debatte zu einem wichtigen Problem im In- oder Ausland stattfinden kann, falls dies das Ratsbüro beschliesst oder es mindestens 40 Ratsmitglieder wünschen. Sein Vorstoss wurde als Postulat überwiesen. Das mit der Abklärung beauftragte Ratsbüro kam zum Schluss, dass sich eine Reglementsänderung nicht aufdränge, da bereits heute mit einer dringlichen Interpellation (über deren Dringlichkeit das Ratsbüro entscheidet) eine Debatte zu einem politischen Problem kurzfristig auf die Traktandenliste gesetzt werden kann. Das Plenum schloss sich dieser Meinung an [42]. Ein weiterer Vorstoss Herczogs zur Vitalisierung der Ratsdebatten forderte die Einführung der Möglichkeit, während den Referaten Zwischenfragen zu stellen. Diese Motion wurde ebenfalls in ein Postulat umgewandelt [43].
Die Dauer der Plenumsberatungen ist im Ständerat zwar nur etwa halb so lang wie im Nationalrat, sie hat seit 1979 aber relativ stärker zugenommen; namentlich die Zahl der persönlichen Vorstösse hat sich deutlich erhöht. Die Staatspolitische Kommission der kleinen Kammer schlug deshalb mit einer parlamentarischen Initiative vor, in Zukunft die Begründung und Beantwortung von persönlichen Vorstössen analog zum Nationalrat im schriftlichen Verfahren durchzuführen. Die Durchführung einer Diskussion über einen Vorstoss soll freilich jederzeit möglich bleiben und nicht wie im Nationalrat der Zustimmung des Plenums bedürfen. Der Ständerat hiess die Reform oppositionslos gut [44].
 
[41] BBl, 1995, II, S. 651 ff. und 655 (BR); Amtl. Bull. NR, 1995, S. 301 f. und 1689 f.; Amtl. Bull. StR, 1995, S. 618 f. und 796; BBl, 1995, III, S. 513 f. Postulat: Amtl. Bull. NR, 1994, S. 1187 f.41
[42] Amtl. Bull. NR, 1995, S. 946 f.; BBl, 1995, IV, S. 1651 f. (Ratsbüro); Amtl. Bull. NR, 1995, S. 1997 ff.42
[43] Amtl. Bull. NR, 1995, S. 946. Für weitere vom Büro des NR abgeklärte interne Fragen siehe Amtl. Bull. NR, 1995, S. 2014 ff. und 2196.43
[44] BBl, 1995, III, S. 1461 ff. sowie 1467 (Zustimmung des BR); Amtl. Bull. StR, 1995, S. 890 f. und 1062; AS, 1995, S. 4360 f.44