Année politique Suisse 1995 : Economie / Politique économique générale
 
Konjunkturlage
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Weltwirtschaft
Im Berichtsjahr schwächte sich das globale wirtschaftliche Wachstum wieder leicht ab. Während in den kontinentalen EU-Ländern insgesamt die Zuwachsraten des Vorjahres knapp erreicht wurden (BIP +2,7%), verzeichneten die USA und Grossbritannien nahezu eine Halbierung ihres Wachstumstempos (rund 2% gegenüber 3,5% im Vorjahr in den USA, 2,5% anstelle von 4% in GB). In Japan hielt die Stagnation im dritten aufeinanderfolgenden Jahr an. Von grosser Bedeutung für die unterschiedliche Entwicklung waren die Auswirkungen der Geld- und Währungspolitik. In den USA und in Grossbritannien wirkte sich die bis Anfang 1995 verschärfte Geldmengenpolitik aus, welche zur Dämpfung einer Konjunkturüberhitzung eingeleitet worden war. In Deutschland und Japan führte - wie auch in der Schweiz - die markante Höherbewertung der Landeswährungen zu einer starken Zunahme der Importe und entsprechenden Bremswirkungen bei der Entwicklung des Bruttoinlandprodukts. Umgekehrt profitierte Italien vom Zerfall seiner Währung durch eine massive Steigerung der Exporte. Die mittel- und osteuropäischen Staaten erzielten mehrheitlich Wachstumsraten von mindestens 4%. In den Nachfolgestaaten der UdSSR (mit Ausnahme des Baltikums) konnte hingegen der Produktionsrückgang immer noch nicht aufgehalten werden. Die Wirtschaftsentwicklung in den südostasiatischen Staaten verlief weiterhin dynamisch. In Lateinamerika wurde die an sich positive Entwicklung durch die Finanzkrise Mexikos überschattet, welche dieses Land in eine Rezession führte. In Afrika beschleunigte sich das Wachstum auf gut 3,5%, wobei einige Länder von den steigenden Rohstoffpreisen profitierten. Damit übertraf in den Ländern südlich der Sahara zum erstenmal seit 1979 das Wirtschafts- das Bevölkerungswachstum.
Die Teuerung blieb im OECD-Raum mit einer mittleren Zuwachsrate von 2,4% auf dem relativ tiefen Niveau des Vorjahres. Die Beschäftigung nahm nur wenig zu. Immerhin verbesserte sich die Lage in der EU zum erstenmal seit 1992 wieder leicht, wobei allerdings die durchschnittliche Arbeitslosenquote mit rund 11% sehr hoch blieb [6].
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Schweiz
Das schweizerische Wirtschaftswachstum blieb auch 1995 bescheiden: das reale Bruttoinlandprodukt erhöhte sich nach ersten Schätzungen lediglich um 0,7%. Als wesentlichste Faktoren für die im Vergleich zu den anderen Industriestaaten unterdurchschnittliche Entwicklung wurden die anhaltenden Probleme auf dem Immobiliensektor, die Sparpolitik der öffentlichen Haushalte und der Anstieg des Frankenkurses genannt. Letzterer brachte das Exportwachstum zwar nicht zum Erliegen (+4,2%), führte aber zu einer massiven Steigerungsrate bei den Importen (+6,5%) und entsprechenden negativen Auswirkungen auf das BIP. Der private Konsum nahm nur noch um 0,2% zu, der Konsum der öffentlichen Hand war sogar leicht rückläufig (-0,1%). Das Wachstum der Anlageinvestitionen fiel mit einer Rate von insgesamt 5,3% etwas niedriger aus als im Vorjahr. Markant war die Expansion mit 17,2% bei den Ausrüstungsinvestitionen; begünstigt vom hohen Frankenkurs profitierten davon aber vor allem ausländische Lieferanten (+18%). Die im Vorjahr eingetretene Erholung auf dem Baumarkt hielt hingegen nicht an: die realen Bauinvestitionen gingen wieder um 1,5% zurück. Der Handelsbilanzüberschuss reduzierte sich von 3,2 Mia Fr. auf 1,3 Mia Fr. Namentlich wegen des massiven Einbruchs bei der Zahl der Übernachtungen ausländischer Gäste bildete sich auch der positive Saldo beim Dienstleistungsverkehr leicht zurück (um 0,4 Mia auf 15,6 Mia Fr.). Da die Zunahme bei den Einkommen aus im Ausland angelegten Vermögen diese Verluste nicht ganz auszugleichen vermochte, reduzierte sich der Ertragsbilanzüberschuss auf 23,5 Mia Fr. [7].
Die Lage auf dem Arbeitsmarkt blieb angespannt. Die Zahl der beschäftigten Personen ging um 0,7% zurück (nur Personen mit mindestens 50% Beschäftigungsgrad). Wie bereits im Vorjahr betraf der Stellenabbau ausschliesslich Vollzeitstellen; die Zahl der teilzeitbeschäftigten Personen nahm kräftig zu. Gemäss der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE), welche auch Anstellungen von weniger als 50% erfasst, erhöhte sich die Gesamtzahl der Beschäftigten geringfügig. Der Beschäftigungsabbau im Industriesektor fiel mit -1,2% deutlich geringer aus als in den vorangegangenen Jahren. Der Dienstleistungsbereich verzeichnete einen Abbau um 0,5%, überdurchschnittlich war er im Handel und im Gastgewerbe, aber auch die Banken und die Versicherungen bauten Stellen ab. Im Baugewerbe verstärkte sich der Beschäftigungsrückgang wieder (-2%). Die Zahl der registrierten Arbeitslosen nahm bis im Juni stetig ab und verharrte dann auf diesem Niveau, um gegen Jahresende wieder anzusteigen. Im Dezember meldete das BIGA 157 115 Arbeitslose. Die Arbeitslosenquote reduzierte sich im Jahresmittel gegenüber dem Vorjahr von 4,7% auf 4,2%. Weiterhin waren die französischsprachige Schweiz und das Tessin wesentlich stärker betroffen als die Deutschschweiz. Ein Grund dafür dürfte auch im höheren Anteil an ausländischen Arbeitskräften in diesen Landesteilen liegen. Gesamtschweizerisch machte deren Anteil an den Arbeitslosen 42% - bei einem Anteil von 28% an den Erwerbstätigen - aus. Die für internationale Vergleiche konzipierte SAKE des Bundesamtes für Statistik wies im 2. Quartal 1995 eine Arbeitslosenquote von 3,3% aus (1994: 3,8%); die regionalen Quoten betrugen 5,5% für die Westschweiz und das Tessin, 2,5% für die Deutschschweiz [8].
Der Index der industriellen Produktion stieg um 3% und blieb damit wieder deutlich unter der Expansionsrate des Vorjahres. Das Wachstum war mit 10% wiederum in der Chemie am ausgeprägtesten, aber auch in der Maschinenherstellung nahm die Produktion um 4% zu. In der Textil- und - zum zweiten Mal in Folge - in der Uhrenindustrie bildete sich die Produktion zurück (-5% resp. -4%) [9].
Die am Landesindex der Konsumentenpreise gemessene Teuerung verdoppelte sich im Jahresmittel von 0,9% auf 1,8%. Der Hauptgrund dafür war die Einführung der Mehrwertsteuer auf den 1. Januar, welche nicht nur eine Erhöhung des Steuersatzes gegenüber der bisherigen Umsatzsteuer (WUST) von 6,2% auf 6,5% brachte, sondern neu auch Dienstleistungen belastet und zudem von der WUST ausgenommene Güter (v.a. Nahrungsmittel, Medikamente) zu einem reduzierten Satz von 2% einbezieht. Gemäss Schätzungen des BA für Statistik betrug der durch den Systemwechsel bedingte Preisanstieg 1,1%. Der Kursanstieg des Frankens wirkte sich preisdämpfend aus: während die Preise inländischer Güter und Dienstleistungen um 2,5% anstiegen, sanken diejenigen für importierte Produkte um 0,3%. Der Preisindex der Produzenten- und Importpreise, welcher den früheren Grosshandelspreisindex ersetzt, blieb weiterhin stabil. Die steigenden Rohstoffpreise konnten durch den besseren Frankenkurs nahezu neutralisiert werden [10].
 
[6] SNB, Geschäftsbericht 1995, 88/1995, S. 5 f. und 12 ff. Für Afrika siehe auch NZZ, 11.5.96.6
[7] SNB, Geschäftsbericht 1995, 88/1995, S. 7 und 26 ff. Zum Aussenhandel siehe oben, Teil I, 2 (Commerce extérieur suisse).7
[8] Die Volkswirtschaft, 69/1996, Nr. 5, S. 7* ff.; SNB, Geschäftsbericht 1995, 88/1995, S. 33 ff. Siehe dazu auch unten, Teil I, 7a (Arbeitsmarkt).8
[9] Die Volkswirtschaft, 69/1996, Nr. 5, S. 16*.9
[10] Die Volkswirtschaft, 69/1996, Nr. 5, S. 14* f.; SNB, Geschäftsbericht 1995, 88/1995, S. 36 f.10