Année politique Suisse 1995 : Economie / Crédit et monnaie
Börse
Die Differenzbereinigung beim neuen
Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel konnte im Berichtsjahr abgeschlossen werden. Umstritten war weiterhin die Pflicht eines Aktionärs, der einen bestimmten Minimalanteil an Aktien erworben hat, den übrigen Teilhabern ein
öffentliches Kaufangebot zu machen. Nachdem bekannt wurde, dass eine entsprechende Richtlinie der EU infolge politischer Widerstände blockiert ist, kamen dem Nationalrat wieder Zweifel am Sinn dieser Vorschrift. Er beschloss, die Frage nochmals an seine Kommission zurückzuweisen. Diese legte dann eine Variante vor, welche die Angebotspflicht zwar beibehält, der Aufsichtsbehörde aber erlaubt, bei einer Reihe von Gründen von dieser Pflicht abzusehen. Ein solcher Ausnahmegrund kann zum Beispiel dann vorliegen, wenn die Anteilsquote durch eine Übertragung innerhalb einer Aktionärsgruppe überschritten worden ist, ein anderer, wenn ein Aktienpaket in der Absicht erworben worden ist, die Gesellschaft zu sanieren. Diese Ausnahmeregel entspricht derjenigen, welche in London, einem der Hauptkonkurrenten des schweizerischen Finanzplatzes, gültig ist. Der Nationalrat und anschliessend auch der Ständerat akzeptierten diesen Vorschlag. In der Schlussabstimmung wurde das neue Börsengesetz im Nationalrat bei drei Gegenstimmen (Blocher und Frey, beide svp, ZH sowie Stalder, sd, BE) und im Ständerat einstimmig gutgeheissen
[25].
Die neuen
Finanzderivatgeschäfte schaffen nicht nur neue Möglichkeiten der Geldanlage, sondern erhöhen auch das Risiko von Fehlspekulationen. Der Nationalrat überwies eine Motion seiner WAK, welche den Bundesrat auffordert, im OR und im Banken- und Börsenrecht die Vorschriften über die Rechnungslegung mit dem Ziel einer besseren Transparenz anzupassen. Der Ständerat wandelte den Vorstoss aus formalen Gründen und im Einvernehmen mit dem Bundesrat in ein Postulat um
[26].
Nach einigen Verzögerungen infolge Software-Problemen konnte die
Elektronische Börse Schweiz ihren Betrieb am 8. Dezember aufnehmen
[27].
[25]
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 306 ff., 580 ff. und 1010;
Amtl. Bull. StR, 1995, S. 351 ff. und 439;
BBl, 1995, II, S. 419 ff.;
SHZ, 23.2. und 28.9.95;
Bund, 15.5.95;
NZZ, 8.8., 10.10., 10.11. und 28.12.95. Vgl.
SPJ 1994, S. 107.25
[26]
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 309 ff.;
Amtl. Bull. StR, 1995, S. 1036 f. Der Vorstoss war eine Reaktion auf die Vorgänge bei der Pensionskasse der Firma Landis und Gyr, wo Derivatgeschäfte zu Nettoverlusten von 170 Mio Fr. geführt hatten. Siehe auch die ausführliche Stellungnahme des BR zu Derivatgeschäften in
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 1647 ff. (Interpellation Zbinden, sp, AG) sowie
TA, 15.6.95.26
[27]
NZZ, 5.10., 5.12. (Sonderbeilage); Presse vom 8.12. und 9.12.95. Die Inbetriebnahme beschränkte sich auf das Segment Auslandaktien; der übrige Handel soll 1996 computerisiert werden.27
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