Année politique Suisse 1995 : Infrastructure, aménagement, environnement / Sol et logement
Wohnungsbau
Der Schweizer Wohnungsmarkt hat sich weiter deutlich entspannt und wies mit Stichtag 1. Juni 1995 einen
Leerwohnungsbestand von 1,39% (1994: 1,2%) auf. Damit kam es zu einem wachsenden Angebotsüberhang. 46 300 Miet- und Eigentumswohnungen sowie Einfamilienhäuser standen leer, 6900 Einheiten oder 17,5% mehr als ein Jahr zuvor. Dabei dehnte sich der Leerwohnungsbestand insbesondere bei den kleinen und mittleren Wohnungen aus (+22%), während er bei den Drei- und Vierzimmerwohnungen um 18% und bei den grossen Wohnungen mit fünf oder sechs und mehr Zimmern um 7% zunahm. Erstmals hatte das Bundesamt für Statistik die leerstehenden Objekte in die Kategorien "zu vermieten" und "zu verkaufen" eingeteilt. Demnach wurden rund drei Viertel (35 300) der leerstehenden Objekte auf dem Wohnungsmarkt zur Miete und ein Viertel (11 000) zum Kauf angeboten. Weiterhin standen in der Westschweiz und im Tessin mehr Wohnungen und Häuser leer als in der Deutschschweiz. Die höchsten Leerwohnungsziffern wiesen die Kantone Wallis (2,69%) und Waadt (2,44%) auf, während Baselland (0,42%) und Baselstadt (0,53%) wie im Jahr zuvor die wenigsten leerstehenden Wohnungen registrierten
[28].
Der Wohnungsbau hat 1995 nochmals zugenommen. Laut dem BFS wurden 49 300 Wohnungen erstellt, rund 9% mehr als im Vorjahr. Insgesamt zeichnet sich aber eine
Trendwende im Wohnungsbau ab. Deutlich rückläufig war die Zahl der Wohnungen im Bau. Die Baubewilligungen nahmen 1995 um rund einen Fünftel auf 48 500 ab. Ausserdem ging die Zahl der Baugesuche für Neu- und grössere Umbauten 1995 massiv zurück. Im Vergleich zum Vorjahr nahmen sie um 13,1% auf 23 049 ab, wobei mit einem Rückgang von 16,8% insbesondere die Deutschschweiz betroffen war. Im Tessin sank die Zahl der Baugesuche um 2,8%, während sie in der Westschweiz stabil blieb. Die Gesuche für neue Wohnbauten nahmen um 14,3%, die Büro- und Verwaltungsbauten um 12% und die Gewerbe- und Industriebauten gar um 22,8% ab
[29].
Nachdem der Bundesrat bereits im letzten Herbst die
Volksinitiative des Schweizerischen Hauseigentümerverbands "
Wohneigentum für alle" ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung empfohlen hatte, lieferte er in seiner Botschaft im Berichtsjahr die ausführliche Begründung nach. Gemäss Bundesrat begünstigt bereits das geltende Steuerrecht den Erwerb selbstgenutzten Wohneigentums; es bestehe aus volkswirtschaftlicher Sicht keine Notwendigkeit einer noch stärkeren steuerlichen Privilegierung des Wohneigentums. Er widersetzte sich auch der Forderung der Initiative, die Eigenmietwerte nach Ersterwerb des selbstgenutzten Wohneigentums während zehn Jahren zu ermässigen, da damit eine rechtsgleiche Besteuerung im Verhältnis zu den Mietern nicht mehr gewährleistet wäre. Unter dem Aspekt der Rechtsgleichheit als völlig unhaltbar bezeichnete er das Begehren, einmal festgesetzte Eigenmietwerte bis zu einer Handänderung gar nicht mehr anzupassen. Die bei Annahme der Initiative entstehenden Steuerausfälle bezifferte der Bundesrat für den Bund auf 400 bis 500 Mio Fr. und für die Kantone auf 1 bis 1,4 Mia Fr. Allein die "massvolle" Festlegung der Eigenmietwerte würde den Bund 250 Mio Fr. und die Kantone 700 Mio Fr. kosten
[30].
Eine vom Bundesrat eingesetzte Expertenkommission zur Prüfung des Einsatzes des Steuerrechts für wohnungs- und bodenpolitische Ziele kam zum Schluss, dass sich das Ziel einer breiteren
Streuung von Wohneigentum mit
steuerlichen Erleichterungen nur beschränkt erreichen lässt. Die Baulandhortung sei die Hauptursache für die anhaltende Baulandknappheit; erschlossenes Bauland sei nämlich ausreichend vorhanden. Einen entscheidenden Ansatz sahen die Experten in der konsequenten Besteuerung des Baulandes aufgrund des Verkehrswertes. Im Gegenzug solle die Liegenschaftssteuer abgeschafft werden, da diese vor allem ohnehin stark belastete Neuerwerber treffe und bereits heute nicht mehr in allen Kantonen erhoben werde
[31].
Der Nationalrat überwies eine Motion einer Minderheit seiner Rechtskommission als Postulat, das - ohne gesetzlichen Zwang gegenüber Vermietern -
Anreize zu erleichtertem Wohneigentumserwerb für Mieter fordert. Als mögliche Massnahmen wurden eine Rabattgewährung bei der Grundstückgewinnsteuer bei einem Verkauf an den Mieter oder der Verzicht auf die Eigenmietwertbesteuerung des neuerwerbenden Mieters während einer bestimmten Zeit vorgeschlagen
[32].
Eine Motion Baumberger (cvp, ZH) ersuchte den Bundesrat, Massnahmen zu prüfen, die im Sinne der besseren Eigentumsstreuung die
Verbreitung des Stockwerkeigentums fördern und schlug unter anderem steuerliche Erleichterungen vor. Die Motion wurde im Nationalrat von Mieterseite bekämpft und ihre Behandlung verschoben
[33].
Auf Beginn des Berichtsjahrs traten das Bundesgesetz über
Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge und die dazugehörigen Verordnungen in Kraft. Gemäss dem Bundesamt für Sozialversicherungen und den Pensionskassen war die Nachfrage aber "marginal". Weit weniger als 1% aller Versicherten machte 1995 vom neuen Instrument Gebrauch
[34].
[28] Presse vom 21.10.95;
Die Volkswirtschaft, 69/1996, Nr. 2, S. 51 ff.;
Lit. Bundesamt für Wohnungswesen.28
[29] Presse vom 5.1. und 2.3.96. Die Zahlen zum Wohnungsbau sind provisorisch.29
[30]
BBl, 1994, III, S. 803 ff.; Presse vom 26.5.95. Vgl. auch
SPJ 1994, S. 177.30
[31]
Lit. Locher;
SGT, 2.5.95;
Bund, 3.5.95;
NZZ, 23.8.95.31
[32]
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 1187;
SGT, 10.6.95.32
[33]
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 2698 f.33
[34]
NZZ und
BZ, 4.1.95;
SoZ, 10.3.96. Siehe auch
SPJ 1994, S. 177.34
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