Année politique Suisse 1996 : Partis, associations et groupes d'interêt / Associations et autres groupes d'interêt
Unternehmer
An der Delegiertenversammlung des
Vororts warnte Präsident Leuenberger davor, mit staatlichen Eingriffen oder einer Abschottung nach aussen den wirtschaftlichen Umstrukturierungsprozess aufhalten zu wollen. Der soziale Friede und die politische Stabilität seien zwar wichtige Standortfaktoren für die Wirtschaft; wenn aber die Schweiz im internationalen Standortwettbewerb bestehen wolle, dürften die
Leistungen des Sozialstaats vorläufig nicht weiter ausgebaut werden
[1]. Bereits anlässlich der Vernehmlassung zur Totalrevision der Bundesverfassung hatte der Vorort erklärt, dass er die neue Verfassung bekämpfen werde, falls, wie vom Bundesrat vorgesehen, darin Sozialziele formuliert würden
[2]. Der Vorort gab die Nein-Parole zum Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz aus; er verzichtete allerdings darauf, die Vorlage aktiv zu bekämpfen. Als Begründung für seine Ablehnung, die ihm von seiten der FDP einige Kritik eintrug, gab er an, dass er zwar die mit dieser Reform angestrebte grössere Effizienz der Regierung begrüsse, der Ernennung von zusätzlichen Staatssekretären jedoch nicht zustimmen könne, da deren Funktion noch nicht hinreichend definiert sei
[3].
Der Zentralverband schweizerischer Arbeitgeber-Organisationen, der sich neu
Schweizerischer Arbeitgeberverband nennt, sprach sich ebenfalls für ein
Moratorium bei den Sozialversicherungen und gegen die Aufnahme von Sozialzielen in die neue Bundesverfassung aus. Verbandspräsident Richterich fragte sich im weiteren, ob es angesichts der sozialpolitischen Forderungen der Gewerkschaften und der SP noch gemeinsam getragene Lösungen geben könne. Die von den Gewerkschaften gewünschte gemeinsame Aktion von Arbeitgebern, Gewerkschaften und Staat für die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen nach dem Vorbild des deutschen "Bündnisses für die Arbeit" bezeichnete er als nicht sinnvoll. An die Adresse der Landwirtschaftspolitiker richtete sich die Forderung Richterichs, durch den Verzicht auf staatlich abgesicherte Preise eine Senkung der Lebenshaltungskosten herbeizuführen. Der dadurch ermöglichte Nominallohnabbau - bei gleichbleibender Kaufkraft - würde das Investitionsklima verbessern und damit - im Gegensatz zu der von den Gewerkschaften verlangten "Umverteilung der Arbeit" - zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit beitragen
[4].
In der Volksabstimmung vom 1. Dezember über die
Revision des Arbeitsgesetzes sahen die Arbeitgeber eine Nagelprobe für die Bereitschaft der Schweizer Bürgerinnen und Bürger, sich an die neuen Gegebenheiten eines globalisierten Marktes anzupassen. Gross war denn auch die Enttäuschung, als die von Gewerkschaften, der politischen Linken und den Kirchen angeführte Opposition gegen eine Lockerung der Arbeitszeitbestimmungen eine deutliche Mehrheit hinter sich sammeln konnte
[5].
Der
Schweizerische Gewerbeverband (SGV) beschloss die Nein-Parole zur Aufhebung der kantonalen Zuständigkeit bei der Beschaffung der persönlichen Ausrüstung der Armeeangehörigen. Er führte dafür zwar föderalistische Argumente an, ausschlaggebend war aber wahrscheinlich eher der Schutz des Gewerbes in Randregionen vor der mit der Vorlage angestrebten grösseren Konkurrenz bei der Vergabe von staatlichen Aufträgen
[6]. Der SGV unterstützte das von der AUNS lancierte Referendum gegen die Regierungsreform mit den neuen Staatssekretären und kämpfte in vorderster Front gegen diese Vorlage. Die Einstellung von zusätzlichen Staatssekretären sei einerseits zu teuer und würde andererseits die Produktion von für das Gewerbe hinderlichen staatlichen Reglementierungen noch verstärken
[7]. Die vom SGV getragene Volksinitiative für die Abschaffung der direkten Bundessteuer wurde nach der sehr deutlichen Ablehnung in beiden Parlamentskammern (40:0 resp. 140:31 Stimmen) zurückgezogen
[8].
[1]
NZZ und
SGT, 7.9.96.1
[2]
NZZ, 8.3.96. Der BR hielt in seinem Ende Jahr publizierten Entwurf an den Sozialzielen fest (siehe dazu oben, Teil I, 1a, Totalrevision der Bundesverfassung).2
[3]
BZ, 29.4.96;
24 Heures, 24.5.96;
NZZ, 25.5.96.3
[4] Presse vom 26.6.96;
Lib., 29.6. und 1.7.96. Die Berichterstattung in einigen Medien, die Richterichs Aussagen als "Absage an die Sozialpartnerschaft" dargestellt hatten, wies dieser als falsch zurück: Sozialpartnerschaft könne seiner Ansicht nach in den einzelnen Branchen spielen, aber nicht in der nationalen Politik (
NZZ, 29.6.96). Vgl. auch die Interviews mit Richterich in
BaZ, 22.2.96 und
Ww, 4.7.96 sowie die empörten Reaktionen von Gewerkschaftsführern (
Lib., 7.7. und 8.7.96).4
[5]
BaZ, 26.6.96;
NZZ, 5.7.96;
TA, 2.12.96. Vgl. dazu oben, Teil I, 7a (Arbeitszeit).5
[7]
AT, 16.4.96;
BZ, 29.4.96. Siehe dazu oben, Teil I, 1c (Regierung).7
[8] Siehe oben, Teil I, 5 (Direkte Steuern).8
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