Année politique Suisse 1996 : Eléments du système politique / Institutions et droits populaires / Regierung
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Wahlverfahren
Bei der jeweils nach den Nationalratswahlen vorzunehmenden Bestätigungswahl für den Bundesrat kommt es immer wieder vor, dass die zuletzt antretenden amtsjüngsten Bundesräte ein schlechtes Resultat erzielen, weil sie Opfer von sogenannten Retourkutschen werden. Um dem abzuhelfen, überwies der Nationalrat mit 82 zu 67 Stimmen eine Motion Weyeneth (svp, BE), welche verlangt, dass die wiederkandidierenden Bundesräte zwar weiterhin einzeln gewählt werden, aber in einem gemeinsamen Wahlgang. Damit könnten die Parlamentarier eine Bewertung der einzelnen Regierungsmitglieder vornehmen, ohne Vergeltungsaktionen für später Antretende befürchten zu müssen. Im Ständerat setzte sich - gegen den Antrag der Staatspolitischen Kommission - dann allerdings mit 19 zu 15 Stimmen der Sozialdemokrat Aeby (FR) durch, der - unterstützt von Iten (fdp, ZG) und Cottier (cvp, FR) - eine Ablehnung der Motion forderte. Sein Hauptargument gegen den Vorstoss war die Sorge, dass mit diesem neuen System der Fortbestand einer stabilen proportionalen Zusammensetzung des Bundesrats gemäss der Parteienstärke nicht mehr gewährleistet wäre [6].
Der Ständerat pflichtete dem Beschluss des Nationalrats bei, die Diskussion der Aufhebung der Verfassungsklausel, wonach nicht zwei Bundesräte aus demselben Kanton stammen dürfen, vorläufig zu sistieren. Die entsprechenden parlamentarischen Initiativen von Schiesser (fdp, GL) resp. der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats sollen erst dann wieder aktiviert werden, wenn das Anliegen nach Abschluss der Totalrevision der Bundesverfassung oder einer umfassenden Regierungsreform noch nicht erledigt ist [7].
 
[6] Amtl. Bull. NR, 1996, S. 573 ff.; Amtl. Bull. StR, 1996, S. 846 ff.; Bund, 28.8.96. 1991 musste beispielsweise der Amtsjüngste, Villiger (fdp), mit dem schlechtesten Resultat (127 Stimmen von 238 anwesenden Abgeordneten) dafür büssen, dass die vor ihm angetretenen Christlichdemokraten nur mässige Ergebnisse erzielt hatten (SPJ 1991, S. 36).6
[7] Amtl. Bull. StR, 1996, S. 248 f. Vgl. SPJ 1995, S. 33.7