Année politique Suisse 1996 : Economie / Crédit et monnaie / Geld- und Währungspolitik
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Nationalbank
Die im letzten Jahr nicht abschliessend behandelte Motion der Finanzkommission des Nationalrats für eine Erhöhung der Obergrenze der Gewinnausschüttung der Nationalbank von gegenwärtig 600 Mio Fr. wurde mit dem Einverständnis des Bundesrats in Postulatsform überwiesen. Ein Antrag Aregger (fdp, LU), den Vorstoss auch in dieser Form abzulehnen, unterlag mit 70 zu 48 Stimmen [11]. Eigentlich hatte die Nationalbank vorgesehen, wegen den Buchverlusten auf den Devisenreserven für das Rechnungsjahr 1995 lediglich 142 Mio Fr. Gewinn an den Bund und die Kantone abzuliefern. Die Kritik an ihrer Anlagepolitik und die anschliessenden Diskussionen (siehe unten) führten dann jedoch zu einer Korrektur. Durch die Aktivierung von stillen Reserven (d.h. konkret durch die Bewertung von handelbaren Terminkontrakten und Wertpapieren zu Marktpreisen) konnte für das Jahr ein einmaliger ausserordentlicher Ertrag von 1,56 Mia Fr. ausgewiesen werden, was die nachträgliche Erhöhung der Gewinnbeteiligung 1995 um 458 auf 600 Mio Fr. erlaubte [12].
Die Frage einer gewinnbringenderen Bewirtschaftung der Devisenreserven der Nationalbank stand weiterhin auf der politischen Traktandenliste. Der Lausanner Ökonomieprofessor von Ungern-Sternberg warf der SNB vor, sie hätte mit einer attraktiveren Anlagepolitik in den letzten Jahren zusätzliche Milliardenbeträge erwirtschaften und damit auch die Ausschüttungen an die öffentliche Hand erhöhen können. Die FDP-Fraktion regte mit einer Interpellation eine Lockerung der Anlagevorschriften im Nationalbankgesetz an, welche heute die maximale Anlagedauer auf 12 Monate festlegen. Der Bundesrat gab bekannt, dass sich als Reaktion auf diese Kritik eine aus Angehörigen der eidgenössischen Finanzverwaltung und der Nationalbank gebildete Arbeitsgruppe mit dieser Frage, aber auch mit der Überprüfung der Golddeckung der Währung befasst. Diese Arbeitsgruppe veröffentlichte am 20. Dezember ihren Bericht. Sie kam darin zum Schluss, dass die Anlagepolitik geändert werden sollte. Insbesondere müssten stille Reserven in Zukunft in Rückstellungen umgewandelt, die Anlagevorschriften gelockert und der Golddeckungssatz von 40% auf 25% reduziert werden. Damit könnte die SNB ihren jährlich an den Bund und die Kantone zu verteilenden Gewinn um rund 400 Mio Fr. steigern [13]. Nationalrat Ledergerber (sp, ZH) reichte eine parlamentarische Initiative mit ähnlichen Zielen ein. Dabei präzisierte er auch, wie die von ihm auf rund 5 Mia Fr. pro Jahr veranschlagten Gewinne zu verwenden wären: zu je einem Drittel für die Arbeitslosenversicherung, für die Tilgung der Schulden des Bundes und für die Kantone [14].
Die Nationalbank hatte sich zuvor ebenfalls dafür ausgesprochen, die Verfassungsvorschrift der Goldbindung des Frankens zu streichen (die Pflicht, Franken gegen Gold einzutauschen, war bereits 1953 aufgehoben worden). Diese Reform würde es der SNB zum Beispiel erlauben, einen Teil ihrer Goldreserven zu verkaufen und den Ertrag gewinnbringend anzulegen [15]. Im Entwurf für eine neue Bundesverfassung wurde diesem Anliegen Rechnung getragen. Anstelle der Verpflichtung, dass der Notenumlauf durch Gold- und Devisenbestände gedeckt sein muss, soll die Vorschrift treten, dass die Notenbank zur Bildung ausreichender Devisenreserven verpflichtet ist [16].
Eine Gruppe von politisch wenig bekannten Genfern lancierte im April eine Volksinitiative "für die Finanzierung aufwendiger und langfristiger Infrastrukturvorhaben". Diese sieht vor, in Zukunft die stillen Reserven der Nationalbank, welche sich aus der Unterbewertung der Aktiven ergeben, dem Bund zur Verfügung zu stellen. Konkret visiert das Volksbegehren die Goldreserve der Nationalbank an, welche gemäss den Übergangsbestimmungen der Initiative zu 80% des Marktwertes bilanziert werden soll. Als Verwendungszweck der Aufwertungsgewinne nennt die Initiative die Finanzierung der geplanten neuen Alpenbahntransversalen (NEAT) [17].
Gemäss Art. 39 BV verfügt der Bund über das Monopol zur Ausgabe von Banknoten, wobei er den praktischen Vollzug an eine zentrale, unter seiner Mitwirkung verwaltete Aktienbank delegieren kann. Bisher hatte das Parlament die Schweizerische Nationalbank für eine Zeitdauer von jeweils 10 oder 20 Jahren mit dieser Aufgabe betraut. Der Bundesrat beantragte dem Parlament, den auf 20. Juni 1997 auslaufenden Beschluss von 1976 um weitere 20 Jahre zu verlängern. Beide Parlamentskammern verabschiedeten den Beschluss diskussionslos und einstimmig [18].
Im September legte der Bundesrat eine Botschaft für eine Teilrevision des Münzgesetzes vor. Die Revision betrifft die Regelungen für die Ausgabe von Gedenkmünzen, deren Ertrag der Bund zur Unterstützung nationaler kultureller Projekte verwendet. Um das vorhandene Marktpotential besser auszunützen, soll es dem Bund in Zukunft erlaubt sein, diese Gedenkmünzen zu einem höheren Preis als dem Nennwert zu verkaufen. Damit würde zum bisherigen Prägegewinn (Nennwert minus Herstellungs- und Vertriebskosten) auch noch ein marktabhängiger Zusatzertrag kommen. Der Ständerat stimmte diesem Vorschlag in der Dezembersession diskussionslos zu [19].
 
[11] Amtl. Bull. NR, 1996, S. 448 ff. Vgl. SPJ 1995, S. 117. Zur Kontroverse um die Goldgeschäfte der Nationalbank während des 2. Weltkriegs siehe unten, Banken.11
[12] SNB, Jahresbericht, 89/1996, S. 64 f. und 70; Presse vom 21.12.96.12
[13] Ungern: Bund, 2.2.96; Bund, NZZ und TA, 4.6.96; SHZ, 13.6.96. Interpellation und BR: Amtl. Bull. NR, 1996, S. 999 ff. Empfehlungen Arbeitsgruppe: Presse vom 21.12.96.13
[14] Verhandl. B.vers, 1996, IV, Teil I, S. 36 f.14
[15] Bund, 22.11.96.15
[16] BBl, 1997, I, S. 1 ff. (v.a. S. 303); SNB, Jahresbericht, 89/1996, S. 36 f. und 87. Vgl. auch Lit. Lusser (Auf dem Weg ...).16
[17] BBl, 1996, II, S. 271 ff. Vgl. auch unten, Teil I, 6b (Chemins de fer).17
[18] BBl, 1996, III, S. 23 ff.; Amtl. Bull. StR, 1996, S. 602; Amtl. Bull. NR, 1996, S. 2979 f.; BBl, 1997, I, S. 821. Vgl. SPJ 1976, S. 66.18
[19] BBl, 1996, V, S. 58 ff.; Amtl. Bull. StR, 1996, S. 951 f. Vgl. auch Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1868 ff. (Postulat Widrig, cvp, SG).19