Année politique Suisse 1996 : Economie / Crédit et monnaie / Banken
print
Kantonalbanken
In der Frühjahrssession lehnte der Nationalrat die bernische Standesinitiative für die Möglichkeit der Beschränkung der Staatsgarantie bei den Kantonalbanken mit denselben Argumenten ab, wie es im Vorjahr der Ständerat getan hatte. Eine Motion Rychen (svp, BE), welche die Bestimmung des Umfangs der Staatsgarantie den Kantonen selbst überlassen wollte, wandelte er in ein Postulat um. Als Hauptargument gegen die bernische Initiative und gegen die verbindliche Motionsform wurde angeführt, dass sonst die Bankkunden getäuscht würden, da bei ihnen der Name "Kantonalbank" unauflöslich mit der Sicherheit der Staatsgarantie verbunden sei. Die Eidg. Bankenkommission hatte sich in ihrem Jahresbericht für 1995 dafür ausgesprochen, den Kantonen die Führung von Kantonalbanken ohne oder mit reduzierter Staatshaftung zu erlauben. Als Postulat überwies der Nationalrat auch eine Motion seiner Wirtschaftskommission, welche die Schaffung rechtlicher Voraussetzungen für den Zusammenschluss von Kantonalbanken und der Bildung eines gemeinsamen Pools für die Deckung der Staatsgarantie forderte. Die Kommission würde darin einen Weg sehen, die Kantone davon abzuhalten, ihre Kantonalbanken aus Angst vor finanziellen Belastungen zu privatisieren. Bundesrat Villiger gab in dieser Debatte bekannt, dass die Regierung im Gegensatz zu der in ihrem Bericht vom Frühjahr 1995 geäusserten Meinung nun doch einen gewissen Handlungsbedarf erkennen könne und deshalb eine Expertenkommission einsetzen werde. Diese Kommission nahm im Juni ihre Arbeit auf.
Im Berichtsjahr wurden die Untersuchungsberichte zu den Geschäftspraktiken der Kantonalbanken Solothurns und Appenzell Ausserrhodens veröffentlicht. Als Ursachen für die vor allem in den achtziger Jahren erlittenen grossen Verluste wurden in beiden Fällen ein sehr risikofreudiges Verhalten der Geschäftsleitung einerseits und eine äusserst mangelhafte Kontrolle durch die Aufsichtsorgane andererseits bezeichnet [25]. Die Appenzeller beschlossen an ihrer Landsgemeinde auf Antrag der Regierung praktisch einstimmig den Verkauf ihrer Bank, welche seit 1985 rund 200 Mio Fr. Verluste eingefahren hatte, an eine Privatbank (SBG). Sie folgten damit dem Beispiel der Solothurner, welche diesen Schritt 1994 vollzogen hatten. Der Kanton St. Gallen beschloss in einer sehr knapp ausgegangenen Volksabstimmung (51,4% Ja), seine Kantonalbank teilweise zu privatisieren; der Staat soll allerdings 51% des Aktienkapitals behalten und weiterhin Garantie für die Einlagen leisten. Gegen den letztjährigen Beschluss des Kantonsrats hatten Vertreter der Linken und der FP aus allerdings unterschiedlichen Motiven (die Linke war gegen, die FP für eine vollständige Privatisierung) das Ratsreferendum ergriffen [26]. Im Kanton Bern leitete der Regierungsrat dem Parlament eine analoge Vorlage für die Umwandlung der Kantonalbank in eine Aktiengesellschaft zu [27].
 
[25] AR: Presse vom 2.2.96; SGT und TA, 29.4.96. SO: NZZ und SZ, 19.9.96. Siehe auch TA, 5.2.96.25
[26] AR: SGT, 9.2., 27.2. und 26.3.96. SG: SGT, 16.8., 30.8. und 23.9.96; SPJ 1995, S. 118. Zu SO siehe SPJ 1994, S. 106.26
[27] Bund, 21.9.96. Vgl. SPJ 1995, S. 118 f.27