Année politique Suisse 1996 : Politique sociale / Assurances sociales
Invalidenversicherung (IV)
Die Aufwendungen der staatlichen Invalidenversicherung haben in den letzten Jahren markant zugenommen, 1996 um 7,1% auf 7313 Mio Fr. Das
Defizit nahm von 343 Mio Fr. (1995) auf 427 Mio Fr. zu. Dieser Anstieg wurde unter anderem auf den Personalabbau in der Wirtschaft zurückgeführt: Menschen, die bis anhin trotz Krankheit oder Behinderung beschäftigt wurden, finden keine Anstellung mehr; andere sind den steigenden Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt nicht gewachsen und werden krank oder invalid. Wie der IDA-FiSo-Bericht zeigte, erhöhen sich die Ausgaben der IV bei tiefem Wachstum markant, gehen aber in Zeiten wirtschaftlicher Erholung nicht im selben Mass zurück
[23].
Die Eidg. AHV/IV-Kommission diskutierte die
Ziele der anstehenden 4. IV-Revision. Dabei wurde der Realisierung in zwei Etappen grundsätzlich zugestimmt. Mit der ersten Etappe wird die
finanzielle Konsolidierung angestrebt, und zwar einerseits durch eine Erhöhung des Beitragssatzes sowie andererseits durch verschiedene Sparmassnahmen. In der zweiten Etappe sollen verschiedene Vorschläge zur
massvollen Erweiterung des Leistungskatalogs geprüft werden. Zudem sind Massnahmen zur besseren Kostensteuerung vorgesehen. Der Bundesrat nahm von diesem Bericht Kenntnis und bat das EDI, diesen im Hinblick auf eine rasch einzuleitende Vernehmlassung zu ergänzen und dabei vor allem die finanziellen Interdependenzen zur EO-Revision und zur Mutterschaftsversicherung zu berücksichtigen. Die Vorlage ging Mitte Dezember in die Vernehmlassung
[24].
Im Rahmen ihrer Aufsichtsbefugnisse liessen die Geschäftsprüfungskommissionen von National- und Ständerat durch die Parlamentarische Verwaltungskontrollstelle untersuchen, ob die Beiträge der IV an Organisationen der privaten Invalidenhilfe noch gerechtfertigt seien, und ob der
Vollzug dieser Gesetzesbestimmung effizient und zweckmässig sei. Die
Evaluation führte zum Ergebnis, dass die Regelung nach Art. 74 IVG auch heute ihre Berechtigung hat, dass aber im Vollzug gewisse Mängel bestehen. Es wurden verschiedene Empfehlungen zuhanden des Bundesrates formuliert. Dieser nahm im Sommer zum Bericht Stellung. Er hielt fest, dass das BSV bereits an der Umsetzung der Empfehlungen arbeitet. Es werde eine grundsätzliche Neuausrichtung angestrebt. Das künftige Konzept soll auf den Grundsätzen von Bedarf,
leistungsorientierter Steuerung und Wirkungsanalysen basieren. Vom heutigen System der nachträglich geschuldeten Beiträge soll mittelfristig Abstand genommen werden
[25].
Mit einer Änderung der IV-Verordnung setzte der Bundesrat auf den 1. April eine Bestimmung in Kraft, nach welcher
Bau- und Betriebsbeiträge an Institutionen für erwachsene Behinderte inskünftig nur noch gewährt werden, wenn für diese Einrichtungen ein kantonaler oder interkantonaler Bedarf nachgewiesen wird. Auf den 1. Januar 1997 wird der
Bedarfsnachweis auch auf die Dienstleistungsangebote der privaten Invalidenhilfe ausgedehnt. Damit soll die Entwicklung des Angebotes vermehrt inhaltlich und finanziell gesteuert werden
[26]. Die Ausrichtung von IV-Beiträgen für behinderte Kinder wird künftig mit
Pauschalabgeltungen an die Kantone vereinfacht. Bisher wurden die Beiträge direkt an die Institutionen überwiesen
[27].
[23]
Bund, 7.8.96; Presse vom 3.9.96. Zur Entwicklung in der IV siehe auch
NQ, 16.1.96;
BaZ, 9.2.96;
Ww, 7.3.96;
JdG, 14.3.96;
BZ, 19.3.96.23
[24]
CHSS, 1996, Nr. 5, S. 226;
SHZ, 23.5.96;
BBl, 1996, V, S. 933; Presse vom 28.6., 2.7. und 3.12.96;
BaZ, 3.7.96;
NLZ, 5.7. und 13.7.96;
SGT, 19.7.96.24
[25]
BBl, 1996, III, S. 449 ff. (GPK) und 470 ff. (BR);
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 936 ff.;
Amtl. Bull. StR, 1996, S. 488 ff. Siehe auch
CHSS, 1996, Nr. 6, S. 305 ff. (Umsetzung der 3. IVG-Revision von 1991);
TA, 15.11.96.25
[26]
CHSS, 1996, Nr. 2, S. 83 f.26
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