Année politique Suisse 1996 : Politique sociale / Groupes sociaux / Familienpolitik
Als letzter Kanton hob das Wallis das noch bestehende
Verbot des Konkubinats auf, womit diese Form des Zusammenlebens in der ganzen Schweiz nicht mehr unter Strafe gestellt werden kann
[72].
Der Bundesrat soll prüfen, wie die rechtlichen Probleme
gleichgeschlechtlicher Paarbeziehungen beseitigt werden können. Bei der Behandlung einer diesbezüglichen, 1995 eingereichten Petition, beschloss der Nationalrat mit 68 gegen 61 Stimmen ein entsprechendes Postulat seiner Rechtskommission. Der Bundesrat war aber kurz zuvor auch schon von sich aus tätig geworden und hatte das Bundesamt für Justiz mit der Erstellung eines Berichts beauftragt, der die verschiedenen gesetzlichen Möglichkeiten aufzeigen soll, nach denen nicht konventionell verheiratete Paare zusammenleben. Die ebenfalls im Vorjahr eingereichte Petition aus EDU-Kreisen für die Förderung "gesunder" Familien und gegen die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare wurde in seiner Hauptstossrichtung klar mit 92 zu 30 Stimmen abgelehnt; einzig der unbestrittene Teil der Petition (Schutz von Familie und Ehe) wurde dem Bundesrat zur Kenntnisnahme überwiesen
[73].
Als erste evangelisch-reformierte
Kantonalkirche will jene von
St. Gallen die
homosexuelle Lebensparnerschaft vorbehaltlos anerkennen und kirchlich segnen. In einem Bericht, der von interessierten Kreisen als einzigartig für eine Amtskirche in der Schweiz und im gesamten deutschsprachigen Raum bezeichnet wurde, kamen die Kirchenvertreter zur Überzeugung, dass kein theologischer Grund dagegen spricht, Menschen, die ernsthaft zusammenleben wollen, in einer gottesdienstlichen Feier zu segnen. Homosexuelle Mitmenschen seien zu ermutigen, sich zu ihrer Homosexualität zu bekennen und eine möglichst ganzheitliche und stabile Partnerbeziehung anzustreben. Eine Kommission wurde beauftragt, entsprechende Änderungen der Kirchenordnung vorzubereiten
[74].
[72]
F-Frauenfragen, 1996, Nr. 2, S. 70. Zum Ausmass des Konkubinats siehe Lüscher, K. / Thierbach, R., "Facetten des unverheirateten Zusammenlebens", in
NZZ, 1.4.96.72
[73]
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 913 ff.;
Bund, 19.4.96. Siehe
SPJ 1995, S. 270.73
[74] Evangelisch-reformierte Kirche des Kantons St. Gallen,
Segnungsgottesdienste für homosexuelle Paare, St. Gallen 1996;
SGT, 22.6.96;
TA, 5.7.96. Auch die reformierte Kirchensynode des Kantons Luzern will allen Paare - sowohl homo- wie heterosexuellen -, welche in einem stabilen Konkubinat leben, eine kirchliche Segnung zuteil werden lassen (Presse vom 15.11.96). Siehe auch
SPJ 1995, S. 270, FN 59.74
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