Année politique Suisse 1996 : Politique sociale / Groupes sociaux
 
Jugendliche
Die Eidgenössische Kommission für Jugendfragen (EKJ) forderte in ihrer Vernehmlassung zur Totalrevision der Bundesverfassung einen eigentlichen Jugendartikel. Es wäre unannehmbar, wenn die neue Verfassung die Jugend nur in Zusammenhang mit Sport explizit erwähnen würde. Es gelte in erster Linie, eine Verfassungsgrundlage für das Bundesgesetz über die Förderung der ausserschulischen Jugendarbeit zu schaffen [87].
An der traditionellen Bieler Tagung der EKJ, an welcher alljährlich rund 200 Fachleute aus dem Bereich der Jugendpolitik teilnehmen, wurde der Stellenwert der Jugendsessionen kritisch hinterfragt. Von verschiedener Seite wurde bemängelt, diese würden Gefahr laufen, zur reinen Alibiübung zu verkommen. Ohne Kompetenzen und ohne eigenes Budget, über die sie entscheiden könnte, sei die Jugendsession nicht mehr als ein Jugendtreffpunkt im Bundeshaus, an dem Demokratie nicht gelebt, sondern imitiert werde [88].
In der Frühjahrs- und Sommersession behandelte der Ständerat verschiedene Petitionen der Jugendsession 1995. Bei der Mehrheit der Eingaben beschloss er, diese zwar zur Kenntnis zu nehmen, ihnen aber keine Folge zu geben. Einzig die Petition zur Förderung des Velofahrens wurde mit der Bitte an den Bundesrat überwiesen, die Massnahmen zum Ausbau des Veloverkehrs wo immer möglich zu verbessern und zu verstärken [89]. Etwas mehr auf die Anliegen der Jugendlichen ging der Nationalrat ein, welcher in der Herbstsession zwei der Petitionen (Ausländerstimmrecht und Unterstützung der kantonalen und kommunalen Jugendparlamente) in den Rang von Postulaten erhob und so an den Bundesrat überwies [90].
Für die 5. Jugendsession, die ganz im Zeichen der Drogenpolitik stand, siehe oben, Teil I, 7b (Drogenpolitik). Zur Tatsache, dass die Schweiz in Europa die zweithöchste Suizidrate bei Jugendlichen aufweist, siehe oben, Teil I, 7b (Gesundheitspolitik).
 
[87] Presse vom 17.2.96; SGT, 17.4.96. Bei der neuen Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kantonen schlug der BR vor, gemäss den Prinzipien des Föderalismus und der Subsidiarität die Bereiche Jugend und Sport ganz in die Kompetenz der Kantone zu geben (BüZ, 16.2.96; vgl. oben, Teil I, 5, Finanzausgleich).87
[88] Presse vom 23.3. und 25.3.96. Siehe SPJ 1995, S. 273.88
[89] Amtl. Bull. StR, 1996, S. 255 ff., 563 ff. und 569 ff. Vgl. SPJ 1995, S. 272.89
[90] Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1180 f. und 1840 ff.90