Année politique Suisse 1997 : Chronique générale / Finances publiques
Voranschlag 1998
Der Bundesrat gab für den Voranschlag 1998 ein Zieldefizit von 5,5 Mia Fr. vor. Im Juni sah er sich in einer ersten Runde jedoch mit Departementseingaben konfrontiert, die mit 7,2 Mia Fr. im Minus lagen; nach den Sommerferien reduzierte sich der Fehlbetrag auf 5,8 Mia Fr. Für die fehlenden 300 Mio Fr. griff der Bundesrat zum Rotstift und kürzte als Hauptposten 100 Mio Fr. bei der SBB und mit einem auf drei Jahre befristeten Bundesbeschluss weitere 50 Mio Fr. beim Bundespersonal. Das Budget erreichte damit das angestrebte Defizit von 5,5 Mia Fr. (1997: 5,8 Mia, unter Berücksichtigung der Kreditsperre). Dazu kamen allerdings drei
Sonderfaktoren: Eine
einmalige Zahlungsspitze von 1,85 Mia Fr. an die SBB [41], das Investitionsprogramm mit 140 Mio Fr. und ein rückzahlbares Darlehen an die Arbeitslosenversicherung (ALV) von zusätzlichen 500 Mio Fr. Eingerechnet dieser Sonderfaktoren ergab sich ein
Defizit von knapp 7,4 Mia Fr. und ein Ausgabenwachstum von 6,9%. Bereinigt um die drei Sonderfaktoren wies der zuhanden des Parlaments verabschiedete Voranschlag 1998 noch ein Ausgabenwachstum von knapp 600 Mio Fr. oder 1,3% aus. Dieses ist fast ausschliesslich auf die übrigen Sozialversicherungen (AHV, IV und Krankenversicherung), die Betreuungskosten für Asylbewerber und Flüchtlinge sowie den Strassenbau zurückzuführen. Bedingt durch die erwähnten Sonderfaktoren wird die Staatsquote gemäss EFD auf 12,4% des BIP ansteigen. Bei den
Einnahmen rechnet das EFD für 1998 mit einer Zunahme von 1,5 Mia Fr. oder 3,8%. Bei den Fiskaleinnahmen fallen die budgetierten Veränderungen bei der Mehrwertsteuer (+700 Mio), der Verrechnungssteuer (+550 Mio), den Stempelabgaben (+475 Mio) und der Mineralölsteuer (+350 Mio) gegenüber 1997 am stärksten ins Gewicht. Die Zunahme bei der Verrechnungssteuer hängt mit dem Veranlagungs- und Abrechnungsverfahren zusammen, das zu einnahmenstärkeren geraden Jahren führt. Bei der Mineralölsteuer entspricht der Zuwachs in etwa dem Einnahmenausfall des Vorjahres, der mit der Einführung des Mineralölsteuergesetzes zusammenhing. Dem Voranschlag wurden eine schrittweise Erholung der Konjunktur, aber auch eine geringfügig höhere Teuerung zugrundegelegt. Einnahmen- und Ausgabenentwicklung basieren auf der Annahme eines Wirtschaftswachstums von real 1,5%
[42].
Bereits bevor der Voranschlag in die Räte kam, musste der Bundesrat eine Korrektur vornehmen und bei der
Arbeitslosenversicherung zusätzliche 590 Mio Fr. budgetieren (2,2 Mia anstatt 1,6 Mia). Damit erhöhte sich der Fehlbetrag des Voranschlags auf
knapp 8 Mia Fr. [43].
Die
Finanzkommissionen beider Räte suchten nach zusätzlichen Ausgabenkürzungen, scheiterten jedoch, weil die meisten Ausgaben gesetzlich gebunden sind und "die Zitrone ausgepresst" sei. Während die Finanzkommission des Ständerates dem Plenum schliesslich nur gerade Kürzungen von 151 Mio Fr. empfahl, nahm jene des Nationalrates Kürzungen von 350 Mio Fr. vor. Abgezwackt wurde vor allem beim Nationalstrassenbau und beim Militär. Dafür begrenzten beide Kommissionen das Lohnopfer des Bundespersonals, indem sie dieses nach Lohnkategorien abstuften
[44].
Auch das Parlament vertröstete sich grösstenteils auf das Stabilisierungsprogramm 98 und das Haushaltsziel 2001 (siehe weiter unten). Als Erstrat lehnte der
Ständerat zwei Rückweisungsanträge Uhlmann (svp, TG) und Weber (ldu, ZH) ab, die ein Defizit von maximal 6 bzw. 7 Mia zulassen wollten. Dem befristeten Lohnopfer des Bundespersonals von höchstens 3% stimmte er zu, wobei er dieses gemäss dem Kommissionsantrag abstufte. Einen Antrag Seiler (svp, SH), der untere Lohnkategorien von der Lohnkürzung ausnehmen wollte, lehnte er ab, ebenso wie einen Antrag Frick (cvp, SZ), der die Parlamentarierentschädigungen kürzen wollte. Der Ständerat folgte durchwegs seiner Finanzkommission und sanktionierte schliesslich ein Defizit von 7,78 Mia Fr. Auch im
Nationalrat waren drei Rückweisungsanträge chancenlos. Die SVP verlangte Kürzungen von 2,4 Mia Fr., der LdU ein Defizit von höchstens 7 Mia Fr. und die Demokratische Fraktion ein solches von höchstens 4 Mia Fr. Wie im Ständerat war auch in der grossen Kammer das
Lohnopfer der Bundesbeamten Zankapfel. Während ein Antrag Hafner (sp, SH) tiefere Lohnklassen vor Abstrichen bewahren wollte, forderte Blocher (svp, ZH) eine generelle Besoldungsrevision und einen Abbau von 100 Stellen. In einer "unheiligen Allianz" brachten Linke und SVP lineare Lohnkürzungen zu Fall. Ansonsten folgte auch der Nationalrat seiner Finanzkommission und lehnte unter anderem einen Antrag Blocher, den Etat für die Flüchtlingshilfe um 47 Mio Fr. zu kürzen, ab. Die SP hatte keinen Erfolg mit Angriffen auf die Mittel des EMD, und die Lastwagenlobby scheiterte erneut mit dem Versuch, die Entwicklung eines Fahrleistungsmessgerätes zur Erhebung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe zu stoppen. Den Bauern versagte der Nationalrat den Wunsch, die von der Kommission um 10 Mio Fr. gekürzten Finanzen für Bodenverbesserungen und landwirtschaftliche Hochbauten wieder aufzustocken. In der Differenzbereinigung schloss sich der Ständerat bei den meisten Positionen dem sparfreudigeren Nationalrat an. Abstriche von 40 Mio Fr. bei der Rüstung lehnte er aber ab und ging auch auf einen Vermittlungsantrag für eine Reduktion von 16 Mio Fr. nicht ein. Auch bezüglich des Lohnopfers hielt der Ständerat an seiner Position fest. Der Nationalrat lehnte zwar lineare Lohnkürzungen erneut ab, verweigerte mit Hilfe der SVP aber auch eine Aufstockung des Budgets. Der Bundesrat stellte deshalb Einsparungen andernorts beim Personal in Aussicht
[45].
Am 18. Dezember verabschiedeten die eidgenössischen Räte den Voranschlag 1998. Dieser schliesst bei Ausgaben von 47,59 Mia Fr. und Einnahmen von 39,97 Mia Fr. mit einem
Aufwandüberschuss von 7,622 Mia Fr. ab. Gegenüber der bundesrätlichen Vorlage konnte das Parlament das Ergebnis damit um etwas mehr als 330 Mio Fr. verbessern. Das Ausgabenwachstum wurde schlussendlich auf 7,6% (bzw. 6,3% ohne Berücksichtigung der Kreditsperre) gegenüber dem Vorjahresbudget veranschlagt
[46].
Der Aufwandüberschuss in der Erfolgsrechnung wurde mit knapp 7,4 Mia Fr. ausgewiesen. Gemäss Voranschlag werden 1998 die
Schulden des Bundes die
Grenze von 100 Mia Fr. überschreiten, und die Verschuldungsquote wird auf 26,7% ansteigen. Damit wird der Bund 3,4 Mia Fr. für Zinsen ausgeben müssen
[47].
Bund, Kantone und Gemeinden budgetierten für 1998 einen Ausgabenüberschuss von 12,4 Mia Fr. (1997: 9,4 Mia). Bei einem budgetierten Defizit des Bundes von 7,6 Mia Fr. und der Kantone von 4,2 Mia Fr. (siehe weiter unten) veranschlagten die Gemeinden ein Defizit von 600 Mio Fr. Dieses fällt zu einem grossen Teil auf die Städte. Dramatisch ist vor allem die
Neuverschuldung der öffentlichen Hand: Im Vergleich zu 1996 wird sich diese bis 1998 von 1,7 auf 3,5% des BIP verdoppeln. Damit wird die Schweiz erstmals seit 1993 einem der zentralen Maastricht-Kriterien für den Beitritt zur Währungsunion nicht mehr genügen, nämlich jenem, dass das Defizit aller Gebietskörperschaften inkl. Sozialversicherungen 3% des BIP nicht übersteigen darf. Das zweite zentrale Kriterium, wonach die öffentliche Verschuldung 60% des BIP nicht übersteigen darf, erfüllt die Schweiz mit einer geschätzten Gesamtverschuldung von 202 Mia Fr. bis Ende 1998 noch. Die Verschuldungsquote wird dann aber bereits mehr als 50% betragen; 1990 machte sie erst 32% aus
[48].
[41] Die 1,85 Mia Fr. stellen keine Mehrausgabe dar. Da der Infrastrukturbeitrag an die SBB (Amortisation, Zinsen und Unterhalt) im Rahmen der Bahnreform von 1998 an nicht mehr nach-, sondern vorschüssig abgegolten wird, fällt er 1998 aber doppelt an.41
[42] Eidg. Finanzverwaltung,
Botschaft zum Voranschlag 1998 und Bericht zum Finanzplan 1999-2001, Bern 1997;
Lit. Pfammatter und
Lit. Witschard. Eine pa. Iv. Keller (sd, BL), die eine Budgetbremse in der Verfassung forderte, wonach das Ausgabenwachstum die allgemeine Teuerung von Voranschlag zu Voranschlag nicht übersteigen darf, wurde vom NR in der Frühlingssession abgelehnt (
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 164 ff.).42
[43] Presse vom 21.10.97. Zum Referendum, das gegen den im Rahmen des Voranschlags 1997 dringlichen Bundesbeschluss zur ALV - er hätte ab 1997 Einsparungen von 390 Mio Fr. bringen sollen, mit denen der Voranschlag 98 bereits rechnete - ergriffen wurde, siehe unten, Teil I, 7c (Arbeitslosenversicherung).43
[44] Presse vom 12.11. und 22.11.97.44
[45]
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2516 f., 2534 ff., 2569 ff., 2679 ff., 2712 ff. und 2757 f.;
Amtl. Bull. StR, 1997, S. 1040 ff., 1214 ff., 1264 ff. und 1295.; Presse vom 3.12. und 4.12. (StR) sowie 9.12. und 10.12.97 (NR);
NZZ, 22.12.97. Zum Lohnopfer der Bundesbeamten siehe auch oben, Teil I, 1c (Verwaltung).45
[46]
BBl, 1998, S. 108 f.46
[47]
BBl, 1998, S. 108 f.47
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