Année politique Suisse 1997 : Politique sociale / Population et travail / Arbeitsmarkt
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Arbeitslosigkeit
Im September veröffentlichte das BIGA erstmals nicht nur die Zahl der Arbeitslosen, sondern neu auch die Zahl der Stellensuchenden und deren geschätzte Aufteilung in verschiedene Kategorien: Arbeitslose Stellensuchende, Personen in Beschäftigungsprogrammen, Personen in Umschulungs- und Weiterbildungsprogrammen, Personen im Zwischenverdienst und übrige Stellensuchende (z.B. Rekruten, Kranke oder noch in einem Arbeitsverhältnis stehende Personen). Gemäss den internationalen Richtlinien und Standards des Bureau International du Travail (BIT) in Genf gilt als arbeitslos, wer ohne Arbeit und sofort vermittelbar ist. Zusätzlich gilt für die BIGA-Arbeitslosenstatistik, dass ein Arbeitsloser bei einem Arbeitsamt registriert sein muss. Diese Definition wird auch weiterhin beibehalten werden. Mit dem neuen, transparenzfördernden, differenzierten Konzept erreicht die Schweiz im internationalen Vergleich einen ausgesprochen hohen Detaillierungsgrad. Die kommentierte Veröffentlichung der ermittelten Werte erfolgt monatlich [10].
Nach den Erhebungen des Bundesamtes für Wirtschaft und Arbeit (BWA, bisher BIGA) waren Ende Dezember 180 549 Arbeitslose registriert, 11 622 weniger als Ende des Vorjahres. Die Arbeitslosenquote lag damit bei 5,0% (Ende Vorjahr 5,3%). Nachdem die Arbeitslosigkeit im Januar die psychologische Reizschwelle von 200 000 Personen überschritten und im Februar mit 206 291 einen neuen Höchststand erreicht hatte, setzte in der Folge ein kontinuierlicher Rückgang ein, der bis in den Oktober hinein anhielt. Ab November stiegen die Arbeitslosenzahlen saisonal bedingt wieder an. Als Ergebnis der ausserordentlich hohen Arbeitslosenzahlen zu Beginn des Jahres ergab sich eine im Jahresmittel höhere Arbeitslosigkeit als im Vorjahr. Im Durchschnitt waren 188 304 Personen als arbeitslos registriert, was verglichen mit dem Vorjahr einer Zunahme um 19 674 Personen bzw. 11,7% entspricht. Die Arbeitslosenquote betrug im Jahresmittel 5,2% gegenüber 4,7% im Vorjahr. Ein beträchtlicher Teil dieser Zunahme ist auf die seit Anfang 1997 geltende verlängerte Bezugsdauer der Arbeitslosengelder und der damit verbundenen Registrierung bei den Arbeitsämtern zurückzuführen. Der Vergleich der Arbeitslosenquoten in den Kantonen zeigte ein bekanntes Muster. Am tiefsten lag sie in den Kantonen Appenzell-Innerrhoden (1,9%), Obwalden (2,3%), Uri (2,4%) und Appenzell-Ausserrhoden (2,5%), am höchsten in den Kantonen Genf und Tessin (7,7%), Waadt (7,2%), Wallis (6,9%), Jura (6,6%), Neuenburg (6,3%) und Solothurn (6,0%) [11].
Die Zahl der Langzeitarbeitslosen (seit mehr als einem Jahr ohne Stelle) betrug im Jahresdurchschnitt 57 456 Personen (Vorjahr 44 046). Ihr Anteil am Total der Arbeitslosenzahlen erhöhte sich damit von 26,1% auf 34,1%. Von dieser Zunahme waren alle Landesteile und alle Kategorien von Arbeitslosen (Männer, Frauen, Junge, ältere Arbeitnehmer, Schweizer und Ausländer) betroffen. Besonders markant war die Zunahme allerdings bei jenen Kategorien (Deutschschweiz, Männer, 25-49jährige), die bisher eher unterdurchschnittliche Werte ausgewiesen hatten [12].
Die Kurzarbeit ging im Berichtsjahr nach einer leichten Hausse 1996 wieder deutlich zurück. Im Jahresdurchschnitt waren 761 Betriebe (Vorjahr 1157) mit 6611 Arbeitnehmern (13 060) davon betroffen. Gegenüber dem Vorjahr (736 992) fielen nur noch 414 006 Arbeitsstunden aus. Hier standen die Westschweiz und das Tessin gegenüber dem Vorjahr (163 788 versus 254 096 Stunden) im Vergleich mit der Deutschschweiz (250 217 versus 482 897 Stunden) einmal mehr in einem ungünstigen Verhältnis [13].
Mit dem Hinweis darauf, dass in jüngster Zeit bereits zahlreiche Projekte zu Gunsten der Arbeitslosen beschlossen oder in Angriff genommen worden sind, lehnte der Ständerat eine Motion des Nationalrates ab, welche die Schaffung von 2000 Arbeitsplätzen zur wirtschaftlichen und sozialen Integration Erwerbsloser verlangt hatte [14]. (Für die Bestrebungen der Regionalen Arbeitsvermittlungsstellen RAV zu einer rascheren Integrierung der Arbeitslosen und zu den Beschäftigungs- und Weiterbildungsprogrammen siehe unten, Teil I, 7c, Arbeitslosenversicherung).
Eine Motion Gysin (sp, BS), welche verlangte, die Starthilfe an Arbeitslose zur selbständigen Erwerbsarbeit sei auszudehnen, wurde in jenen Punkten gutgeheissen, die arbeitslosenversicherungsrechtlich relevant sind (Erhöhung der Zahl der besonderen Taggelder sowie Verlängerung der Frist für Bürgschaften) [15]. Ein Postulat Comby (fdp, VS), welches den Bundesrat ersuchte, zusammen mit den Sozialpartnern zu prüfen, wie mit neuen Modellen, über Steuererleichterungen oder eine Senkung der Soziallasten die Innovation gefördert und eine bessere Verteilung der Arbeit erreicht werden könnte, wurde von Hasler (svp, AG) bekämpft und so vorderhand der Beratung entzogen [16].
Auf den 1. Juli trat für die ausgesteuerten Arbeitslosen des Kantons Waadt ein neues System in Kraft. Die Sozialhilfe wird dabei durch ein Mindesteinkommen zur Wiedereingliederung (revenu minimum de réinsertion RMR) ersetzt, das mit kompensatorischen Leistungen verknüpft ist. In diesem Modell finden auch Selbständigerwerbende, die finanziell nicht mehr über die Runden kommen, einen Platz. Das RMR sieht jährliche Ausgaben von 110 Mio Fr. für Sozialhilfeempfänger und Ausgesteuerte vor. Bis heute kosteten diese beiden Gruppen den Kanton jährlich 119,9 Mio Fr. Von den Ausgesteuerten und den Sozialhilfeempfängern, die sich für dieses System entscheiden, fordert das RMR Gegenleistungen. Die Bezüger und Bezügerinnen verpflichten sich, die von den RAV zur Wiedereingliederung angeordneten Massnahmen (Kurse, Beschäftigungsprogramme etc.) zu absolvieren. Als Anreiz dafür liegt das Mindesteinkommen monatlich 150 Fr. höher als die Sozialhilfe [17].
Der Nationalrat lehnte mit 85 zu 52 Stimmen eine von der lokalen CVP initiierte Standesinitiative des Kantons Genf für eine Gesetzgebung zur Bekämpfung von Betriebsschliessungen und Massenentlassungen ab. Nur eine Minderheit aus SP, Grünen, EVP und LdU war bereit, den Vorstoss zu unterstützen [18].
Zu den Forderungen, die Jugendarbeitslosigkeit mit der vermehrten Schaffung von Lehrstellen zu bekämpfen, siehe unten Teil I, 8a (Berufsbildung).
 
[10] Die Volkswirtschaft, 70/1997, Nr. 12, S. 45.10
[11] Presse vom 11.2. und 8.3.97; Die Volkswirtschaft, 71/1998, Nr. 4, S. 23 f. Siehe SPJ 1996, S. 225 f.11
[12] Die Volkswirtschaft, 71/1998, Nr. 6, S. 26*. Vgl. SPJ 1996, S. 226.12
[13] Die Volkswirtschaft, 70/1997, Nr. 6, S. 26*. Zur volkswirtschaftlichen Bedeutung der Kurzarbeit siehe SPJ 1996, S. 226.13
[14] Amtl. Bull. StR, 1997, S. 65 f. Siehe SPJ 1996, S. 226.14
[15] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2834 f.15
[16] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2845 f.16
[17] NLZ, 25.3.97. Siehe SPJ 1996, S. 249.17
[18] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 1093 ff. Vgl. SPJ 1996, S. 106.18