Année politique Suisse 1997 : Politique sociale / Santé, assistance sociale, sport / Gesundheitspolitik
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Medizinalpersonen
Die Verbindung der Schweizer Ärzte (FMH) verabschiedete erstmals eine für die ganze Schweiz verbindliche Standesordnung, welche auf Mitte Jahr in Kraft trat. Bisher galten 25 kantonale Vereinbarungen, die sich allerdings sehr ähnlich waren. Die Standesordnung regelt die Beziehung der Ärzte zu ihren Patienten, aber auch das Verhältnis der Ärzte untereinander sowie ihr Verhalten in der Öffentlichkeit und gegenüber den verschiedenen Partnern im Gesundheitswesen. Ein zentraler Punkt des neuen Verhaltenkodexes ist die Achtung der Persönlichkeit des Patienten, seines Willens und seiner Rechte [23].
Mitte Mai genehmigte der Bundesrat ein gesamtschweizerisch geltendes Tarifvertragswerk zwischen dem Konkordat der Schweizerischen Krankenversicherer und der Schweizerischen Zahnärztegesellschaft. Die Verträge regeln die Tarife für die von der obligatorischen Grundversicherung vergüteten zahnärztlichen und zahntechnischen Leistungen. Das KVG hat die Übernahme bestimmter zahnärztlicher Behandlungen durch die Grundversicherung eingeführt. Zusätzlich zur subsidiären Kostenübernahme bei durch Unfall verursachten Schäden des Kausystems sind Behandlungen Pflichtleistung, die bedingt sind durch bestimmte schwere, nicht vermeidbare Erkrankungen des Kausystems, durch andere schwere Erkrankungen oder ihre Folgen sowie zahnärztliche Massnahmen, die als Vorbereitung für die Behandlung von bestimmten schweren Allgemeinerkrankungen nötig sind. Für diese zusätzlichen Leistungen wurden die in der IV, der Unfall- sowie der Militärversicherung seit 1994 angewandten Tarife übernommen [24].
Nationalrat Rychen (svp, BE) versuchte mit seiner bereits unter dem Titel Spitex erwähnten parlamentarischen Initiative auch zu erreichen, dass der Ausbau des Leistungskatalogs im Bereich der Grundversicherung bis ins Jahr 2000 einem Moratorium unterstellt wird. Davon wären vor allem neue Leistungserbringer betroffen, insbesondere die nichtärztlichen Psychotherapeutinnen und -therapeuten. Deren Zulassung zur sozialen Krankenversicherung war im Vorfeld der Abstimmung über das neue KVG zwar nicht unbestritten, aber dennoch in Aussicht gestellt worden. Die Aufnahme in den Katalog der Grundversicherung war dann in erster Linie an Querelen unter den Berufsverbänden der Psychologen gescheitert. Auch dieser Punkt der Initiative Rychen wurde vorläufig unterstützt und zu weiteren Abklärungen an die Kommission zurückgegeben [25]. Kurz darauf überwies der Nationalrat allerdings auch ein Postulat Wiederkehr (ldu, ZH), welches den Bundesrat einlädt, rasch eine Verordnung zu erlassen, die es gut qualifizierten Psychologinnen und Psychologen - und nur diesen - ermöglicht, auf ärztliche Anordnung hin im Rahmen der Grundversicherung psychotherapeutische Behandlungen in der eigenen Praxis durchzuführen [26].
Der Basler Universitätsrat stimmte der Einrichtung eines dreijährigen Nachdiplom-Studienganges Pflegewissenschaften an der Medizinischen Fakultät zu. Diese Weiterbildung soll den erhöhten Anforderungen an die Patientenpflege Rechnung tragen. In vielen europäischen Ländern, aber auch in den USA und in Kanada ist seit einiger Zeit ein spezielles Forschungsgebiet "Nursing Sciences" mit entsprechenden universitären Lehrgängen entstanden. Damit ist eine Steigerung der Attraktivität der Pflegeberufe - auch als Alternative zum Medizinstudium - verbunden, die es ermöglicht, qualifizierte Personen für Schlüsselpositionen in der Gesundheits- und Krankenpflege zu gewinnen [27].
Der Ständerat überwies ein Postulat Seiler (svp, SH), welches den Bundesrat ersucht, gerade auch im Hinblick auf den freien Personenverkehr in Europa die Überführung der heute beim Schweizerischen Roten Kreuz angesiedelten Berufsausbildung im Pflegebereich in die Kompetenz des Bundes zu prüfen [28].
 
[23] Presse vom 15.3.97; BZ, 4.4.97; TA, 15.12.97. Die ebenfalls angestrebte gesamtschweizerisch einheitliche Tarifstruktur konnte im Berichtsjahr noch nicht realisiert werden (TA, 16.5.97; SHZ, 30.10.97).23
[24] CHSS, 1997, S. 123.24
[25] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 1430 ff.; TW, 20.6.97; TA, 1.12.97.25
[26] Amt. Bull. NR, 1997, S. 2229.26
[27] NZZ, 16.7.97.27
[28] Amtl. Bull. StR, 1997, S. 63 f.28