Année politique Suisse 1997 : Politique sociale / Groupes sociaux / Familienpolitik
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Schwangerschaftsabbruch
Im Frühjahr gab der Bundesrat im Auftrag der nationalrätlichen Rechtskommission deren Entwurf für eine Fristenlösung in die Vernehmlassung. Dieser sieht den straflosen Abbruch in den ersten 14 Wochen der Schwangerschaft vor. Der Abbruch soll auf Verlangen der schwangeren Frau erfolgen und von patentierten Ärzten vorgenommen werden. Nach Ablauf dieser Frist wäre ein Schwangerschaftssabbruch nur noch dann straflos, wenn der Frau nach ärztlichem Urteil eine schwere körperliche Beeinträchtigung oder seelische Notlage droht. Diese Gefahr soll umso grösser sein, je weiter die Schwangerschaft forgeschritten ist [72].
Dem SP-Vorstand ging der Vorschlag der Rechtskommission zu wenig weit. Auf Antrag der SP-Frauen verabschiedete er eine Resolution für einen straflosen Abbruch ohne Festsetzung einer Frist. Die eidgenössische Frauenkommission verlangte eine Fristenlösung von 16 statt 14 Wochen. Sie sprach sich zudem für die Straflosigkeit des Abbruchs auch nach dieser Frist aus. Die FDP unterstützte den Kommissionsvorschlag, die SVP zeigte sich vorerst in einen konservativen und einen liberalen Flügel gespalten; die Fraktion lehnte schliesslich die Fristenlösung ab, gleich wie die EVP, die zudem ankündigte, ein allfälliges Referendum unterstützen zu wollen [73].
Einen fast schon historischen Schritt hin zu einer liberaleren Regelung des Schwangerschaftsabbruchs tat die CVP-Basis an ihrer Delegiertenversammlung Ende August. Nachdem die CVP-Frauen im Frühjahr eine Zustimmung zu einer Fristenregelung unterstützt hatten, nahm dieDelegiertenversammlung der Partei - gegen den Willen der CVP-Fraktion im Bundesparlament, welche bei der bisherigen restriktiven medizinischen und juristischen Indikation bleiben wollte, bei der letztlich eine Drittperson über einen Abbruch entscheidet - mit klarer Mehrheit eine liberales Schutzmodell an, wonach der Schwangeren zwar nach wie vor eine Beratung und eine Bedenkzeit abverlangt werden, die Frau aber innerhalb der ersten 12 Wochen der Schwangerschaft allein über einen allfälligen Abbruch entscheidet [74].
 
[72] Presse vom 24.4.97. Vgl. SPJ 1995, S. 270 f. und 1996, S. 285.72
[73] TA, 29.5.97; NZZ, 30.5., 20.8. und 4.9.97; Baz, 4.7.97; SGT, 23.8.97; Presse vom 25.8. und 13.9.97; NLZ, 3.9.97.73
[74] Presse vom 14.4., 21.4., 18.8., 23.8., 25.8. und 26.8.97; Bund, 15.7.97; NZZ, 17.4.97; 24 Heures, 12.5.97; NLZ, 20.8. und 22.8.97; Ww, 21.8.97.74