Année politique Suisse 1997 : Enseignement, culture et médias / Enseignement et recherche
Forschung
Zur künstlichen Fortpflanzung und zur Xenotransplantation siehe oben, Teil I, 7b (Gesundheitspolitik).
Staatssekretär Heinrich Ursprung, der seit 1990 der Gruppe für Wissenschaft und Forschung vorstand, trat in den Ruhestand. Zu seinem Nachfolger ernannte der Bundesrat auf den 1. Oktober den national wenig bekannten Gesundheitsökonomen
Charles Kleiber, der zuletzt Chef des Waadtländer "Service des Hospices cantonaux" war, und wählte damit einen aussenstehenden Reformer. Die Wahl stiess bei Wissenschaftlern und Forschern, die sich jemanden aus ihren Kreisen gewünscht hätten, auf wenig Freude. Der Vorort zeigte sich in einer ersten Reaktion befremdet
[53].
Im Oktober verabschiedete der Bundesrat die "
Ziele der Forschungspolitik des Bundes nach dem Jahr 2000", die als Vorgabe für die Mehrjahresprogramme der Forschungsorgane (u.a. Hochschulen, Schweiz. Nationalfonds und Akademien) dienen. Die heutige Spitzenposition der Schweizer Forschung bezeichnete er als für die Zukunft nicht gesichert, da diese vor allem in traditionellen Bereichen stark, in zukunftsweisenden Bereichen aber untervertreten sei. Beim Technologietransfer gäbe es gravierende Mängel. Weiter sei es beunruhigend, dass Schweizer Unternehmen ihre F&E-Aktivitäten (Forschung und Entwicklung) immer stärker ins Ausland auslagerten. Der freien Forschung sollen künftig wieder mehr Mittel zufliessen. Für die orientierte Forschung legte der Bundesrat aufgrund der Vorschläge des Schweizerischen Wissenschaftsrats (SWR) als Schwerpunkte die
Lebenswissenschaften, Geistes- und Sozialwissenschaften, Umwelt und nachhaltige Entwicklung sowie Informations- und Kommunikationstechnologien fest. Die Förderungsmassnahmen unterstehen vier Leitprinzipien: 1.) Förderung des Nachwuchses, da der Mangel an hochqualifizierten Fachleuten ein vordringliches Problem sei, das mit der Schaffung der Fachhochschulen noch grösser werde. Besonders reformbedürftig sei die Nachwuchsförderung in den Geistes- und Sozialwissenschaften. 2.) Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Anwender von Forschungsresultaten und Verstärkung des Dialogs zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit. Die Programme zur Technologiefolge-Abschätzung will der Bundesrat weiterführen und ausbauen. 3.) Verstärkte Zusammenarbeit zwischen Grundlagenforschung und anwendungsorientierter Forschung, Wirtschaft und Hochschulen sowie zwischen den Ingenieur- und Naturwissenschaften und den Geistes- und Sozialwissenschaften. 4.) Sicherung der Forschungskapazitäten durch Aufgabenteilung und die
Schaffung von nationalen Kompetenzzentren. Der Bundesrat betonte, dass die Ziele der Schweizer Forschungspolitik nur durch die Integration der Schweiz in die internationalen Forschungsnetzwerke erreicht werden können. Erklärtes Ziel sei deshalb die integrale Teilnahme der Schweiz an den Forschungs-Rahmenprogrammen der EU, aber auch die verstärkte bilaterale Zusammenarbeit mit Ländern ausserhalb Europas. Organisation und Verwaltung des Bereichs "Bildung, Forschung und Entwicklung" sollen verbessert
[54] und die Information über Forschungsprojekte von Bundesverwaltung, Nationalfonds und ETH (später sollen alle durch öffentliche Mittel finanzierten Forschungsprojekte aufgenommen werden) über das System ARAMIS besser koordiniert werden. Nach der Strukturreform sei die Rolle der beratenden Organe der Wissenschaftspolitik - heute sind dies in erster Linie der SWR und die Akademien - zu überdenken
[55].
Beide Räte hatten im Berichtsjahr über die Bewilligung einer
Synchrotron-Lichtquelle Schweiz am Paul Scherrer Institut (PSI) zu entscheiden. Diese soll das PSI zusammen mit weiteren bestehenden Anlagen zu einem international attraktiven Zentrum zur Erforschung verschiedenster Stoffstrukturen werden lassen. Die 159 Mio Fr. teure Forschungsanlage war in Wissenschaftskreisen nicht unumstritten, da insbesondere eine ungenügende Auslastung befürchtet wurde. Ausserdem entzöge die teure Anlage anderen Forschungsbereichen dringend benötigte finanzielle Mittel. In den Räten selbst passierte die Kreditvorlage dann allerdings einhellig. Die Synchrotron-Lichtquelle soll Mitte 2001 in Betrieb gehen
[56].
Die Europäische Kommission verabschiedete im Frühjahr das
fünfte
EU-Forschungsrahmenprogramm (1998-2002, operationell ab 1999). Die gleichberechtigte Teilnahme an den EU-Forschungsprogrammen bleibt der Schweiz wegen des EWR-Neins, und weil die bilateralen Verhandlungen auch im Berichtsjahr nicht abgeschlossen werden konnten, allerdings nach wie vor verwehrt. Schweizerische Forschungsinstitutionen können zwar auf Projektebene mitwirken, aber keine Leitungsfunktionen übernehmen. Im Herbst zog das Bundesamt für Bildung und Wissenschaft (BBW) eine
Bilanz der
bisherigen
Beteiligung der Schweiz an den EU-Forschungsprogrammen (1992-1996). Danach nahm die Beteiligung seit 1992 stetig zu. Das BBW kritisierte jedoch, dass die über 1100 Teilnehmer zum überwiegenden Teil aus dem Hochschulbereich stammten, während die Industrie und die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) noch schwach vertreten sind. Die Aufwendungen von insgesamt 336 Mio Fr. kamen mehrheitlich informations- und kommunikationstechnologischen Projekten zugute; an zweiter und dritter Stelle folgten Biowissenschaften und Umweltforschung
[57].
Die Schweizer
Privatwirtschaft erhöhte ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung auch in den Rezessionsjahren: von 1992 bis 1996 um nominal 6%. 1996 gab sie knapp 16 Mia Fr. aus, davon allerdings mehr als die Hälfte im Ausland. An erster Stelle der Ausgaben im In- (38%) und Ausland (45%) steht die Chemie. Im internationalen Vergleich liegt die Schweiz mit einem Forschungsanteil von 1,9% des Bruttoinlandprodukts wie schon 1992 auf dem dritten Rang, nach Schweden und Japan, aber noch vor den USA und Deutschland. Die Beschäftigung in der schweizerischen Forschung und Entwicklung ging zwischen 1992 und 1996 um 1% auf 37 290 Personen zurück
[58].
Die
Kommission für Technologie und Innovation (KTI), das wichtigste Instrument des Technologietransfers zwischen Hochschulen und der Wirtschaft des Bundes, musste sich ab Februar wegen Kreditkürzungen für zahlungsunfähig erklären. Im Rahmen des Investitionsprogrammes vom April zwackte der Nationalrat deshalb beim Posten Bundesbauten 40 Mio Fr. für die KTI ab. Der Ständerat als Zweitrat wollte auf dem Weg des Investitionsprogrammes jedoch nur 20 Mio Fr. freigeben, ein Kompromiss, auf den der Nationalrat einschwenkte. Beide Räte überwiesen aber zusätzlich eine Motion der ständerätlichen WAK, die weitere 20 Mio Fr. für die KTI per Nachtrag zum Budget 97 forderte und für die Jahre 1998 und 1999 eine Erhöhung der Verpflichtungskredite für KTI-Tätigkeiten verlangte. Im Dezember stimmte der Nationalrat einstimmig einer Sonderfinanzierung für die KTI von je 15 Mio Fr. für die Jahre 1998 und 1999 zu
[59].
In der Frühlingssession hatte sich als Zweitrat der Ständerat mit der Volksinitiative "Zum Schutz von Leben und Umwelt vor Genmanipulation" (
Gen-Schutz-Initiative) der Schweizerischen Arbeitsgruppe Gentechnologie (SAG) zu befassen. Diese will Herstellung, Erwerb und Weitergabe genetisch veränderter Tiere, die Freisetzung genetisch veränderter Organismen sowie die Patentierung genetisch veränderter Tiere und Pflanzen verbieten. Die
WBK des Ständerates hatte die als forschungsfeindlich eingestufte Volksinitiative zuvor einstimmig verworfen, dafür aber ausführlich einen moderateren Gegenvorschlag Zimmerli (svp, BE) diskutiert, der im wesentlichen die Anliegen der
Gen-Lex-Motion übernahm. Diesen aus der Feder von Nationalrat Randegger (fdp, BS) stammenden Vorstoss hatte der Nationalrat letztes Jahr überwiesen. Er verlangt die schnellstmögliche Regelung der ausserhumanen Gentechnik in allen Gesetzen, die für die Anwendung der Gentechnik von Belang sind. Hauptforderungen sind eine Bewilligungspflicht für gentechnische Eingriffe, eine Haftpflichtregelung, eine Deklarationspflicht und die Schaffung einer Ethik-Kommission. Ein Patentierungsverbot lehnt die Gen-Lex-Motion dagegen strikte ab. Für einen Gegenvorschlag hätte das Argument gesprochen, die von der Motion angesprochenen Zielsetzungen auf Verfassungsstufe zu heben. Eine deutliche Kommissionsmehrheit betonte aber, dass der vom Nationalrat gewiesene Weg mit einem detaillierten Gesetzgebungsauftrag wesentlich rascher ans Ziel führe
[60].
Im
Ständerat wichen die Meinungen weit weniger voneinander ab als im Nationalrat, wo es immerhin zu über 50 Gegenstimmen resp. Enthaltungen gekommen war. Er
verwarf die Volksinitiative oppositionslos, mit 37 zu 0 Stimmen. Neben vielen bürgerlichen Vertretern, die den Forschungsplatz Schweiz gefährdet sahen, verglich Ständerat Gian-Reto Plattner (sp, BS) die Gentechnologie in einer vielbeachteten Rede mit der Zähmung des Feuers, die die heutige Zivilisation erst ermöglicht habe. Er warnte vor einem schweizerischen Alleingang und stellte bei Annahme der Initiative einen Abbau von mindestens 2500 Stellen in Basel in Aussicht. Neben dem Bekenntnis zum Forschungsplatz Schweiz warnten aber auch viele Ratsmitglieder davor, die Ängste der Bevölkerung vor der Gentechnologie zu unterschätzen; die Volksinitiative sei nicht chancenlos. Um bei der Abstimmung nicht mit leeren Händen dazustehen, machte sich Ständerat Onken (sp, TG) für einen direkten Gegenvorschlag stark, der wie die Initianten ein Patentierungsverbot für Tiere und Pflanzen verankern wollte. Die Freisetzung von gentechnisch veränderten Tieren wäre gemäss Vorschlag Onken verboten worden, nicht aber die Freisetzung von gentechnisch veränderten Mikroorganismen und Viren, wenn therapeutische oder öffentliche Interessen nachgewiesenermassen überwiegen. Die Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen sowie die Erzeugung, Haltung und Verwendung transgener Tiere wäre bewilligungspflichtig geworden. Dieser Vorschlag ging dem Rat aber entschieden zu weit und wurde mit nur drei Gegenstimmen abgelehnt.
Stattdessen überwies er diskussionslos die Gen-Lex-Motion des Nationalrates. Bundesrat Delamuraz versicherte, dass die Verwaltung daran sei, diese so rasch wie möglich in konkrete Gesetzesbestimmungen umzusetzen
[61].
Im Juli veröffentlichte das federführende Bundesamt für Veterinärwesen ein
Gutachten des Rechtsprofessors Rainer J.
Schweizer, das die noch bestehenden Lücken der Gesetzgebung in der ausserhumanen Gentechnologie aufzeigte. Schweizer trat dafür ein, neben den verschiedenen Erlassen in den anwendungsbezogenen Gesetzen - vom Umwelt- über das Natur- und Heimatschutz- bis zum Tierschutz- und Lebensmittelgesetz - ein
Rahmengesetz zur Gentechnologie im ausserhumanen Bereich zu erlassen. Weiter schlug er insbesondere die Einführung einer Bewilligungspflicht für gentechnische Eingriffe an Tieren, gesetzgeberische Massnahmen zur Wahrung der "Würde der Kreatur", die Einsetzung einer einflussreichen nationalen Ethikkommission, die Verschärfung der Haftpflicht und die Ausweitung der Deklarationspflicht im Lebensmittelbereich vor
[62].
Im Verlauf des Jahres formierten sich diverse
Gruppierungen pro oder contra Gentechnik. Während sich etwa Hochschulforscher mit einem "Manifest für die Menschenwürde - Klonen beim Menschen: nein" bemühten, das Bild einer verantwortungsbewussten Wissenschaftsgemeinschaft zu vermitteln, lehnten namhafte Schweizer Kulturschaffende mit einer "Erklärung von Zürich" die Gentechnik als Trägerin zu grosser unbekannter Risiken ab. Die Diskussion um Nutzen und Risiken der Gentechnologie polarisierte sich zusehends. Medienberichte über ausländische Forschungsversuche, wie etwa das geklonte Schaf "Dolly", aber auch die schweizerische Zulassung des Imports von gentechnisch verändertem Soja
[63] führten zu zusätzlicher
Verunsicherung. Im August reichte die Stiftung für Konsumentenschutz Strafanzeige gegen die von der Pharmaindustrie finanzierte Inseratekampagne für Gentechnologie ein, da diese irreführend und täuschend sei und damit gegen das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb verstosse. Ebenfalls im August fasste der Parteivorstand der
SP ausserdem bereits die
Ja-Parole und löste damit heftige Kritik in der Spitzenforschung aus. Im November unterzeichneten über 750 Personen aus Forschung, Medizin, Verwaltung, Politik und Wirtschaft (darunter Nobelpreisträger Rolf Zinkernagel) die "Berner Konvention", die der Gen-Schutz-Initiative den Kampf ansagt und für einen "verantwortungsbewussten Umgang mit Bio- und Gentechnologie" plädiert. Die Gentechnologie-Gegner ihrerseits stellten gar ein internationales Unterstützungskomitee auf die Beine, dem u.a. die indische Umweltaktivistin und Gewinnerin des alternativen Nobelpreises Vandana Shiva angehört. Schweizer Nahrungsmittel- und Biotechnologie-Konzerne gründeten die Vereinigung "Internutrition", um den Dialog mit der Bevölkerung zu fördern und ihr die Ängste vor gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln zu nehmen. Der teuerste in der Schweiz je geführte Abstimmungskampf begann sich abzuzeichnen
[64].
Ende Jahr eröffnete der Bundesrat die
Vernehmlassung zur Gen-Lex-Vorlage als eine Art indirekter Gegenvorschlag zur Gen-Schutz-Initiative. Im wesentlichen nahm er die Vorschläge Schweizers auf, verzichtete aber auf ein Rahmengesetz und legte stattdessen Anpassungen von insgesamt acht Gesetzen, drei Verordnungen und einem Bundesbeschluss vor
[65]. Die wichtigsten Anpassungen betreffen das Umweltschutzgesetz (USG), das zu einer Art Grundgesetz für die Gentechnologie werden soll. Neben der Sicherheit für Mensch und Umwelt verlangt das USG neu ausdrücklich auch, dass die "biologische Artenvielfalt und deren nachhaltige Nutzung" nicht durch gentechnologische Anwendungen beeinträchtigt und die "
Würde der Kreatur" bei Tieren und Pflanzen nicht missachtet werden darf. Die Herstellung transgener Tiere stellt gemäss Bundesrat keine prinzipielle Verletzung der Würde der Kreatur dar. Die Herstellung und der Umgang mit transgenen Tieren (im Tierschutzgesetz geregelt) und auch die Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen und Organismen unterstehen jedoch einer
erweiterten Bewilligungspflicht, zudem muss vor gentechnischen Veränderungen am Erbmaterial von Tieren und Pflanzen eine Güterabwägung im Hinblick auf die Würde der Kreatur vorgenommen werden. Der Bundesrat erhält weitreichende Verordnungskompetenzen, um regulierend eingreifen zu können. Er erhält aber auch die Ermächtigung, Ausnahmen von der Bewilligungspflicht zuzulassen, "wenn nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung eine Gefährdung der Umwelt oder des Menschen, eine Missachtung der Würde von Tieren und Pflanzen oder eine Beeinträchtigung der biologischen Vielfalt und deren nachhaltiger Nutzung ausgeschlossen ist". Bei den Bewilligungsverfahren soll das
Öffentlichkeitsprinzip herrschen, wonach jede Person Anspruch auf Zugang zu Informationen über Bewilligungsgesuche hat, allerdings erst nach Erteilung der Bewilligung.
Die
Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel soll erweitert werden. Um die Wahlfreiheit der Konsumenten zu schützen, soll der Bundesrat auch Vorschriften über eine Negativdeklaration erlassen können ("Dieses Produkt enthält keine GVO"). In den USA sind solche verboten. Ferner soll der Bundesrat eine Deklarationspflicht auch für Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs wie zum Beispiel Kosmetika erlassen können. Im Epidemiengesetz sollen immunbiologische Produkte und Gegenstände kennzeichnungspflichtig werden, die Erreger enthalten oder aus Erregern gewonnen werden, die gentechnisch verändert sind. Schliesslich sollen wegen allfälliger Langzeitschäden die Verjährungsfristen für die
Haftpflicht nach oben korrigiert werden: neu sollen eine relative Frist von drei Jahren (seit Entdeckung) und eine absolute Frist von dreissig Jahren (seit Schadenereignis) gelten, wie sie auch das Atomrecht kennt. Die Produktehaftung wird ausgedehnt auf gentechnisch veränderte Landwirtschaftsprodukte, womit sich das Haftungsrisiko für Landwirte, die solche Produkte erzeugen, erhöht. Im Landwirtschaftsgesetz wird ausserdem festgelegt, dass gentechnisch veränderte Nutztiere erst gezüchtet oder eingeführt werden dürfen, "wenn wichtige Gründe die Produktion und den Absatz rechtfertigen" und die Voraussetzungen des Tierschutzrechts erfüllt sind. Die für die Initianten zentrale Frage der
Patentierung wurde offen gelassen, da man diesbezüglich die europäische Regelung abwarten wolle. Mit allen ethischen Fragen der Gentechnologie soll sich künftig eine
Ethikkommission befassen, wie sie im Bereich der Humanmedizin schon seit längerer Zeit besteht. Zu den Aufgaben der Kommission gehört es, die Behörden zu beraten und bei wichtigen Bewilligungsgesuchen oder Forschungsvorhaben Stellung zu nehmen; sie hat allerdings kein Veto-Recht. Weiter soll sie die Information der Bevölkerung gewährleisten. Die Vernehmlassung dauert bis Ende März 1998
[66].
Die
Gentechnologie-Gegner kritisierten die Vorlage in ersten Stellungnahmen erwartungsgemäss als zu wenig weitgehend. Die Grünen sahen in ihr "viel Verpackung, aber wenig neue Inhalte". Von seiten jener, die die Gentechnologie nicht grundsätzlich ablehnen, wurden insbesondere die vielen Kann-Formulierungen und das "Flickwerk" anstelle eines kompakten Gentechnik-Gesetzes kritisiert, wie auch, dass die Frage der Patentierung offengelassen wurde, und dass Konsumenten- und Umweltschutzorganisationen keinerlei Mitsprachemöglichkeiten wie etwa ein Beschwerderecht in den Bewilligungsverfahren eingeräumt wird. Die Medien wiesen darauf hin, dass die Gen-Lex-Vorlage im Parlament erst Ende 1998 - nach der Abstimmung über die Volksinitiative - behandelt werden wird und dass die Vorlage dann noch abgeschwächt werden könnte
[67].
[53] Presse vom 15.5.97. Zu Interviews mit H. Ursprung über den Wissenschafts- und Forschungsstandort Schweiz siehe z.B.
TA, 18.2.97 und
BaZ, 20.3.97.53
[54] Der BR beschloss, auf 1. Januar 1998 den Bereich "Bildung, Forschung und Entwicklung" von bisher vier Departementen auf zwei, das EDI und das EVD, zu konzentrieren. Vgl. dazu oben, Teil I, 1c (Verwaltung).54
[55]
BBl, 1997, IV, S. 1537 ff.;
NZZ, 23.10.97.55
[56]
BBl, 1997, I, S. 773 ff.;
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 443 ff.;
Amtl. Bull. StR, 1997, 645 ff.;
BBl, 1997, III, S. 954 f.;
NZZ, 17.2.97;
BaZ, 19.6.97. Vgl.
SPJ 1996, S. 299 f.56
[57]
NZZ, 10.4. und 20.5.97; Presse vom 9.9.97. 1997 unterstützte der Bund Forschungsprojekte der EU-Rahmenprogramme mit rund 90 Mio Fr.57
[58]
Lit. BFS/Vorort; Presse vom 18.2.98.58
[59]
TA, 18.4.97;
Amtl. Bull. StR, 1997, S. 379 ff. und 409 ff.;
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 765, 798 und 2442 ff.; Presse vom 30.4. und 2.5.97. Zur Bedeutung der KTI und ihren Projekten siehe
BBl, IV, S. 1230 ff. Zum Investitionsprogramm siehe oben, Teil I, 4a (Konjunkturpolitik).59
[60] Presse vom 22.1.97. Vgl.
SPJ 1996, S. 300 f.60
[61]
Amtl. Bull. StR, 1997, S. 43 ff., 62 f. und 342; Presse vom 5.3.97.61
[62]
Lit. Schweizer;
SGT, 2.7.97;
NZZ, 14.7.97;
NLZ, 5.8.97.62
[63] Siehe dazu oben, Teil I, 4c (Produits alimentaires).63
[64]
NZZ, 25.3., 23.5. und 26.11.97;
TA, 22.8.97 (SP); Presse vom 3.11.97. Gleichzeitig wurden diverse Umfragen und Studien veröffentlicht. Diese zeigten, dass die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer zwar gentechnisch veränderte Nahrungsmittel ablehnt, aber Gentechnik auf medizinischem Gebiet befürwortet (Presse vom 20.11.97). Gemäss einer Studie der Schweizerischen Gesellschaften für experimentelle Biologie (USGEB) und dem SNF wären allein vom Verbot transgener Tiere 1717 Personen in 442 Forschungsprojekten direkt betroffen (
NZZ, 25.6.97).64
[65] Änderungen: Epidemien-, Produktehaftpflicht-, Landwirtschafts-, Lebensmittel-, Umweltschutz-, Natur- und Heimatschutz-, Tierschutz-, Tierseuchen- und Chemikaliengesetz; VO über den Umgang mit Organismen in geschlossenen Systemen, Freisetzungs-VO, V0 über den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Gefährdung durch Mikroorganismen; BB über die Kontrolle von Blut, Blutprodukten und Transplantaten (
Lit. Wasescha).65
[66] Presse vom 17.12.97. Zur Entwicklung der schweizerischen Gentechnologiegesetzgebung seit 1992, als eine Verfassungsgrundlage für die Fortpflanzungs- und Gentechnologie angenommen wurde, siehe
Lit. Wasescha.66
[67] Presse vom 17.12.97.67
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