Année politique Suisse 1998 : Partis, associations et groupes d'interêt / Partis
 
Freiheits-Partei (FPS)
Das von der Freiheitspartei und Transportunternehmern angeführte und mit bürgerlichen Politkern bestückte Initiativkomitee “Kampf dem Stau” lancierte die Unterschriftensammlung für vier Volksbegehren. Die erste der vier Initiativen “Kampf dem Stau – Strassenbau statt Strassenstau” verlangt sechs Spuren auf der A1 zwischen Zürich und Bern, die zweite dasselbe für die A1 zwischen Genf und Lausanne. Die dritte Volksinitiative will den Alpenschutzartikel ändern, damit die Gotthardroute A2 dank einer zweiten Tunnelröhre durchgehend auf vier Spuren ausgebaut werden kann. Die letzte fordert die Streichung des Verbandsbeschwerderechts, um weiteren Verzögerungen öffentlicher und privater Investitionsvorhaben einen Riegel zu schieben [44].
Als Nachfolger des nach vierjähriger Amtstätigkeit zurückgetretenen Roland Borer (SO) wählte die FPS zum zweiten Mal Nationalrat und Bieler Polizeidirektor Jürg Scherrer an ihre Spitze. Scherrer hatte sich interimsweise bereit erklärt, das Amt des Präsidenten zu übernehmen, wollte aber zugleich einen vollamtlichen Parteisekretär an seiner Seite, um im politischen Alltag entlastet zu werden. Scherrer verstand es, sich und die Partei mit extremen Forderungen in die Schlagzeilen zu bringen. Nebst der Rückkehr zum Kerngeschäft, dem Auto, kündigte er den Aufbau von Leitplanken gegen den “Ausverkauf der Schweiz ans Ausland” und “gegen Zerfallserscheinungen” an. Als Sündenfälle nannte er die Holocaust-Debatte, die Solidaritätsstiftung, der ungebremste Zustrom von Asylanten, die Mutlosigkeit und Unfähigkeit der Regierenden, die anhaltende Verschleuderung von Steuergeldern sowie den seit der Waldsterbedebatte praktizierten “Umweltschwindel” [45].
Nach sieben Jahren als FPS-Fraktionspräsident trat Walter Steinemann (SG) aus gesundheitlichen Gründen und wegen der starken beruflichen Belastung von seinem Amt zurück. Seine Nachfolge trat René Moser (AG) an [46].
Ein halbes Jahr nach seiner Amtsniederlegung als Parteipräsident gab FPS-Nationalrat Roland Borer aus wahltaktischen Gründen seinen Übertritt zur SVP bekannt. Er war der Meinung, dass es im Kanton Solothurn nur für eine bürgerliche Oppositionspartei Platz habe. Borer war nicht der erste prominente Abtrünnige, der der FPS den Rücken kehrte; 1996 war Ulrich Giezendanner (AG) der SVP beigetreten. Verärgert rief FPS-Präsident Scherrer alle Mandatsträger und Kantonalpräsidenten ultimativ auf, allfällige Parteiwechselabsichten bis Ende November offenzulegen und forderte von allen verbleibenden Mitgliedern vollen und bedingungslosen Einsatz im Wahlkampf 1999 [47].
Bei den kantonalen Wahlen in Bern verlor die FPS zwei weitere Sitze und büsste mit nunmehr vier Mandaten den Fraktionsstatus ein.
 
[44] NZZ, 13.1. und 16.1.98; JdG, 16.1.98.44
[45] NZZ, 8.1. und 18.4.98; TA, 6.5.98; SGT, 9.5.98; Presse vom 11.5.98; Ww, 14.5.98. Interview mit Borer: SZ, 8.5.98.45
[46] NZZ, 11.6.98.46
[47] Presse vom 9.-14.11.98; Ww, 19.11.98.4