Année politique Suisse 1998 : Eléments du système politique / Institutions et droits populaires / Verwaltung
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Personal
Im Frühjahr gab der Bundesrat den Vorentwurf für ein neues Bundespersonalgesetz (BPG), welches das alte Beamtengesetz ablösen soll, in die Vernehmlassung. Als wichtigste Neuerung ist die Aufhebung des Beamtenstatus vorgesehen. Die Beschäftigten des Bundes würden in Zukunft nicht mehr auf vier Jahre gewählt, sondern mit einem kündbaren öffentlich-rechtlichen Anstellungsvertrag eingestellt, der sich weitgehend am Obligationenrecht (OR) orientiert. Gegenüber dem OR bietet das BPG eine bessere Arbeitsplatzsicherheit durch längere Kündigungsfristen (3 Monate in den ersten 5 Jahren, dann 4 und ab dem 11. Jahr 6 Monate) und einen ausgebauten Kündigungsschutz, indem in jedem Fall die Begründung für eine Auflösung des Anstellungsverhältnisses schriftlich mitgeteilt werden muss, und der Entscheid angefochten werden kann. Wenn der Bund bei Entlassungen aus wirtschaftlichen Gründen keine vergleichbare Stelle anbieten kann, muss er gemäss dem Vorentwurf eine Abgangsentschädigung anbieten. Dasselbe gilt auch bei der Entlassung von langjährigen Mitarbeitern und von solchen, für deren Beruf ausserhalb der Bundesverwaltung keine Nachfrage besteht. Für die Post und die SBB schreibt das neue Gesetz zwingend den Abschluss eines Gesamtarbeitsvertrags mit den Angestelltenorganisationen vor. In Lohnfragen blieb der Entwurf relativ offen und würde dem Bundesrat damit mehr Flexibilität geben als das geltende Gesetz. Durch den Verzicht auf die bisherigen starren Gehaltsstufen und auf die Festsetzung von Minimal- und Maximallöhnen hätte er die Möglichkeit, Leistungslöhne einzuführen und Anpassungen an die Arbeitsmarktlage vorzunehmen [23].
Die Gewerkschaften des Bundespersonals äusserten heftige Kritik am Vorentwurf. Mit der Unabwendbarkeit der Abschaffung des Beamtenstatus – welche in zahlreichen Kantonen und Gemeinden bereits erfolgt ist – hatten sie sich zwar abgefunden. Die Möglichkeit, Anstellungsverhältnisse aus betrieblichen und wirtschaftlichen Gründen aufzulösen, lehnten sie jedoch ab. Überhaupt nicht einverstanden waren sie mit dem Vorschlag, wichtige Kompetenzen namentlich bei der Lohnpolitik an die einzelnen Arbeitgeber wie SBB und Post abzutreten. Lohneckdaten, Teuerungsausgleich, national einheitliche Lohnhöhen sowie Höchstarbeitszeiten sollten ihrer Ansicht nach weiterhin durch den Bundesrat festgelegt werden [24]. Der SGB und die SP schlossen sich dieser Kritik an. Für die SVP hingegen enthielt das bundesrätliche Projekt immer noch zu viele einengende Vorschriften. Unterstützung fand die Regierung bei der CVP und der FDP, wobei letztere allerdings ebenfalls Kritik am Ausmass der Kompetenzendelegation an die einzelnen Bundesbetriebe anmeldete. Für die Wirtschaftsverbände war die Reform zu zaghaft ausgefallen. Sie forderten, dass für die Bundesangestellten wie für alle anderen Beschäftigen das private Anstellungsrecht gemäss Obligationenrecht zur Anwendung kommen soll [25].
Im Dezember leitete der Bundesrat dem Parlament seinen definitiven Entwurf zu. Grundsätzlich hielt er dabei am Vernehmlassungsprojekt fest, ging aber doch in einigen Punkten auf die Forderungen der Gewerkschaften ein. So nahm er die Bestimmung auf, dass der Bundesrat Minimallöhne sowie Höchstarbeitszeiten und die minimale Feriendauer für alle Beschäftigten (also auch diejenigen der SBB und der Post) festlegen kann [26].
In den mit hohen Haushaltdefiziten kämpfenden Kantonen Genf und Waadt protestierten Staatsangestellte mit Demonstrationen und kurzen Streiks gegen Sparpläne der Regierungen [27].
In einem Bericht zuhanden des Parlaments äusserten sich die Geschäftsprüfungskommissionen beider Kammern kritisch zur Personalpolitik des Bundes. Beanstandet wurde dabei namentlich das Fehlen eines klaren Leitbildes und einer einheitlichen Management- und Führungskultur. Dafür könne jedoch nicht das Beamtengesetz aus dem Jahr 1927 verantwortlich gemacht werden, sondern dessen praktische Anwendung. Erschwerend für eine moderne Personalpolitik sei insbesondere auch das Fehlen eines EDV-gestützten Personal- und Kostenbewirtschaftungssystems, die mangelhafte Nachwuchsförderung und das zu wenig flexible Lohnsystem. Als dringende Massnahmen formulierten die GPK insgesamt fünfzehn Empfehlungen. Diese regen insbesondere eine Stärkung der Kompetenzen des Personalamtes, die Einführung eines effizienten Controllings und – im Rahmen der Revision des Beamtengesetzes – die Delegation der Kompetenzen beim Entscheid über die Ausgestaltung des Besoldungssystems vom Parlament an den Bundesrat an [28].
Der Nationalrat überwies eine Motion Cavadini (fdp, TI) für Massnahmen zugunsten einer zahlenmässig besseren Vertretung von Italienischsprachigen in der Bundesverwaltung in Postulatsform. Der Motionär hatte insbesondere deren zunehmend unterproportionalen Anteil in den obersten Lohnklassen kritisiert. Dieser Sachverhalt wurde übrigens auch von Bundesrat Villiger anlässlich der Beratung des Geschäftsberichts 1997 bestätigt; die Nutzniesser dieser Untervertretung sind aber nicht etwa die Deutschschweizer, sondern die Französischsprachigen [29].
Eine verwaltungsinterne Bestandesaufnahme kam zum Schluss, dass die Korruptionsgefahr in der Bundesverwaltung gering ist und die bestehenden Kontroll- und Präventivmassnahmen im allgemeinen genügen. Zum Vorentwurf für eine Reform des Korruptionsstrafrechts siehe oben, Teil I, 1b (Strafrecht) [30].
 
[23] Presse vom 7.5.98.23
[24] Bund, 7.5.98; NZZ und TA, 13.8.98.24
[25] TA, 3.9.98; NZZ, 15.12.98.25
[26] BBl, 1999, S. 1597 ff.; NLZ und Lib., 15.12.98.26
[27] Lib. und 24 Heures, 24.9.98. Zu den Manifestationen siehe oben, Teil I, 1b (Öffentliche Ordnung).27
[28] BBl, 1998, S. 4831 ff.; Presse vom 14.2.98.Vgl. zur Personalkostenpolitik des Bundes auch die Intererpellation Schmid (svp, BE) in Amtl. Bull. NR, 1998, S. 1602 f. sowie die Stellungnahme des BR zu Fragen der GPK in BBl, 1999, S. 2895 ff.28
[29] Amtl. Bull. NR, 1998, S. 2831 (Cavadini) resp. 1220 f. (Villiger).29
[30] NZZ, 22.5.98.30