Année politique Suisse 1998 : Chronique générale / Finances publiques
 
Finanzausgleich
In der Debatte zur Totalrevision der Bundesverfassung wurde ein Antrag Spoerry (fdp, ZH) abgelehnt, beim Finanzausgleich neben den besonderen Lasten der Berggebiete auch jene der städtischen Agglomerationen zu berücksichtigen  [59].
Die Arbeiten am föderalistischen Grossprojekt „Neuer Finanzausgleich“ (NFA) verzögerten sich gegenüber den ursprünglichen Planungsvorstellungen. Vorgesehen war, den Entwurf zum NFA im Frühjahr 1998 in eine breit angelegte Vernehmlassung zu schicken. Ziel des Vorhabens ist es, mit einer Entflechtung der Aufgaben und Finanzströme zwischen Bund und Kantonen den Föderalismus neu zu beleben, das Gefälle unter den Kantonen abzubauen, die Effizienz im Bundesstaat zu verbessern sowie nach Möglichkeit einige Milliarden Franken einzusparen. Der als Grossprojekt der laufenden Legislatur angekündigte Finanzausgleich drohte im Frühjahr abzustürzen, nachdem der Versuch bei der Ausarbeitung der Detailvorlagen fehlschlug, die Finanzströme zugunsten der schwächeren Kantone umzuleiten. Im Herbst nahmen Finanzbeamte des Bundes und der Kantone einen erneuten Anlauf und einigten sich auf einen neuen Verteilschlüssel, mit dem die finanziellen Ungleichgewichte zwischen den Kantonen besser ausgeglichen werden sollten. Die definitiven Ergebnisse und Anträge sollen im Mai 1999 in die Vernehmlassung gehen [60].
Eine parlamentarische Initiative Leemann (sp, ZH) verlangte, dass die finanzkraftabhängigen Transferzahlungen des Bundes an die Kantone stärker von der Ausschöpfung des kantonalen Steuerpotentials abhängig gemacht werden sollten. Sie bezeichnete die krassen Steuerunterschiede zwischen den Kantonen als schädlich für den eidgenössischen Zusammenhalt. Eine Kommissionsmehrheit lehnte den Vorstoss ab, weil für eine seriöse Beurteilung der kantonalen Unterschiede auch die erbrachten Leistungen vertieft betrachtet werden müssten. Zusätzlich seien unterschiedliche Steuerbelastungen Ausdruck des Föderalismus und eines gesunden Wettbewerbs zwischen den Kantonen. Der Nationalrat gab der Initiative mit 81 zu 57 Stimmen keine Folge. Borel (sp, NE) wollte mit einer Motion die Steuerbelastung als Kriterium für den interkantonalen Finanzausgleich beiziehen. Im Einklang mit dem Bundesrat lehnte der Nationalrat auch diesen Vorstoss mit 79:54 Stimmen ab [61].
 
[59] Siehe oben, Teil I, 1d (Bund und Kantone).59
[60] BüZ, 20.3.98; Ww, 23.7.98; SGT, 5.11.98; TA, 28.10. und 20.11.98. Zum NFA vgl. auch SPJ 1996, S. 155 ff. und 1997, S. 161 f.60
[61] Amtl. Bull. NR, 1998, S. 451 ff. (Leemann) und 1358 ff. (Borel). Zum West-Ost-Gefälle bei der Steuerbelastung in der Schweiz vgl. NZZ, 18.12.98.61