Année politique Suisse 1998 : Politique sociale / Population et travail / Arbeitszeit
Im Eiltempo und ohne Gegenstimme
hiess der Ständerat die nachgebesserte Revision des Arbeitsgesetzes gut, welche eine gegenüber der ersten, in der Volksabstimmung gescheiterten, gemässigtere Lockerung des Abend-, Nacht- und Sonntagsarbeitsverbots vornahm. Damit war die ehemals so umstrittene Vorlage ohne viel Aufhebens zumindest im Parlament unter Dach und Fach
[32].
Für Gewerkschafter aus der
Romandie sowie die Funktionäre der Gewerkschaft Druck und Papier ging der Arbeitnehmerschutz immer noch zu wenig weit, da das revidierte Gesetz den Arbeitstag unzulässig verlängere, eine starke Zunahme der Nachtarbeit bringe und zu viele Überstunden erlaube. Gegen den Willen von SP und SGB, die meinten, mit diesem zweiten Revisionspaket sei das Machbare erreicht, ergriffen sie das
Referendum. Wider Erwarten kam dieses mit 54 297 Unterschriften zustande. Besonders starke Unterstützung fand es in den Kantonen Waadt und Genf (mit allein über 28 000 Unterschriften) sowie in den übrigen welschen Kantonen und dem Tessin, also in jenen Landesteilen, welche bereits die erste Revisionsvorlage besonders deutlich abgelehnt hatten
[33].
In der Deutschschweiz wurde der Abstimmungskampf wegen der mangelnden Unterstützung von SP und SGB nur sehr lau geführt, ganz im Gegensatz zur Romandie, wo die Gegner der Vorlage in den Medien stärker präsent waren
[34]. Alle Parteien – mit Ausnahme von PdA und SD – sowie die Gewerkschaften unterstützten die Vorlage; die Grünen waren uneins und beschlossen Stimmfreigabe. Am 29. November hiess das Volk die Gesetzesrevision mit
63,4% Ja-Stimmen gut. Die
Romandie zeigte sich dem neuen Gesetz gegenüber
kritischer als die Deutschschweiz, aber längst nicht mehr so negativ wie 1996. Einzig die Kantone Jura (64,8% Nein-Stimmen), Neuenburg (51,6%) und Freiburg (50,1%) lehnten ab, während Genf (54,5% Ja-Stimmen), Waadt und Wallis (je 55,9%) zwar unterdurchschnittlich annahmen, ihr deutliche Ablehnung von 1996 aber doch in eine Zustimmung umwandelten. Der Tessin, der zwei Jahre zuvor noch klar auf der Seite der Nein-Stimmenden war, hiess das Gesetz im zweiten Anlauf mit 60,3% gut. Die Deutschschweizer Kantone sagten alle deutlich ja, allerdings mit recht grossen Unterschieden. Die Ja-Stimmen-Anteile lagen zwischen 58,8% (Thurgau) und 74,1% (Zürich)
[35].
Änderung des Bundesgesetzes über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz)
Abstimmung vom 29. November 1998
Beteiligung: 38,1%
Ja: 1 072 978 (63,4%)
Nein: 620 011 (36,6%)
Parolen:
– Ja: FDP, CVP, SVP, SP (5*), LP, LdU, EVP, FP, CSP; SGV, Vorort, SBV; SGB, CNG.
– Nein: SD, PdA; GDP.
– Stimmfreigabe: GP (1*)
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Die
Vox-Analyse dieses Urnengangs bestätigte die bereits am Abend des Abstimmungssonntags getroffene Feststellung, wonach das neue Gesetz von allen sozialen Gruppen gutgeheissen wurde. Die Sympathisanten der bürgerlichen Parteien stimmten der Vorlage deutlicher zu als jene der SP, doch wurde das Gesetz auch von diesen mit rund 60% gutgeheissen
[36].
[32]
Amtl. Bull. StR, 1998, S. 185 ff. und 462;
Amtl. Bull. NR, 1998, S. 477 und 807. Siehe
SPJ 1997, S. 237 f.32
[33]
BBl, 1998, S. 4131 f.;
TA, 17.3.98;
WoZ, 2.4.98;
TA, 28.4.98 (Entscheid SGB);
NZZ, 7.7.98; Presse vom 10.7.98;
Bund, 11.8.98.
Siehe
SPJ 1996, S. 229 ff.33
[34] Presse vom 16.10.-28.11.98.34
[35]
BBl, 1999, S. 1092 ff.; Presse vom 30.11.98.35
[36] L. Marquis / R. Lachat / D. Wisler,
Vox.
Analyse der eidgenössischen Abstimmungen vom 29. November 1998, Genf 1999.36
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