Année politique Suisse 1998 : Politique sociale / Population et travail / Arbeitszeit
Die in den letzten Jahren entbrannte Diskussion um die
arbeitsrechtliche Stellung des 1. August wollte der Bundesrat in seinem Vorschlag zur revidierten
Bundesverfassung insofern umschiffen, als er in Art. 110 Abs. 3 lediglich sagen wollte, der Bundesfeiertag sei arbeitsrechtlich den Sonntagen gleichgestellt. Damit wäre die heikle Frage der Lohnzahlungspflicht auf ein künftiges Bundesgesetz verschoben worden. Eine Übergangsbestimmung sollte den Bundesrat ermächtigen, die Einzelheiten bis zur Inkraftsetzung der entsprechenden Bundesgesetzgebung zu regeln
[37].
Dies sah auch der Ständerat so, der als Erstrat dem bundesrätlichen Vorschlag oppositionslos folgte. Ganz anders verhielt sich der
Nationalrat. Einem Minderheitsantrag quer durch die bürgerlichen Parteien, welcher dem Bundesrat zustimmen wollte, stand ein Mehrheitsantrag der Kommission gegenüber, der den Bundesfeiertag eindeutig als den Sonntagen gleichgestellt und arbeitsrechtlich
bezahlt bezeichnen wollte. Nachdem ein noch weitergehender persönlicher Antrag Rennwald (sp, JU), der auch den 1. Mai zum bezahlten Feiertag erheben wollte, mit 86 zu 71 Stimmen gescheitert war, obsiegte der Antrag der Mehrheit mit 97 zu 62 Stimmen. Tenor der Argumentation war, das Volk habe 1993 mit seiner Zustimmung zur 1. August-Initiative der Schweizer Demokraten klar zum Ausdruck gebracht, dass es sich darunter einen den Sonntagen gleichgestellten und damit bezahlten Feiertag vorstelle
[38].
Diese Haltung vertraten auch Büttiker (fdp, SO) und Bundesrat Koller bei der 2. Lesung im
Ständerat. Sie meinten, dass es eleganter gewesen wäre, die Frage der Entlöhnung des 1. August in einem formellen Gesetz zu regeln, doch müssten nun angesichts der nicht enden wollenden diesbezüglichen Diskussionen die Missverständnisse definitiv ausgeräumt werden. Die beiden fanden aber kein Gehör in der kleinen Kammer, die mit 23 zu 15 Stimmen
Festhalten beschloss. Diese Hartnäckigkeit rief daraufhin im
Nationalrat den Widerstand selbst vieler bürgerlicher Politiker auf den Plan. Mit dem deutlichen Mehr von 107 zu 37 Stimmen wurde die arbeitsrechtliche Bezahlung des 1. August erneut auf Verfassungsbene
bekräftigt [39].
Trotz dieses klaren Votums der grossen Kammer beharrte der Ständerat in dritter Lesung mit 22 zu 15 Stimmen noch immer auf seinem Standpunkt. Nun fand es der Nationalrat gar nicht mehr nötig, die leidige Angelegenheit noch einmal zu diskutieren. Ohne Wortmeldung und Abstimmung hielt er an seinem Entschluss fest. In der
Einigungskonferenz setzte sich die
Version des Nationalrates durch. Damit fand eine jahrelange Streitigkeit ein Ende und der Bundesfeiertag wurde definitiv den Sonntagen gleichgestellt und als
arbeitsrechtlich bezahlter Feiertag anerkannt
[40].
[37]
BBl, 1997, I, S. 322. Siehe
SPJ 1996, S. 231.37
[38]
Amtl. Bull. StR, 1998, S. 244 f.;
Amtl. Bull. NR, 1998, S. 1000 ff. Siehe
SPJ 1993, S. 196,
1995, S. 222 und
1996, S. 231.38
[39]
Amtl. Bull. StR, 1998, S. 858 ff.;
Amtl. Bull. NR, 1998, S. 2032 ff.39
[40]
Amtl. Bull. StR, 1998, S. 1162 f. und 1339 ff.;
Amtl. Bull. NR, 1998, S. 2546 f. und 2598 ff.40
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