Année politique Suisse 1998 : Politique sociale / Santé, assistance sociale, sport / Gesundheitspolitik
print
Spitäler
Mit Erfolg brachte Nationalrat Gysin (sp, BS) eine Motion ein, die vom Bundesrat verlangt, die kantonalen und regionalen Spitalplanungen in einen gesamtschweizerischen Zusammenhang zu stellen und für die Spitzen- und Zentrumsmedizin einen eidgenössischen Zielkatalog zu erstellen. Die Landesregierung versuchte vergebens, sich mit dem Hinweis auf die Kantonshoheit im Gesundheitswesen für nicht zuständig zu erklären, weshalb sie Umwandlung in ein Postulat beantragte. Mit 72 zu 41 Stimmen wurde der Vorstoss in der bindenden Form überwiesen [7].
Die Kantone wollten den Entscheid des Eidg. Versicherungsgerichtes (EVG), wonach sie bei ausserkantonalen Behandlungen auch in den privaten und halbprivaten Abteilungen jene Kosten zu berappen haben, welche von den Krankenkassen nicht bezahlt werden, vorerst nicht hinnehmen. Sie befürchteten, dass nach diesem Grundsatz die Kantone bald einmal die Behandlung der Halbprivat- und Privatpatienten im eigenen Kanton ebenfalls subventionieren müssten. Da das neue KVG diese Frage nicht geregelt hat, was auch der Grund für die Anrufung des EVG gewesen war, verlangten sie, bis spätestens 2000 müssten die Finanzierungsregeln im KVG neu überdacht werden. Es brauche sowohl eine neue Spitalfinanzierung wie auch eine Änderung der Kostenverteilung zwischen Kantonen und Versicherungen [8]. Auf Vermittlung des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) einigten sich die Kantone und Krankenkassen auf einen vorläufigen Kompromiss in dieser Frage. Die Kantone erklärten sich bereit, den Versicherungen eine Pauschale von 50 Mio Fr. zur Abgeltung der hängigen Forderungen aus der ausserkantonalen Hospitalisation zu bezahlen. Im Gegenzug verzichteten die Kassen darauf, im innerkantonalen Bereich eine analoge Mitfinanzierung für die Zusatzversicherten einzufordern [9].
Mit einer Motion verlangte Nationalrat Hochreutener (cvp, BE), ebenfalls eine Änderung der Spitalfinanzierung. Für ihn sollen die Kantone aus der Subventionierung der Krankenhäuser aussteigen und stattdessen für die Versorgung aller Patienten – ob allgemein oder privatversichert, im Universitätsspital oder in der Privatklinik – eine Fallpauschale ausrichten. Der Vorstoss wurde von Cavalli (sp, TI) bekämpft und deshalb vorderhand der Diskussion entzogen [10].
In ähnliche Richtung zielt die vom Detailhandel-Discounter Denner im Vorjahr lancierte Volksinitiative “für tiefere Spitalkosten”, welche mit 106 776 gültigen Unterschriften zustande kam. Danach soll die obligatorische Krankenkasse abgeschafft und durch eine reine Spitalkostenversicherung abgelöst werden, welche eine Tagespauschale ausrichtet [11].
In seiner Vernehmlassungsvorlage zur Revision des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) hielt der Bundesrat fest, dass nach seinem Dafürhalten vorerst nur diejenigen Bestimmungen abzuändern sind, die in den letzten zwei Jahren gezeigt haben, dass sie aufgrund von Fehlformulierungen, Lücken usw. die gewünschten Wirkungsmechanismen des KVG behindern. Revisionsthemen, die eine wesentliche Änderung der Finanzierung und der Subventionierung zur Folge hätten, sollen dabei noch nicht angegangen werden. Die Spitalfinanzierung bildet hier allerdings eine Ausnahme; sie soll in nicht allzu ferner Zukunft in einer separaten Vorlage neu geregelt werden [12].
 
[7] Amtl. Bull. NR, 1998, S. 2125 ff.
[8] Presse vom 6.1., 7.1. und 1.4.98. Um von den Kantonen eine Kostenbeteiligung an alle Hospitalisationen zu erstreiten, reichte die Krankenkasse KPT Anfang Jahr ein Beschwerdeverfahren ein (Bund, 21.1. und 24.1.98). Siehe auch J.-L. Duc, “Hospitalisation hors du canton de résidence et plan hospitalier”, in Plädoyer, 1998, Nr. 5, S. 63 ff.
[9] CHSS, 1998, S. 207 f.; Presse vom 8.7. und 12.9.98. Von den Krankenkassen wollte vorerst einzig die Visana mit rund 13% der Versicherten nicht mitmachen (Presse vom 1.9. und 2.9.98).
[10] Amtl. Bull. NR, 1998, S. 1502 f.
[11] BBl, 1998, S. 4959 f. Siehe SPJ 1997, S. 246.
[12] BBl, 1999, S. 795; Presse vom 22.9.98.