Année politique Suisse 1998 : Enseignement, culture et médias / Enseignement et recherche / Grundschulen
print
Schulreformen und -modelle
Die Aargauer Regierung gab den Startschuss für die Projektarbeiten an der Strukturreform der Volksschule. Die Stimmberechtigten stimmten einer ersten Etappe der Revision des Schulgesetzes und damit unter anderem der Einführung der Fünftagewoche, der Ermöglichung von Tagesschulen und Blockzeiten sowie dem individuellen Überspringen von Klassen für begabte Kinder zu [4]. In die zweite Vernehmlassung ging das neue Schulgesetz im Kanton Appenzell Ausserrhoden. Das total revidierte Gesetz sieht ein einjähriges Kindergartenobligatorium, nur noch pauschale Betriebskostenbeiträge des Staats im Volksschulbereich, einen grösseren Spielraum der Gemeinden bei der Lehrerentlöhnung und die Beibehaltung des Mindestschulpflichtalters bei acht Jahren sowie des Rechtsanspruchs von zehn Jahren vor [5]. In Solothurn stimmte die Bevölkerung einer Änderung des Volksschulgesetzes und damit der Einführung eines obligatorischen Angebots für zwei Jahre Kindergartenunterricht zu. Die Gesetzesänderung kam den Forderungen der 1995 lancierten Kindergarten-Initiative “zwöi Johr bruchts” nach [6].
Das 1993 in den Kantonen Jura, Waadt und Wallis eingeführte Lehrmittel “Objectiv Grandir”, das die Eigenständigkeit der Schülerinnen und Schüler fördern soll, stiess auf wachsende Kritik. Das Projekt war angesichts der neuen Herausforderungen, die mit Drogenkonsum, Gewalt, zerrütteten Familien etc. auf die Schulen zukommen, eingeführt worden. Kritiker des Lehrmittels, die ihm eine familienfeindliche Haltung vorwerfen, stiessen sich insbesondere am “magischen Kreis”. Diese Methode schlägt vor, die Schülerinnen und Schüler regelmässig und stark ritualisiert in einem kleinen Kreis zu versammeln, wo sie ihre Erfahrungen und Probleme vortragen können. Der “magische Kreis” wird in einen deutlichen Gegensatz zu den davon ausgeschlossenen Eltern gesetzt. Nachdem das Wallis und das Waadtland im Herbst das Projekt “Objectiv Grandir” definitiv eingestellt hatten, fand die umstrittene Unterrichtsmethode nur noch in Neuenburg und im Jura Anwendung [7].
Zu den rund 20 Schulen, die seit Sommer 1997 am Zürcher Projekt “Teilautonome Volksschule” beteiligt sind, stiessen nach den Sommerferien weitere 27 Schulen. Das Projekt, welches Kompetenzen vom Kanton an die einzelnen Schulen delegiert, wurde nach den ersten Ergebnissen einer begleitenden Evaluation positiv bewertet. Vorerst übernahmen es die Schulen, selbständig über Stundenpläne, die Unterrichtsgestaltung und die Schulorganisation zu befinden. Später soll auch die finanzielle Autonomie dazukommen. Mit dem Start des Pilotprojekts “Globalsteuerung Volksschule” auf Beginn des Schuljahres 1998/99 erprobten auch im Kanton Bern zehn Schulen die Teilautonomie [8].
 
[4] AZ, 8.6., 9.6. und 16.10.98.4
[5] SGT, 28.10.98.5
[6] SZ, 5.3., 8.6. und 30.11.98. Vgl. SPJ 1995, S. 337.6
[7] LT, 15.9. und 17.9.98; Presse vom 7.11. und 10.11.98; 24 Heures, 21.11.98.7
[8] TA, 4.7.98; Bund, 15.8.98; Presse vom 20.8.98; NZZ, 6.10.98. Vgl. SPJ 1997, S. 305 f.8