Année politique Suisse 1998 : Enseignement, culture et médias / Enseignement et recherche / Grundschulen
Sparen war auch im Erziehungsbereich kein Tabu mehr. In zahlreichen Kantonen wurden Stellen eingespart, Löhne gekürzt oder eingefroren, Lehrpensen und Klassenbestände erhöht. Im Kanton
Luzern schloss das Parlament die erste Lesung des neuen Volksschulbildungsgesetzes – Bestandteil der Totalrevision des Erziehungsgesetzes – ab und entschied sich äusserst knapp für einen von der Regierung vorgeschlagenen Systemwechsel im Bereich der kantonalen Beitragsleistungen. Gemäss neuem System leistet der Kanton seine Beiträge an die Betriebskosten des kommunalen Volksschulangebots entsprechend der Anzahl Schülerinnen und Schüler (Pro-Kopf-Beiträge) und nicht mehr entsprechend den Lehrerlöhnen. Der Systemwechsel war kontrovers diskutiert und von etlichen, mehrheitlich der linken Ratshälfte zugehörigen Parlamentariern als Übergang zu einem Zweiklassensystem bei der Volksschule kritisiert worden, da finanzschwache Gemeinden zur Einführung grösserer Klassenbestände veranlasst würden
[9]. Im Kanton
St. Gallen lehnten es die Stimmberechtigten ab, die Kantonsbeiträge für das freiwillige 10. Schuljahr zu streichen, erklärten sich aber mit der Kürzung der Beiträge an Amortisationslasten der Volksschulen und Lehrerbesoldungen sowie mit der Einführung einer Prüfungsgebühr an Mittelschulen für Matura- und Diplomprüfungen einverstanden
[10]. Im Kanton
Waadt provozierte der Entscheid des bürgerlich dominierten Regierungsrats, kurz vor Beginn des neuen Schuljahres auf 14 der 57 von der sozialdemokratischen Schuldirektorin Francine Jeanprêtre geforderten zusätzlichen Primarschulkassen zu verzichten, beinahe eine Regierungskrise sowie den Unmut der betroffenen Eltern und Lehrkräfte
[11]. Herzstück der
baselstädtischen Sparanstrengungen war eine vom Erziehungsrat beschlossene fünfprozentige Kürzung des Lektionendaches pro Schüler. Weil damit aber die Sparvorgaben der Finanzplanung “Haushalt 2000” noch nicht erfüllt waren, beschlossen Regierung sowie Parlament die Anhebung der Pflichtstundenzahl für Lehrkräfte um eine Stunde pro Woche. Die Stimmberechtigten lehnten ein gegen diese Massnahme ergriffenes Referendum ab
[12]. Im Kanton
Bern stiess die Einführung von Schulgebühren auf der Sekundarstufe II in der Vernehmlassung insbesondere bei den Fraktionen der FDP und der SP auf Ablehnung
[13]. Die
Thurgauer Regierung gab einen Gesetzesentwurf in die Vernehmlassung, mit welchem statt einer garantierten Kostendeckung neu ein System mit Schülerpauschalen für Sparanreize in den Schulgemeinden sorgen soll
[14]. Die Regierung des Kantons
Solothurn schliesslich legte einen Massnahmenkatalog zur Sanierung der Kantonsfinanzen vor, der in vielen Punkten auch die Schulen betraf. Die Stimmberechtigten lehnten die Einführung von Freikursgebühren sowie von Schulgeldern für die nachobligatorische Schulzeit ab, befürworteten hingegen die Streichung des Studienurlaubs der Volksschullehrer und die Erhöhung der Lehrerpensen für den Unterricht an den ersten drei Klassen des Gymnasiums
[15].
Im Zuge der Neugestaltung der
Lehrerbildung und des Aufbaus kantonaler und interkantonaler
Pädagogischer Hochschulen (Tertiärisierung) kamen etliche Kantone der Vereinheitlichung der Lehrerausbildung näher. Die Bündner Stimmberechtigten nahmen im September ein entsprechendes Gesetz an. Die von den Regierungen der Kantone St. Gallen und Zürich in die Vernehmlassung geschickten Grundlagen für je eine eigene Pädagogische Hochschule ernteten mehrheitlich positive Kritik und wurden den Parlamenten vorgelegt.
Widerstände gegen die geforderte Auflösung der Seminare zugunsten der Pädagogischen Hochschulen blieben aber bestehen – so im Kanton Luzern, wo eine Volksinitiative “für eine massvolle und kostengünstige Reform der Primarlehrerinnen- und Primarlehrerausbildung” zustande kam, die auf den Erhalt der Seminare abzielt
[16]. Eine einheitliche Politik bezüglich der Lehrerausbildung scheiterte in der Romandie aufgrund der Absage Freiburgs an eine Zusammenarbeit mit BEJUNE, einem im März geschaffenen Verbund der Kantone Bern, Jura und Neuenburg im Bereich der Pädagogischen Hochschulen
[17].