Année politique Suisse 1999 : Eléments du système politique / Elections
 
Eidgenössische Wahlen
Für die detaillierten Resultate siehe die Tabellen im Anhang (anhang_1999.pdf).
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Überblick
Der Ausgang der Eidgenössischen Wahlen 1999 stand ganz im Zeichen der SVP, die einen Erdrutschsieg verzeichnen konnte. Mit einem Anstieg des Wählerstimmenanteils von 14,9% auf 22,5% avancierte sie zur wählerstärksten Partei. Seit der Einführung der Proporzwahlen im Jahre 1919 hatte noch keine Partei eine solche Steigerung zu erzielen vermocht. Die SVP überholte damit sogar die stabil gebliebene SP (22,5%).Die beiden anderen Bundesratsparteien büssten 0,3% (FDP) resp. 0,9% (CVP) Wähleranteile ein. Unter dem Sieg der SVP hatten aber in erster Linie die kleinen Rechtsaussenparteien FP und SD zu leiden. Die FP kann mit einem Einbruch von 4% auf 0,9% als eigentliche Wahlverliererin bezeichnet werden. Sie hat dabei alle sieben bisherigen Sitze im Nationalrat verloren. Zwei davon hatte sie allerdings schon vor den Wahlen durch Übertritte zur SVP eingebüsst. Der Frauenanteil im Nationalrat nahm im Vergleich zu den Wahlen 1995 von 21,5% auf 23,5% zu [1].
Nach den zweiten Wahlgängen standen Ende November auch die letzten Resultate für den Ständerat fest. 20 der 40 zu bestimmenden Sitze wurden durch neue Köpfe besetzt. Die Kantone Graubünden, Zug, Appenzell-Innerrhoden und Obwalden hatten ihre Vertretungen bereits früher bestimmt. 17 Ehemalige waren nicht mehr zur Wiederwahl angetreten und drei Ständeräte – alle aus der Romandie – wurden nicht bestätigt. Parteipolitisch hat sich die Zusammensetzung nicht grundlegend verändert. Grosse Verliererin war die LP, die ihre Mandate in Neuenburg und in der Waadt an die Sozialdemokraten abtreten musste. Auf der anderen Seite gewann die SVP zwei weitere Mandate und baute so ihre Vertretung auf sieben Sitze aus. Die FDP legte einen Sitz zu und blieb stärkste Kraft im Rat. Die SP (6) konnte ebenfalls um einen Sitz zulegen; die CVP verlor einen Sitz und nimmt neu mit 15 Ständeräten im Rat Einsitz. Die Regierungsparteien tagen im neuen Ständerat unter sich. Die Frauen konnten im Vergleich zu 1995 um ein Mandat auf neun Sitze zulegen [2].
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Rücktritte
46 amtierende Nationalräte und 17 Ständeräte sind auf Legislaturende aus ihrem Rat ausgetreten. Unter den 46 zurücktretenden Nationalräten versuchten sechs den Übertritt in den Ständerat: Comby (fdp, VS), Dettling (fdp, VS), Epiney (cvp, VS), Gros (lp, GE), Hafner (sp, SH) und Schmid (svp, BE). Bei den Bundesratsparteien hatten die SP und die FDP je neun, die CVP zwölf und die SVP fünf Rücktritte zu verzeichnen. Bei den kleineren Parteien verzichteten insgesamt fünf Personen auf eine Wiederwahl: ein Grüner, zwei FP-Politiker, ein LdU-Mitglied und ein Schweizer Demokrat. Aus dem Ständerat traten sechs FDP-Politiker, sieben der CVP, drei der SVP und einer der SP zurück. Die Rücktrittsquote im Nationalrat blieb im Vergleich zu den Wahlen 1995 unverändert auf 24%. Im Ständerat betrug sie 37%. Bei den Frauen fiel die Rücktrittsquote etwas geringer aus. Von den 45 amtierenden Nationalrätinnen demissionierten deren acht (18%), den Ständerat verliess Rosemarie Simmen (sp, SO) als einzige von sieben Amtsinhaberinnen. Zahlreiche prominente Politiker hatten ihren Rücktritt eingereicht; darunter Bonny (fdp, BE), Carobbio (sp, TI), Iten (cvp, ZG), Mühlemann (fdp, TG), Onken (sp, TG), Rhinow (fdp, BL), Stamm (cvp, LU), FDP-Vizepräsident Tschopp (GE), Uhlmann (svp, TG) und Zimmerli (svp, BE) [3].
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Kandidaturen und Listen
Für die Gesamterneuerungswahlen im Parlament stellten sich rund 3000 Kandidatinnen und Kandidaten zur Verfügung. Für die Nationalratswahlen der Proporzkantone [4] wurden insgesamt 2845 (1995: 2834) Anwärterinnen und Anwärter portiert. Bei den Kandidatenzahlen verzeichnete Bern einen markanten Rückgang um 140 Personen; hingegen traten in Zürich 87 Kandidaten mehr an als noch vor vier Jahren. Rund ein Drittel der zur Wahl Stehenden rekrutierte sich aus den Kantonsparlamenten und Kantonsregierungen. Unter den Kandidierenden waren auch 20 Achtzehnjährige. Der älteste Kandidat zählte 90 Jahre und liess sich auf der Zürcher Seniorenliste aufstellen. Das Durchschnittsalter aller Kandidierenden lag bei rund 43 Jahren. Ebenfalls aufstellen liessen sich sechs Auslandschweizerinnen und -schweizer; 26 Personen traten in einem anderen als ihrem Wohnsitzkanton an; der bekannteste davon war der 65jährige Genfer SP-Nationalrat Ziegler, der für die Zürcher Jungsozialisten antrat.
Beinahe in allen Kantonen wurden in diesem Jahr weniger Listen eingereicht als vor vier Jahren. Der stärkste Rückgang vollzog sich im Kanton Bern (-7). Deutlich zugelegt hat dagegen die Listenzahl im Jura (+6); in den Kantonen Solothurn, Wallis und Thurgau wurden jeweils drei Listen mehr eingereicht als noch vor vier Jahren. Insgesamt sank die Listenzahl von 278 Listen im Jahr 1995 auf 268 Listen. Am meisten Listen aufgestellt hatten die SP (39) und die FDP (37). Beide Parteien traten in allen 21 Proporzkantonen an. Die SVP, die vor vier Jahren erst in 16 Kantonen mit Listen präsent war, weitete ihr Engagement auf 20 Kantone aus, allein in Neuenburg traten sie nicht zu den Wahlen an. Die CVP verzichtete auf Kandidaturen in Appenzell-Ausserrhoden, Neuenburg und Schaffhausen. Die Grünen gingen in 13 Kantonen an den Start. In Basel-Stadt, Graubünden und Freiburg waren sie ausserdem auf gemischten Listen anzutreffen. Die SD beschränkten sich auf elf, FP und EVP auf je acht Kantone. Mit der grösseren Listenvielfalt in verschiedenen Kantonen ist auch die Zunahme der Listenverbindungen auf 63 (1995: 56) einfache Verbindungen und 42 (1995: 40) Unterverbindungen zu erklären [5].
983 der Kandidierenden waren Frauen, was einem Anteil von 34,5% entsprach. 1995 erreichte der Frauenanteil 34,9% und war damit unwesentlich höher ausgefallen. Dem grossen Zuwachs an Frauenkandidaturen in den Kantonen Schwyz (+11%) und Baselland (+8%) standen markante Rückgänge in Graubünden (-15%), Luzern (-14%), Solothurn (-7%), Zug und Basel-Stadt (je -6%) gegenüber. Unter den Parteien wiesen die Grünen mit 50,0% die meisten Frauenkandidaturen auf, gefolgt von SP (46,7%), PdA (40,5%), EVP (36,8%), CVP (34,3%), FDP (31,1%), SVP (22,3%), LP (29,8%), SD (24,2%) und schliesslich der Freiheitspartei mit 19,8%. Nationalrätin Franziska Teuscher (gp, BE) hatte in der Frühjahrssession mit einer dringenden Anfrage an den Bundesrat auf die Problematik der Untervertretung von Frauen im Parlament aufmerksam gemacht. In der Wahlanleitung für Kandidierende wurden unter der Federführung des eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann Empfehlungen im Hinblick auf eine Förderung von Frauen bei den Wahlen abgegeben. Auch der "Leitfaden für kandidierende Gruppierungen" der Bundeskanzlei sowie das Kreisschreiben des Bundesrates an die Kantone enthielt solche Empfehlungen [6].
Wie bereits vor vier Jahren trat die linken und grünen Parteien bei den diesjährigen Wahlen geschlossener auf als die Bürgerlichen. Konsequent verbanden SP und Grüne ihre Listen; erweitert wurden die Listenverbindungen in beiden Basel, in Zürich und der lateinischen Schweiz mit PdA, Solidarités oder Alternative. In Zug vereinten sich SP und links-alternative Kräfte auf derselben Liste, während es in Freiburg zu einer Links-Mitte-Allianz zwischen SP, CSP, DSP und Indépendant-Solidarité kam. FDP, CVP und SVP verbanden ihre Listen in den Kantonen Aargau, Baselland und Graubünden, im Thurgau wurde die EVP und in der Waadt die LP zusätzlich in das Wahlbündnis aufgenommen. Zwischen FDP und SVP kam es ausserdem in den Kantonen Bern, Jura und Schaffhausen, zwischen FDP und CVP in den Kantonen Basel-Stadt, Freiburg, Genf und St. Gallen zu Allianzen. Wie bereits vor vier Jahren lehnte die FDP im Kanton Zürich eine Listenverbindung mit der SVP ab. In Bern, Luzern und Zürich schloss sich die CVP mit kleineren Mitte-Parteien (LdU, EVP und CSP) zusammen, hingegen gingen im Wallis Christlichdemokraten und Christlichsoziale, die beide zur CVP gehören, für einmal getrennte Wege. Im Tessin suchte die SVP die Nähe zur Lega, in Zug verband sie sich mit den Unabhängigen Senioren, in Zürich zusätzlich mit der Freiheitspartei. Zu LdU-EVP-Listenverbindungen kam es in Zürich und im Aargau, wo sie ausserdem mit CVP und Europa-Partei resp. mit der EDU zusammenspannten. Die EVP verband sich in Basel-Stadt mit der DSP. Bei den kleinen Rechtsaussenparteien ging die FP, sofern sie nicht mit der SVP verbunden war, mit den SD ein Wahlbündnis ein. Die EDU zog teils mit LdU und EVP (AG, ZH) teils mit kleineren Rechtsbewegungen in den Wahlkampf – so in Bern (mit der „Neuen Liste“), St. Gallen (mit FP und SD) und im Thurgau (mit FP, SD, KVP und KMU) [7].
Im Frühjahr wurde im Nationalrat eine Motion Alder (sp, SG) behandelt, die bei einem Parteiwechsel eines Parlamentariers die Rückgabe des Mandats an die ursprüngliche Wahlliste forderte. Dies hätte zur Folge, dass ein Mitglied nach einem Parteiaustritt aus dem Rat ausscheiden würde. Seit 1995 hatten drei Mitglieder des Nationalrates die Partei- resp. Fraktionsfarbe gewechselt. Die jüngsten Beispiele Giezendanner (svp, AG) und Borer (svp, SO) verursachten der FP durch ihren Übertritt in die SVP zwei Mandatsverluste. Der Bundesrat vertrat die Auffassung, die Kandidatenstimmen seien in aller Regel wesentlich und führten letztlich auch im Proporzwahlsystem zum Mandatsgewinn der Partei. Das Parlament folgte dem Antrag des Bundesrates und wies die Motion mit 71 gegen 12 Stimmen zurück [8].
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Wahlkampf
Die meisten Parteien und auch viele Kandidierende waren mit einer Homepage im Internet vertreten. Das Interesse am neuen Wahlkampfmedium schien aber in der Bevölkerung noch nicht grosse Kreise zu betreffen. Beobachter konstatierten im Wahlkampf einen Trend in Richtung Personalisierung und Entideologisierung. Auffällig war auch das Bestreben der Parteien, ihre Delegiertenversammlungen zu den Wahlplattformen als sogenannte Events mit telegenen Elementen zu gestalten [9].
Im Wahljahr 99 warteten die Parteien mit einer ganzen Reihe von Volksinitiativen auf. Mit einer Volksinitiative können Parteien gezielt ein agenda setting betreiben, überdies haben Kandidatinnen und Kandidaten die Gelegenheit, beim Unterschriftensammeln direkt mit der Bevölkerung in Kontakt zu treten. Die SP hat noch vor dem Sommer die Unterschriften für ihre Volksinitiative "Gesundheit muss bezahlbar bleiben" zusammengebracht. Die FDP lancierte eine Steuerstopp-Initiative, die Sozialdemokraten warteten mit Vorschlägen zur 35-Stunden-Woche und zu einer Kapitalgewinnsteuer auf. Die SVP startete mit der Unterschriftensammlung für eine Verschärfung des Asylrechts und für den Übertrag überflüssiger Goldreserven der Nationalbank in den AHV-Ausgleichsfonds [10].
Die Demoskopie hatte auch in diesem Wahljahr Hochkonjunktur. In sechs Wellen liess die SRG das Auf und Ab in den Wählerpräferenzen laufend untersuchen. Aber auch die Sonntagspresse und weitere Medien versuchten über den Sommer hinweg mehrmals den Wählerwillen festzustellen. Bei aller Ungenauigkeit derartiger Momentaufnahmen wurden die deutlichen Gewinne der SVP richtig vorausgesagt [11].
Die Parteien liessen sich gemäss einer Schätzung den Wahlkampf rund 17,5 Mio Franken kosten. Die Kosten für Plakate, Wahlprospekte und übriges Werbematerial wurden dabei nicht erhoben. Mit 4,7 Mio griff die SVP am tiefsten in die Kasse, gefolgt von der FDP mit 4,4 Mio. Unter den zehn Kandidierenden mit den grössten persönlichen Wahlkampfauslagen schafften nur vier den Sprung ins Parlament [12].
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Wahlplattformen der Parteien
In der Presse wurde bereits im Januar versucht, einige Tendenzen des Wahljahres vorwegzunehmen. Das rot-grüne Lager gab sich sehr optimistisch. Die SP wollte sich auf den 1995 erzielten Sitzgewinnen nicht ausruhen. Ihr Ziel war es, ihre Position als stärkste Fraktion zu halten und den Wähleranteil auf 25% zu steigern. Die Grünen strebten laut Parteipräsident Baumann einen Rückgewinn der sechs vor vier Jahren verlorenen Nationalratsmandate an. Die CVP setzte sich zum Ziel, im Zweikampf gegen die SVP den Sieg davonzutragen. Die SVP gab sich zurückhaltend. Laut Generalsekretär Baltisser stehe die grosse Aufgabe an, die 1995 neu dazugewonnene Basis in jenen Kantonen, wo die SVP noch keine Tradition habe, zu halten. FDP-Generalsekretär Matyassy forderte einen höheren Wähleranteil als 1995 und darüber hinaus wollte er die SP/PdA-Fraktion im Bundeshaus überflügeln. Bei den kleinen Parteien wollte die LP ihren Rückschlag von 1995 wieder wettmachen, die FP die – nach dem Übertritt von Giezendanner (AG) und Borer (SO) zur SVP – verbleibenden fünf Nationalratssitze und damit die Fraktionsstärke verteidigen [13].
Der SVP und SP wurden von Wahlbeobachtern bereits im Sommer Zugewinne prophezeit. Beide würden die Splittergruppierungen am rechten und am linken Rand zunehmend einverleiben. Der Wahlkampf der SVP bewege sich hauptsächlich in Themen, die sehr stark mit der SD und der FP konnotiert seien. Grüne und Alternative, wie auch feministische Gruppierungen sähen sich in der Wertediskussion in der Konkurrenz zur SP. Das Doppelspiel des Regierens und Opponierens würde sich für die SP und die SVP deshalb doppelt auszahlen. FDP und CVP hätten dagegen Mühe, ihre eigene politische Linie zu finden und verlören an Profil. Die staatstragende Funktion allein sei im Wahlkampf nicht geeignet, die Bindung der bisherigen Wähler an die Partei zu stärken und zudem neue zu gewinnen [14].
Die Parteileitung der SP kündigte am Wahlparteitag Anfangs September an, in den auf die Wahlen folgenden Gesprächen mit den Christlichdemokraten und den Freisinnigen Forderungen zu stellen, die wenig Kompromisspotential enthalten würden: AHV ab 62, Mutterschaftsversicherung, Mindesteinkommen, fixer Termin für eine EU-Beitritts-Abstimmung. Mit 180 zu 46 Stimmen sprach sich die Delegiertenversammlung für den politischen Kurs der Geschäftsleitung aus und hiess den Vorschlag gut, nach den Wahlen mit "konstruktiven politischen Kräften" zu verhandeln. Parteipräsidentin Koch proklamierte, die SP sei die einzige Alternative zur SVP, solange FDP und CVP keine Farbe bekennen würden. Diese beiden Parteien müssten sich zwischen einem rechtsnationalen und einem linksliberalen Regierungsstil entscheiden. Unter dem Stichwort "Blocher bashing" forderte sie die Delegierten zu einem energischen Wahlkampf gegen die SVP auf. Die SP verabschiedete ihre Wahlplattform ohne nennenswerte Gegenstimmen. Der Antrag der Juso, die Abschaffung der Armee ins Papier aufzunehmen, konnte sich nicht durchsetzen. In Inseraten zog die Parteipräsidentin gegen die "Täuschungen der SVP" ins Feld und warb mit dem Wahlkampfslogan "Sozial. Weltoffen. Natürlich SP" für ihre Partei [15].
Die FDP wollte sich im Wahljahr als Motor der Erneuerung profilieren. Die Partei verabschiedete Ende August ihre Wahlplattform mit dem Slogan "Sicherheit durch Erneuerung" und knüpfte an das in der „Vision 2007“ enthaltene Bekenntnis zu einer liberalen Modernisierung an. Nach amerikanischer Manier wurde zum "Wahl-Kickoff" die Halle in Freiburg mit Ballonen in den Parteifarben geschmückt. Über eine grosse Leinwand wurde das Geschehen in Übergrösse projiziert. Der bekannte Fernseh-Moderator Filippo Leutenegger leitete eine Gesprächsrunde zum Thema Wirtschaft und Freisinn; Bundesrat Couchepin vergab goldene KMU-Oskars an innovative Unternehmerinnen und Unternehmer. Die FDP sah ihren Feind für die Wahlen für einmal nicht in der SP sondern in der SVP und deren "politischen Fundamentalismus", wie Parteipräsident Steinegger ausführte. Der traditionelle Konflikt zwischen Links und Rechts bestehe zwar weiterhin in Fragen der Umverteilung und in der Auffassung von der Rolle des Staates. In Fragen der Aussenpolitik und der Sicherheit sei dieses Konfliktmuster hingegen überholt. Das Programm umfasste einen Forderungskatalog mit vier Schwerpunkten. Eine Reihe wirtschaftspolitischer Postulate wurde unter dem Titel "Mehr Arbeit ermöglichen" subsumiert. Die Lohnabgaben sollen gesenkt und die berufliche Weiterbildung durch eine Bildungsoffensive unterstützt werden. Im zweiten Schwerpunkt kündigten die Freisinnigen den Aufbruch in der Finanz- und Sozialpolitik an. Die Einführung einer bescheidenen ökologischen Steuerreform wurde begrüsst, sollte aber vollständig durch verminderte Lohnprozente aufgefangen werden. Die FDP sprach sich dezidiert gegen einen weiteren Ausbau der Sozialwerke aus; es soll mehr auf die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger abgestellt werden. Die letzten beiden Schwerpunkte widmeten sich der Asyl- und Aussenpolitik, insbesondere der internationalen Kooperation. Das Asylverfahren soll weiter gestrafft und die Integrationsbemühungen der Schweiz in internationalen Gemeinschaften wie die UNO sowie in wirtschaftspolitische und europäische Organisationen verstärkt werden. Im Spätsommer lancierte die FDP eine Volksinitiative, die ein Steuermoratorium für sieben Jahre verlangt. Ebenfalls beschlossen wurde eine Petition für eine "kinder- und elternfreundliche Grundschule" [16].
Der CVP-Wahlparteitag anfangs Juli in Hergiswil (NW) wurde ebenfalls nach amerikanischen Vorbildern organisiert. Die Veranstaltung diente weniger einer inhaltlichen Diskussion der Wahlkampfthemen als vielmehr einer Motivierung für Kandidatinnen und Kandidaten. Emotionale Reden wurden umrahmt mit Showeinlagen sowie Pop- und Volksmusik-Darbietungen. Die neuen Bundesräte Metzler und Deiss wurden als Hoffnungsträger besonders prominent ins Bild gesetzt. Schwerpunkte der Ansprachen bildeten die Verbesserung der Beziehungen mit der EU (Bundesrat Deiss), ein wirksames Vorgehen gegen illegale Einwanderer (Bundesrätin Metzler), die Aufforderung zur Stärkung des „Wir-Gefühls“ und Angriffe gegen die „Neinsager und Querulanten“ in den Reihen der SVP (Parteipräsident Durrer) und die Formulierung des Wahlziels „Dritte Kraft im Lande“ (Brigitte Hauser). Einige Wochen vor den Wahlen propagierte die CVP in seitengrossen Inseraten ihre Wahlbekenntnisse für eine zukunftsgerichtete Zusammenarbeit mit der EU und für eine „vorurteilsfreie Flüchtlingspolitik“. Wiederum wurden die Bundesräte Metzler und Deiss sowie Parteipräsident Durrer als Zugpferde ins Bild gesetzt [17].
Bereits im Januar eröffnete die SVP in Reconvillier (BE) ihren Wahlkampf mit einem Programmparteitag. Die Delegierten bekräftigten ihre Ablehnung eines EU-Beitritts. Weniger absolut formulierte Gegenanträge hatten in der Versammlung keine Chance. Zwischen Berner und Zürcher Delegierten kam es während der Verhandlung zu einigen Wortgefechten. Die Delegierten sprachen sich im weiteren gegen eine Bewaffnung schweizerischer Armeeangehöriger im Auslandeinsatz und gegen einen zukünftigen Beitritt der Schweiz zur UNO aus. In der Ausländerpolitik wurde eine härtere Gangart festgelegt. Gegen den Vorschlag des Vorstandes, den Passus "wirksame Massnahmen zur effektiven Stabilisierung der ausländischen Bevölkerung" ins Programm aufzunehmen wurde der von Nationalrat Hans Fehr (ZH) eingebrachte konkretere Antrag einer Stabilisierung "auf dem Niveau von Ende 1998" gutgeheissen. Ende Juli schürte die Partei mit einer Inseratekampagne landesweite Empörung. Das Plakat zeigte einen Mann mit kantigem Gesicht, der eine Schweizer Fahne zerreist. Die Darstellung erinnerte an das "Messerstecher-Plakat" der Partei aus dem Jahre 1997 und visualisierte den Gedanken des Asylrechtsmissbrauchs durch Kriminelle. Mehrere Kantonalsektionen distanzierten sich in der Folge von der Darstellung. In den Kantonen Waadt und Tessin wurde gegen das Plakat Strafanzeige eingereicht. Die Staatsanwälte beider Kantone beurteilten jedoch die Voraussetzungen für eine Anklage nach der Rassismusstrafnorm als nicht erfüllt [18].
Für parteiinterne Aufregung sorgte ein von seiner Kantonalsektion nicht nominiertes Mitglied der Berner SVP. Der Landwirt Werner Salzmann hatte eine eigene Liste mit der Bezeichnung "SVP-Neue Liste" bei der Staatskanzlei eingereicht. Laut Salzmann, sollte diese Liste eine Option für all jene Wählerinnen und Wähler darstellen, die auch im Kanton Bern der Zürcher Ausprägung der Partei ihre Stimme geben möchten. Nach einer Beschwerde der Berner SVP musste Salzmann die Bezeichnung SVP streichen [19].
Ende August präsentierte die SVP ihre finanzpolitischen Vorgaben für den Wahlkampf. Im Unterschied zu den bürgerlichen Regierungspartnern FDP und CVP verfolgte die Partei eine Doppelstrategie: Sie forderte Steuersenkungen und gleichzeitig die Reduktion der Staatsausgaben. Am letzten Parteitag vor den Wahlen in Sempach wurde die Forderung nachgereicht, die direkte Bundessteuer binnen zwei Jahren um 10% zu senken. Parallel dazu sollen beim Bund Sparmassnahmen in der Höhe von einer Milliarde umgesetzt werden. Gleichzeitig forderte die SVP vom Staat zusätzliche Massnahmen im Bereich der inneren Sicherheit [20].
Die LP unterstrich gegenüber der FDP und der CVP ihre Gradlinigkeit und Prinzipientreue, gegenüber der SVP ihr Bekenntnis zu Europa und ihr Engagement für eine humanitäre Asylpolitik. Eine eigentliche Wahlplattform wurde nicht erstellt [21].
Das Wahlkampfprogramm der Grünen für die nationalen Wahlen wurde bereits im Mai an der Genfer Delegiertenversammlung diskutiert. Darin bekräftigten die Grünen ihre bekannten Positionen: EU- und UNO-Beitritt, ökologische Steuerreform und Ausstieg aus der Atomkraft bis 2014, keine Zulassung gentechnologisch veränderter Lebensmittel sowie neue Ergänzungsleistungen für Kinder und Erwerbslose [22].
An einer Pressekonferenz Ende Juli verkündete Parteipräsident Schaller, der Landesring der Unabhängigen (LdU) bestreite den Wahlkampf unter der Bezeichnung "Liste der Unabhängigen". Auch ein neues blaues Logo mit dem Schriftzug "Neugeboren und unbequem" wurde vorgestellt. Die Partei trat ihren Wahlkampf mit vier Schwerpunkten an. Sie forderte unter dem Stichwort "Mehr Lebensqualität" die Schaffung einer Ombudsstelle für Umweltfragen und eine ökologische Steuerreform. Mit dem Stichwort "Gleiche Chancen" trat sie für ein zeitgemässes Bildungssystem ein, welches den Wechsel zwischen theoretischer Bildung und praktischer Arbeit zulasse. Die beiden andern Schwerpunkte waren mehr Wettbewerb in der Wirtschaft und eine steuerliche Entlastung des Mittelstandes. In den Medien erschien die Partei mit anklägerischen Inseraten gegen den "Filz" in Bern [23].
Die EVP vertrete laut Vizepräsident Roland Bialek eine "Politik der Mitte" im Sinne von Brüderlichkeit und versuche damit den Konflikt zwischen Liberalismus und Sozialismus, zwischen Freiheit und Gleichheit aufzuweichen. Sie sei ausserdem bestrebt, Gerechtigkeitslücken in vielen Bereichen des politischen und wirtschaftlichen Lebens zu stopfen und opponiere gegen "zu weit gegangene Liberalisierungen" [24]. PdA-Präsidentin Christiane Jaquet-Berger sprach sich am nationalen Kongress in Le Locle gegen eine Politik der Kompromisssuche an „runden Tischen“ aus, und kritisierte damit die SP, die sich aus ihrer Sicht viel zu anpasserisch verhalte [25]. Das FP-Wahlprogramm umfasste vier Stossrichtungen. „Für freien Individualverkehr“, „Asylpolitik – Grenze zu!“, „für Ruhe, Ordnung und Sicherheit“ sowie „für gesicherte Sozialwerke“ [26]. Im Parteiprogramm der SD wurde weiterhin vehement die Position gegen einen Beitritt der Schweiz zur EU vertreten. Noch vor den Wahlen hatte das Präsidium das Referendum gegen die bilateralen Verträge angekündigt. Die SD waren auch der Meinung, dass in der Asylpolitik viel zu nachsichtig verfahren werde. Die Rezepte der SD für eine Schweiz im neuen Jahrtausend lauten denn auch "Stopp der zerstörerischen Einwanderung, Überfremdung und Übervölkerung unserer Heimat" oder "Schluss mit der schleichenden Internationalisierung unseres Landes" [27].
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Wahlkampfthemen
Die CVP versuchte mit dem Schlagwort Sicherheit die Emotionen zu wecken. Intern umstritten war eine Plakatserie der Partei, die zu Themen wie Asylpolitik linke und rechte Extremaussagen gegenüberstellte. Ziel der Aktion war es, der Bevölkerung die Position der Mitte näherzubringen. Die FDP nahm sich ebenfalls der Sicherheits-Thematik an und lancierte eine Kampagne unter dem Motto "Sicherheit durch Erneuerung". Beide bürgerlichen Parteien wollten sich mit Begriffen, wie "Vernunft" und "Erneuerung" gegen rechts abgrenzen. Die SP stellte soziale Grundwerte ins Zentrum. Die SVP führte keine nationale sondern kantonale Kampagnen. Dabei stand meist die Neutralitätsfrage und die Asylpolitik im Vordergrund [28].
Laut einer SRG-Umfrage von Mitte Juni stand die Flüchtlingsproblematik – verstärkt durch den Krieg im Kosovo und den Abstimmungskampf um zwei Asylvorlagen – im Zentrum des Interesses der Wahlberechtigten. Die SVP machte sich diese Situation zu nutze und wetterte mit Schlagworten wie "Schlaraffenland für Asylmissbrauch" gegen die Asylpolitik des Bundes. Die Freisinnigen und Christlichdemokraten zogen nach und nahmen sich der Thematik ebenfalls an, nicht aber die SP. In der Westschweiz und im Tessin stand im Gegensatz zur Deutschschweiz das Thema der Arbeitslosigkeit und weniger die Asylproblematik an oberster Stelle [29].
In der Phase der anziehenden Konjunktur verstummten viele Grundsatzdebatten zwischen Linken und Bürgerlichen. Dagegen rückte ein Konflikt zwischen SVP und FDP in den Vordergrund. Die SVP hat mit Blick auf mögliche Wechselwähler die FDP in ihrer Steuerpolitik angegriffen. Während die FDP einen Steuerstopp und moderate Einsparungen im Sozialbereich vorschlug, forderte die SVP eine generelle Steuersenkung um 10 Prozent [30].
Ende August wurden in den Medien Stimmen laut, die bemängelten, dass Themen wie Europapolitik, Sicherung der Sozialwerke und ökologische Steuerreform bisher im Wahlkampf kaum in Erscheinung getreten waren [31].
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Wahlverhalten
Die Wahlbeteiligung betrug gesamtschweizerisch 43,4% gegenüber 42,2% vor vier Jahren. Die höchsten Wahlbeteiligungen wiesen die Kantone Schaffhausen (61,9%) und Zug (53,5%), die geringsten die Kantone Glarus (28,2%) und Waadt (31,5%) auf. Nach Landesteilen verzeichnete die Romandie die tiefste Beteiligung. Unterdurchschnittlich fiel die Wahlbeteiligung gemäss Nachbefragung bei jüngeren Personen, Frauen und Angehörigen der unteren Bildungs- und Einkommensgruppen sowie bei Französischsprachigen aus. Links- wie Rechtswähler haben sich gleich stark an der Wahlen beteiligt. Nichtwählende gaben als Grund am häufigsten an, die Kandidierenden kaum zu kennen [32].
Eine Studie zum Stimmverhalten der Wahlbevölkerung (selects) kam zum Schluss, dass die SVP in diesem Jahr stark von Wechselwählerinnen und -wählern profitieren konnte, und sie zudem für diejenigen, die sich vor vier Jahren nicht an der Wahl beteiligt hatten, besonders attraktiv war. Jede achte Person, die 1995 noch FDP gewählt hatte, gab in diesem Jahr ihre Stimme der SVP. Selten überschritten die Wechselwählenden jedoch die Links-Rechts-Barriere. Personen mit höherer Bildung und höherem Einkommen wählten doppelt so oft SP oder FDP als SVP und CVP. Diese beiden letzteren genossen bei den minder Gebildeten und in den unteren Einkommensschichten Rückhalt. Das Wahlverhalten nach Geschlechtern wies hingegen keine signifikanten Unterschiede auf. Bei der Wählerstruktur der Parteien gilt der Vorstoss der SVP in die katholische Bevölkerung als bedeutendster Prozess [33].
Die Fünfte Schweiz, die Auslandschweizer, konnten zum zweiten Mal an den Wahlen teilnehmen. Ihre Wahlbeteiligung ging im Vergleich zu 1995 zurück und erreichte rund 12,2%. In den Kantonen Luzern, Waadt und Genf wurden die Stimmen der Auslandschweizer separat ausgezählt. Hier stach die starke Unterstützung für die Grünen hervor. In Luzern beispielsweise kamen die Grünen auf einen Anteil von 17,5%. Auch in Genf (10,7%) und der Waadt (12,8%) lag der Rückhalt der Grünen bei eingeschriebenen Auslandschweizern deutlich über dem nationalen Durchschnitt (8,1%) [34].
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Resultate für den Nationalrat (nach Parteien)
Für die detaillierten Resultate siehe die Tabellen im Anhang (anhang_1999.pdf).
Die Wahlen standen im Zeichen des 1995 begonnen Widererstarkens der Bundesratsparteien, die in der neuen Legislatur insgesamt über einen Wähleranteil von 80,8% (1995: 73,7%) und 173 Nationalratsmandate verfügen. Bei der Verteilung von Restmandaten hatte die CVP Proporzglück, die SP im Gegensatz zu den Wahlen von 1995 Proporzpech. Die SVP konnte auf Kosten der kleinen Rechtsaussenparteien SD und FP viel Boden gutmachen und erreichte gleichauf mit der SP eine Parteienstärke von 22,5%. Für die SP war dies ein kleiner Schritt von 0,7% nach vorn; für die SVP ein gewaltiger Schritt von 7,6%. Für die SP, die 1987 ihr seit 1919 tiefstes Wahlergebnis von 18,4% erreicht hatte, bedeutete das Wahlergebnis 1999 eine Bestätigung des Wahlerfolgs von 1995, als sie um über 3% zulegen konnte. Ein Erfolg wie derjenige der SVP mit einem um 7,6 Prozentpunkte höheren Wählerstimmenanteil und 15 Sitzgewinnen war seit Einführung des Proporzsystems für die Nationalratswahlen im Jahr 1919 von keiner Partei erreicht worden.. Die SVP hat seit 1987 (11%) ihre Parteistärke mehr als verdoppelt und ist vom ehemaligen Juniorpartner im Bundesrat zur stärksten Bundesratspartei avanciert. Auch in der ausländischen Presse erzeugte der SVP-Sieg eine grosses Echo. Er wurde gemeinhin als Rechtsrutsch interpretiert und mit den Erfolgen von Haiders FPÖ in Österreich verglichen. Israelische Zeitungen vermuteten einen direkten Zusammenhang mit der in den Jahren vor der Wahl virulenten Debatte um nachrichtenlose Vermögen von Holocaust-Opfern in der Schweiz. In der Schweiz wurde dazu angemerkt, dass von einem Rechtsrutsch nur bedingt die Rede sein könne, da das Kräfteverhältnis zwischen der Linken und den Bürgerlichen stabil geblieben, und die Hälfte des Erfolgs der SVP auf die Niederlage der kleinen Rechtsaussenparteien zurückzuführen war [35].
Besonders deutlich waren die Avancen der SVP in St. Gallen, Appenzell-Ausserrhoden und Basel-Stadt – wo sie 1995 nicht angetreten war –, im Aargau und im Kanton Solothurn mit mehr als 10%. Stark ins Gewicht für die nationale Parteistärke fielen ferner die Zugewinne in den Kantonen Zürich (+8,0%) und Luzern (+8,6%). Die 15 Sitzgewinne der SVP (1995: 29, 1999: 44) erfolgten mit einer Ausnahme (Waadt) in den Deutschschweizer Kantonen. In Zürich konnte die Partei 4 Sitze dazu gewinnen und stellt neu 13 Nationalrätinnen und -räte. In St. Gallen erreichte sie zwei Sitzgewinne und in den Kantonen Luzern, Solothurn, Basel-Stadt, Graubünden, Thurgau und Waadt jeweils einen. Je ein zusätzliches Mandat im Aargau und in Solothurn hatte sie bereits während der vergangenen Legislatur von der FP durch Parteiübertritte geerbt. Trotz den teilweise beachtlichen Zugewinnen an Wählerstimmen in der lateinischen Schweiz, hatte die Partei von Christoph Blocher in diesen Landesteilen kein Proporzglück. Mit einem Mandatsgewinn in der Waadt stellt sie in der neuen Legislatur zwei welsche Ratsmitglieder.
Die SP gewann am deutlichsten in Appenzell-Ausserrhoden (+7,8%) und in Graubünden (+5,0%). Deutlich an Wählergunst verloren hat sie jedoch im Stadtkanton Genf (-10,0%) und in Zug (-10,1%). Die Sozialdemokraten mussten in Basel-Stadt, St. Gallen, Graubünden und Zug auf je einen Sitz verzichten, in Genf verloren sie gleich zwei von ehemals vier Sitzen. Hingegen konnte die SP in Zürich, Freiburg und im Kanton Wallis um je ein Mandat zulegen. Insgesamt verlor die SP drei Mandate gegenüber 1995 und ist neu mit 51 Mandaten in der grossen Kammer vertreten. Nachdem die Partei 1995 mit viel Proporzglück 14 Sitze dazugewonnen hatte, konnte sie ihre Vertretung in der grossen Kammer in diesem Jahr somit weitgehend konsolidieren [36].
Die beiden anderen Bundesratsparteien standen im Vergleich zu den Wahlen 1995 etwas weniger in der Wählergunst. Die FDP verlor 0,3% und erreichte 19,9% Parteistärke; die CVP verlor 0,9% und erreichte 15,9% Parteistärke. Die CVP musste somit seit den Wahlen 1979 kontinuierliche Rückschritte in Kauf nehmen und erzielte in diesem Jahr ihr schlechtestes Ergebnis seit 1919. Den freisinnigen Zugewinnen in Schaffhausen (+8,5%) standen Verluste in Neuenburg (-5,0%) und im Jura (-10,0%) gegenüber. Die FDP legte in den Kantonen Bern und Basel-Land um je ein Mandat zu, verlor allerdings in Luzern, im Tessin, im Wallis und im Kanton Neuenburg je ein Mandat. Im Nationalrat nehmen daher anstatt 45 nurmehr 43 Freisinnige ihren Platz ein.
Die Christlichdemokraten büssten in St. Gallen (-5,0%) am meisten Wählerstimmen ein. In den Kantonen Zürich, Bern, Aargau, Thurgau, Genf und Jura vermochten sie moderate Gewinne zu erzielen. Die CVP verlor einen ihrer drei Freiburger Sitze an die SP. Dagegen konnte sie im Aargau einen Sitz zulegen. Im Kanton Genf, wo sie bislang mit einem Mandat vertreten war, machte die CVP einen zusätzlichen Sitz. Sie baute ihr Kontingent für die grosse Kammer auf 35 Mandate aus (+1) [37].
Zu den grossen Verlierern der diesjährigen Wahlen zählten die rechten Oppositionsparteien FP und SD. Die EDU und die Lega konnten sich halten. Insgesamt verloren sie im Vergleich zu 1991, als sie mit 10,8% ihre grösste Parteienstärke erlangt hatten, ganze 6%. Umfragen zeigten, dass die verloren gegangenen Stimmen sich hauptsächlich bei der SVP wiederfanden. Die FP (1999: 0,9%), ehemals stärkste unter den kleinen Rechtsaussenparteien, brach bei den Wahlen regelrecht ein und verlor alle ihre bisherigen sieben Nationalratssitze sowie rund drei Viertel des Wähleranteils von 1995. Die SD verloren im Vergleich zu den letzten Wahlen 1,3% und erreichten 1,8%. Damit sind sie trotz des schlechten Wahlergebnisses neu die stärkste unter den kleinen Rechtsaussenparteien. Da sie ihre Sitze in Zürich und Baselland verloren haben, muss Parteisekretär Hess (BE) die Partei in der neuen Legislatur alleine im Parlament vertreten. EDU und Lega gingen beinahe unverändert aus dem Rennen. Die EDU konnte sich seit ihrer Gründung 1975 von Wahl zu Wahl geringfügig steigern und 1999 ihr Niveau auf 1,3% Parteienstärke bestätigen. Der Berner Sitz blieb der Partei erhalten. Im Tessin erlangte die Lega immerhin rund einen Fünftel aller Wählerstimmen. Mit Parteipräsident Bignasca konnte sie den vor vier Jahren verlorenen zweiten Sitz wieder zurückholen.
Die Oppositionsparteien aus dem linken Parteienspektrum (GP, PdA, Solidarités und FGA) erreichten zusammen 6,9% Parteienstärke. Stärkste Partei in diesem Lager blieb die GP. Während sie in der Deutschschweiz etwas an Boden verlor, konnte sie in der Romandie (NE: +7,4%) an Stimmen dazugewinnen. Die GP büsste eines ihrer Zürcher Mandate sowie den Aargauer Sitz ein und konnte in Genf und Neuenburg je einen Sitz gewinnen. Damit ist sie im Nationalrat weiterhin mit 8 Mitgliedern als stärkste Nicht-Regierungspartei vertreten. PdA und Solidarités, die ihre Wählerschaft fast ausschliesslich in der Romandie haben, erreichten 1,0% und 0,5% Parteienstärke, die feministischen und grünalternativen Gruppierungen FGA nur gerade 0,3%. Allerdings kandidierten die FGA in den Kantonen Bern, Baselstadt und Zug auf gemeinsamen Wahllisten mit der GP resp. der "BastA!" oder der SP. Die so erlangten Parteienstimmen wurden nicht den FGA zugerechnet. In Zürich verlor die Gruppierung „Frauen macht Politik“ (FraP) ihren bisherigen Sitz [38].
Von den übrigen Nicht-Bundesratsparteien zeigten sich die LP (2,3%), die EVP (1,8%) und die CSP (0,4%) erneut stabil. Dennoch verloren die Liberalen in der Waadt ein Mandat an die SVP und retteten mit den verbleibenden sechs Mandaten ihre Fraktionsstärke nur knapp. Dagegen konnte die EVP im Aargau ein Mandat gewinnen. Der LdU – ehemals grösste der Nicht-Bundesratsparteien – setzte seine Serie der Niederlagen seit 1967 (9,1%) fort. Trotz der Restrukturierung verlor er weitere 1,1% und erreichte mit 0,7% das schlechteste Wahlergebnis seit seiner Gründung 1936. In Zürich wurde der im Laufe des Jahres in den Nationalrat nachgerückte Parteipräsident Schaller nicht wiedergewählt und das Aargauer Mandat ging der Partei ebenfalls verlustig. Dem LdU, der sich nach den Wahlen auflöste, blieb ein einziger Zürcher Sitz in der grossen Kammer.
Angesichts dieser Resultate kann von einem Rechtsrutsch, wie er von vielen inländischen und ausländischen Medien nach den Wahlen kommuniziert worden war, trotz des Wahlsiegs der SVP nicht gesprochen werden. Vielmehr konzentrierte sich der schon vorher im Parlament vertretene nationalkonservative Protest auf eine Partei und führte nahezu zum Verschwinden der kleinen Rechtsaussenparteien [39].
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Resultate für den Nationalrat (nach Kantonen)
Für die detaillierten Resultate siehe die Tabellen im Anhang.
Im Kanton Zürich wurden zehn neue Nationalrätinnen und Nationalräte gewählt. Drei Bisherige wurden nicht wiedergewählt. Vierzehn der 34 Sitze gingen an Frauen (1995: 13). Die SVP konnte sich von 25,5% auf 32,5% steigern und ist neu mit 13 Sitzen (+4) in Bern vertreten; davon wird einer durch eine Frau eingenommen. In ihren Reihen gehören der Historiker Mörgeli und der Wirtschaftsberater Kaufmann zu den bekanntesten Neugewählten. Zweitgrösste Zürcher Abordnung wurde die SP, die es mit einem Sitzgewinn auf zehn Mandate brachte. Die Präsidentin der SPS, Ursula Koch, wurde mit einem sehr guten Ergebnis neu ins Parlament gewählt. FDP und CVP blieben im Vergleich zu 1995 konstant auf sechs resp. zwei Mandaten sitzen. Die EVP erreichte wiederum einen Sitz. Der LdU und die Grünen verloren je einen Sitz und sind in Bern neu mit je einem Mandat vertreten. FraP, SD und FP verloren jeweils ihren bisherigen Sitz. Ebenfalls leer ausgegangen sind die Senioren und die Jungparteien. Der bisherige Genfer SP-Nationalrat Ziegler, der auf der Liste der Jungsozialisten kandidierte, zählt neben Schaller (ldu) zu den bekanntesten nicht Wiedergewählten im Kanton Zürich [40].
Im Aargau erwies sich der bürgerliche Schulterschluss erneut als erfolgsbringend. Von den 15 kantonalen Mandaten werden im neuen Parlament nurmehr drei Sitze durch die Linke (alle SP) vertreten. Die SVP holte sich mit einer Steigerung auf 31,8% Wählerstimmen und zwei zusätzlichen Mandaten den Wahlsieg. Der Transportunternehmer und ehemalige FP-Nationalrat Giezendanner erreichte das beste Wahlresultat im Kanton. Mit jeweils drei Mandaten lagen die SP (18,7%), die FDP (17,2%) und die CVP (16,3%; +1) bereits deutlich zurück, wobei die beiden bürgerlichen Parteien im Gegensatz zu den Sozialdemokraten moderate Stimmengewinne verbuchen konnten. Die FP verlor ihre beiden bisherigen Sitze; die Grünen und der LdU mussten ihren Sitz ebenfalls hergeben. Dagegen holte sich die EVP ein eigenes Mandat [41].
Nachdem sie vor vier Jahren in Basel-Stadt einen Erdrutschsieg hatte erringen können, büsste die SP nun den Sitz der Bisherigen Margrit von Felten ein. Diese war während der Legislatur zum linksgrünen „Bündnis“ übergelaufen, konnte ihr Mandat dort aber nicht verteidigen. Der SP blieben somit drei Nationalratsmandate. Zweitstärkste Partei wurde die SVP, die, nachdem sie 1995 nicht angetreten war, gleich einen Stimmenanteil von 13,6% und einen der sechs Sitze eroberte. Die FDP konnte ihren Sitz halten und auch die Liberalen veteidigten trotz massiven Stimmenverlusten ihr Mandat. Im Kanton Basel-Landschaft rückte die SVP mit einem beinahe verdoppelten Wählerstimmenanteil von 18,0% auf den dritten Platz vor. Zu einem Sitzgewinn reichte es aber nicht. Dafür konnte die FDP ihren vor vier Jahren verlorenen Sitz wieder gewinnen. 1995 war der damalige FDP-Nationalrat Miesch mit einer eigenen Liste gegen die Mutterpartei angetreten und hatte ihr entscheidende Stimmen abgeworben. An erster Stelle blieb die SP mit 23,3% Stimmenanteil und zwei Sitzen. CVP und GP gingen unverändert mit einem Sitz aus dem Rennen, letztere allerdings nur dank der Listenverbindung mit der SP. Die SD erzielten mit 10,1% in Basel-Land ihr schweizerisches Spitzenergebnis, verloren aber trotzdem den bisherigen Sitz ihres Zentralpräsidenten Keller [42].
Mit einem Wähleranteil von 28,6% (1995: 26,0%) und wiederum acht Sitzen blieb die SVP die stärkste Partei im Kanton Bern. Die FDP konnte von ihrer Listenverbindung mit der SVP profitieren und einen zusätzlichen Sitz gewinnen. Sie erreichte neu fünf Sitze (17,2%). Den grössten Stimmenzuwachs erlebte die SP mit einem Anstieg von 24,7% auf 27,6%. Sie blieb mit acht Sitzen konstant, half aber in der links-grünen Wahlallianz den Grünen, trotz leichten Wähleranteilsverlusten ihre bisherigen zwei Sitze zu sichern. Den grössten Verlust musste auch im Kanton Bern die FP hinnehmen, die von 5,9% auf 2,7% absackte und ihr Mandat verlor. Unverändert je einen Sitz erlangten EVP, EDU, SD sowie dank Listenverbindungen auch die CVP, die im Kanton Bern mit 2,4% eine sehr kleine Basis hat. Triponez (fdp), Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes, der stadtbernische Polizeidirektor Wasserfallen (fdp) sowie die Konsumentenschützerin Sommaruga (sp), die in der Ständeratswahl nicht erfolgreich war, zählen zu den bekanntesten Berner Neuzugängen im Parlament; Visana-Chef Rychen (svp) hingegen wurde nicht bestätigt. Die Frauen konnten ihre Vertretung von fünf auf sieben Sitze erhöhen; Die eigenen Listen brachten bei der SVP und der SP, nicht aber bei der FDP einen zusätzlichen Frauensitz. Im Kanton Solothurn steigerte sich die SVP von 6,7% auf 18,6% und eroberte einen Sitz. Sie konnte damit den Sitz des zu ihr übergelaufenen ehemaligen FP-Präsidenten Borer halten. Stärkste Partei wurde die SP mit 27,2%, die weiterhin mit zwei Sitzen in Bern vertreten ist. Sie löste die FDP (25,4%, 2 Sitze) vom ersten Podestplatz ab. Die CVP erreichte 21,4% und ebenfalls zwei Mandate [43].
Die Ostschweizer Kantone St. Gallen, Glarus, Thurgau, Schaffhausen, Appenzell-Ausserrhoden und Appenzell-Innerrhoden hatten insgesamt 24 Sitze zu verteilen. Grosse Gewinnerin war die SVP, die von vier auf sieben Sitze zulegen konnte. In der ehemaligen CVP-Hochburg St. Gallen, wo die SVP vor vier Jahren zum ersten Mal ein Mandat erringen konnte, wurde sie mit einem Wähleranteil von 27,6% zur stärksten Partei. Diese Position eroberte sie auch in Appenzell-Ausserrhoden, wo sie mit 37,5% ihr nationales Spitzenergebnis erzielte; im Thurgau war sie es bereits 1995 stärkste Partei gewesen. Die früher in der Ostschweiz recht starke FP büsste ihre beiden Mandate (SG und TG) ein. Die SP verlor trotz verbesserten Wähleranteilen in St. Gallen einen Sitz; insgesamt eroberte sie in der Ostschweiz fünf Mandate. Die CVP und die FDP konnten ihre sechs resp. fünf bisherigen Sitze verteidigen. Das einzige grüne Nationalratsmandat ging wiederum an Pia Hollenstein (SG) [44].
Auch in der Zentralschweiz schwang die SVP obenaus. Da die kleinen Rechtsaussenparteien in der Zentralschweiz bisher kaum vertreten waren, gingen die SVP-Stimmengewinne vor allem auf Kosten von FDP und CVP. Je einen Sitzgewinn gab es für die SVP in Luzern und Zug. Von den 19 zu vergebenden Mandaten für den Nationalrat entfielen unverändert sieben auf die CVP, sechs auf die FDP (-1) und vier auf die SVP (+2); je ein Sitz ging an die SP (LU), die damit ein Mandat verloren hat (ZG) und die Grünen (LU). Der Zuwachs an Wählerstimmen der SVP war im Kanton Schwyz besonders gross; hier konnte sie mit 35,9% sogar die CVP (27,3%) als stärkste Partei von der Spitze verdrängen. In Luzern wurde die SVP mit 22,8% zweitstärkste Partei und konnte der FDP (22,6%) ein Restmandat entreissen. Die CVP (33,8%) büsste hier zwar viereinhalb Prozentpunkte ein, blieb aber stärkste Partei und konnte ihre vier Mandate halten [45].
Im Kanton Graubünden vermochten die im Listenverbund angetretenen SVP, CVP und FDP den Sozialdemokraten ein Mandat abzunehmen; es ging an die SVP. Bei den Wahlen im Wallis übertraf die erstmals antretende SVP mit einem Stimmenanteil von 9,0% die Erwartungen. Allerdings reichte dieses Resultat nicht zum Gewinn eines Sitzes. Die sieben Walliser Mandate gingen an die CVP (4), die SP (2) und die FDP (1), wobei die Sozialdemokraten der FDP, die im welschen Kantonsteil einen Einbruch erlitten hatte, einen Sitz wegschnappen konnten [46].
Von den 41 Sitzen, die der Romandie (ohne Wallis) zustehen, entfielen zwölf auf die SP (-1), neun an die FDP (-1), sechs unverändert an die CVP, fünf an die LP (-1); die SVP machte einen zweiten Waadtländer Sitz (+1). Die PdA verlor in Genf einen Sitz und entsendet somit nunmehr zwei Westschweizer Vertreter nach Bern; hingegen konnten die Grünen in Neuenburg und Genf je ein neues Mandat erobern und kamen damit auf insgesamt drei Sitze. In Genf vermochte die Alliance de gauche (AdG), die sich aus der Bewegung Solidarités und den Unabhängigen Sozialisten zusammensetzte, der SP ein Mandat abzunehmen. In Genf erfolgte eine regelrechte Umschichtung der Mandate innerhalb der Linken (SP: -2; PdA: -1; Grüne: +1; AdG: +1). Die Zerstrittenheit unter den linken Parteien im Stadtkanton zahlte sich insgesamt nicht aus, verloren sie doch eines ihrer Mandate an die CVP. In Freiburg verlor die CVP hingegen einen Sitz an die SP. Die FDP musste in Neuenburg einen Sitz an die Grünen abtreten. Die SVP legte im Waadtland und in Freiburg, wo sie zu den traditionellen Parteien zählt, um über drei Prozentpunkte zu. In Genf und im Jura, wo sie vor vier Jahren nicht angetreten war, kam sie je auf gut 7%. Sie konnte ihren Zustrom an Wählerstimmen allerdings nur in der Waadt in einen Sitzgewinn ummünzen; dieser ging zu Lasten der LP [47].
Im Tessin erzielte die SVP den grössten Zuwachs an Wähleranteilen (+3,8%). Dieser ging aber nicht zu Lasten der Lega, die stabil blieb, sondern der CVP (-2,5%) und der FDP (-2.8%). Die FDP verlor einen ihrer Sitze an die Lega. Die SP vermochte ihren Stimmenanteil von 17,1% auf 18,7% auszubauen und somit ihr 1995 errungenes zweites Mandat zu konsolidieren. Mit dem Sitzverlust der Bündner Nationalrätin Silvia Semadeni (sp) wurde die Vertretung der italienischsprachigen Schweiz im Nationalrat allein auf das Tessin beschränkt [48].
In den Kantonen Uri, Schwyz, Ob- und Nidwalden, Glarus, Schaffhausen und Jura sowie in beiden Appenzell kam es zu keinen Sitzverschiebungen [49].
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Resultate für den Ständerat
Bei den Ständeratswahlen ging es um die Besetzung von 40 der 46 Ratssitze. Die Kantone Graubünden, Zug, Appenzell-Innerrhoden und Obwalden hatten ihre Vertretungen bereits früher bestimmt. 17 amtierende Parlamentarier verzichteten auf eine Wiederwahl. Die Zahl der Rücktritte war damit gegenüber 1995 (11) stark angewachsen. Nur 28 der 40 zu bestellenden Ständeratsmandate konnten am ersten Wahltag vom 24. Oktober vergeben werden. Parteipolitisch hatte sich am 24. Oktober nicht viel verändert. Die SP verlor im Kanton Freiburg mit dem Abgewählten Aeby einen Sitz, den sie allerdings in Solothurn durch Leuenberger (sp) kompensieren konnte. Leuenbergers Sitz ging der CVP verlustig, die dagegen – auf Kosten des Widersachers SP – im Kanton Thurgau einen Sitz erobern konnte. Die Fraktionspräsidentin der SP, Ursula Hafner (SH), schaffte den Übertritt vom National- in den Ständerat nicht und schied aus dem Parlament aus [50].
In den neun Kantonen LU, BL, SG, AG, TG, TI, VS, VD und NE waren zweite Wahlgänge notwendig. Ende November standen die letzten Resultate fest. Parteipolitisch hat sich die Zusammensetzung auch nach den zweiten Wahlgängen nur gering verändert. Nachdem der LdU bereits 1998 nach dem Rücktritt von Monika Weber (ZH) in den Ersatzwahlen seinen Sitz verloren hatte, musste nun auch die LP ihre beiden Mandate hergeben. Die Bisherigen Rochat (lp, VD) und Cavadini (lp, NE) wurden durch zwei Sozialdemokraten ersetzt. Zu einem Intermezzo zwischen der CVP und der FDP kam es im Kanton St. Gallen. Der aus dem Nationalrat wechselnde CVP-Kandidat Eugen David schaffte im ersten Wahlgang das absolute Mehr nicht. Die FDP, die Erika Forster im ersten Wahlgang durchgebracht hatte, wollte vorerst David nicht unterstützen, weil er zu weit links stehen würde. Schliesslich beschlossen sie Stimmfreigabe und David wurde mit grossem Vorsprung auf den SVP-Kandidaten gewählt. Die FDP, zusammen mit dem Parteilosen Hess (OW), stellt neu 18 Mandate und bleibt weiterhin stärkste Kraft im Ständerat. Die CVP erreichte mit 15 Sitzen ihr schlechtestes Resultat seit 1896. Die SVP vermochte die im Verlauf der letzten Legislatur bei Ersatzwahlen in den Kantonen Zürich und Glarus gewonnenen zwei Sitze zu halten und kam insgesamt auf sieben Mandate. Dank einem Sitzgewinn steigerte die SP ihre Vertretung auf sechs. Die Regierungsparteien sind damit in der kleinen Kammer unter sich. Von 23 Ständeräten, die sich der Wiederwahl stellten, wurden 20 im Amt bestätigt. Der Ständerat zählte in der Wintersession 20 neue Gesichter und hat sich damit gegenüber 1995 (17 Neue) stärker erneuert. Unter den Neugewählten sind sieben ehemalige Nationalräte vertreten. Weitgehend stabil blieb die Frauenvertretung. Im Vergleich zu den Wahlen 1995 sitzt 1999 eine Frau mehr im Rat (9), wobei der Frauenanteil im Laufe der Legislatur durch den Rücktritt von Monika Weber (ldu, ZH) zwischenzeitlich auf sieben Frauen gefallen war [51].
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Das neue Parlament
Die Erneuerungsrate der beiden Kammern zusammen betrug mit 98 Neugewählten (unter Einbezug der sieben Übertritte aus dem National- in den Ständerat) 39,8%.
In der Bundesversammlung blieb die FDP mit insgesamt 61 Mandaten stärkste Partei, gefolgt von der SP (57), der SVP (51) und der CVP mit 50 Sitzen. Den grössten Sitzgewinn in beiden Räten verzeichnete die SVP mit insgesamt 17 zusätzlichen Mandaten. Zusammen stellen die Bundesratsparteien in der neuen Bundesversammlung 219 der 246 Mitglieder (89,0%). Drei EVP-Parlamentarier, ein LdU- und ein SD-Vertreter, ein EDU- und ein CSP-Nationalrat sowie die zwei PdA-Abgeordneten, der Vertreter der Solidarité und die zwei Lega-Abgeordneten sind in Parteien organisiert, die keine Fraktionsstärke – also fünf Mandate – erreicht haben. Mitte November organisierten sich die EVP, der LdU und die EDU in einer gemeinsamen Fraktion. Der CSP-Vertreter blieb wie bisher bei den Grünen, die beiden Genfer PdA- resp. Solidarité-Abgeordneten bei der SP-Fraktion. Der Waadtländer Kommunist Zisyadis blieb hingegen fraktionslos [52].
Das Durchschnittsalter in der grossen Kammer blieb mit 50,7 Jahren gegenüber 1995 praktisch stabil. Mit 47,6 Jahren ist die SP-Fraktion im Schnitt die jüngste, die FDP mit 53,2 Jahren die älteste im Rat. Die Sozialdemokraten verfügen mit der neugewählten Ökonomin Ursula Wyss (BE, Jahrgang 1973) über die jüngste Frau. Jüngster Parlamentarier blieb aber der St. Galler Landwirt Toni Brunner (svp, Jahrgang 1974). Alterspräsident wurde der 68jährige Schriftsteller Jacques Neirynck (cvp, VD) [53].
Im Nationalrat sind in der neuen Legislatur wiederum die Juristen am stärksten vertreten. Die grosse Kammer zählt neu 42 Juristen, Notare und Anwälte gegenüber 46 nach den letzten Wahlen. Diesem geringen Rückgang steht ein grosser Zuwachs von 24 auf 35 Sitze bei den Unternehmerinnen und Gewerbetreibenden gegenüber. Die Landwirte bauten ihre Vertretung von 21 auf 25 Personen aus. Stark gesunken von 34 auf 21 ist dagegen die Zahl der Lehrpersonen und Wissenschaftlern. Ausserdem beherbergt der Nationalrat 17 Ökonominnen und Unternehmensberater, 15 Gewerkschafts-, Parteien- und Verbandsfunktionäre, 10 Beamte, je 8 Ärztinnen und Journalisten sowie drei amtierende Regierungsräte. Die Juristen sind am stärksten innerhalb der SP- und der CVP-Fraktion vertreten; bei der SVP übersteigt die Zahl der Landwirte knapp diejenige der Unternehmerinnen. Letztere wiederum bilden innerhalb der FDP-Fraktion die Mehrheit vor den Juristen. Mit dem Direktor des Gewerbeverbandes Triponez (fdp, BE) konnte ein gewichtiger Exponent des Gewerbes in den Rat Einsitz nehmen. Auf der anderen Seite schaffte die Berner Konsumentenschützerin Sommaruga (sp) mit einem Spitzenresultat den Sprung in die grosse Kammer [54].
Es fand ein weiterer Vormarsch der Frauen statt. Es wurden 47 Frauen in den Nationalrat und neun Frauen in den Ständerat gewählt, wobei Langenegger (fdp, VD) für beide Räte gewählt wurde und im Nationalrat ein Mann an ihre Stelle nachrückte. Der Frauenanteil im Parlament beläuft sich somit neu auf 22,4% gegenüber 20,7% vor vier Jahren. Im Nationalrat beträgt er 23,5% gegenüber 21,5% vor vier Jahren. Die grössten kantonalen Frauenabordnungen stellen Zürich mit 14 von 34 Nationalratssitzen und einer Ständerätin, sowie Bern mit 7 von 27 Nationalratssitzen und einer Ständerätin. Unter den Parteien stellt die SP die stärkste Frauenabordnung im Parlament. Unter ihren insgesamt 57 Abgeordneten befinden sich 20 Frauen. Prozentual ist der Frauenanteil der Grünen mit 66,7% der höchste [55].
 
[1] Lit. Seitz, Die Nationalratswahlen 1999, S. 6.1
[2] NZZ, 6.11. und 29.11.99; Lit. SDA/SRG.2
[3] NZZ, 21.1., 8.2., 21.5., 22.5., 14.9. und 23.12.99; TA, 16.2.99; Lit. SDA/SRG.3
[4] Die Proporzkantone hatten insgesamt 195 Nationalratssitze zu vergeben. Die Kantone AI, GL, OW, NW und UR besetzen jeweils nur einen Sitz und wählen daher im Majorzsystem. Ausser in Innerrhoden kandidierten in allen Majorzkantonen die bisherigen Nationalräte. In Obwalden wurde CVP-Präsident Durrer mangels Gegenkandidaten in stiller Wahl bestätigt (NZZ, 25.10.99).4
[5] NZZ, 14.9.99; TA, 1.7.99; SPJ 1995, S. 51 f.; Lit. SDA/SRG.5
[6] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 778 (Teuscher); NZZ, 14.9.99; TA, 1.7.99; SPJ 1995, S. 51 f.; Lit. SDA/SRG. Vgl. zu Vorschriften bezüglich Frauenanteil auf den Listen oben, Teil I, 1c (Einleitung).6
[7] NZZ, 26.1., 10.8. und 26.10.99; Lit. SDA/SRG.7
[8] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 196 f.8
[9] SoZ, 12.9.99; NZZ, 14.9.99; BaZ, 7.10.99.9
[10] Ww, 17.6.99. 10
[11] TA, 20.8. und 17.9.99; NZZ, 7.9. und 14.9.99; Lit. SRG-Wahlbarometer. 11
[12] Presse vom 5.11.99. 12
[13] NZZ, 4.1. und 19.4.99. 13
[14] NZZ, 19.6.99. 14
[15] Presse vom 6.9.99. Inserat: SoZ, 15.8.99. 15
[16] NZZ, 15.7.99; Presse vom 30.8.99. Zur Steuerstopp-Initiative vgl. unten, Teil I, 5, (Direkte Steuern). Zur Vision 2007 der FDP vgl. SPJ 1998, S. 384. 16
[17] Presse vom 5.7.99; SGT, 29.9.99. 17
[18] Presse vom 25.1. und 3.8.99; SGT, 7.8.99, TA, 8.9.99. 18
[19] Presse vom 3.8. und 16.8.99. Bei den Wahlen blieb seine Liste erfolglos. 19
[20] Presse vom 25.8., 8.9. und 20.9.99. 20
[21] NZZ, 21.6.99; Presse vom 13.9.99. 21
[22] Presse vom 10.5. und 27.8.99. 22
[23] TA, 30.7.99; Blick, 1.9.99; SoZ, 10.10.99. 23
[24] NZZ, 26.4.99. 24
[25] SGT, 14.10.99. 25
[26] NZZ, 10.5.99. 26
[27] NZZ, 14.9.99. 27
[28] TA, 12.6.99. 28
[29] Presse vom 25.6.99; Ww, 14.10.99; Lit.: GfS. 29
[30] NZZ, 16.8.99. 30
[31] SoZ, 22.8.99. 31
[32] NZZ, 16.8.99; Lit. SDA/SRG; Lit. Hirter. 32
[33] Lit. Hirter. Vgl. für eine andere Umfrage auch Lit.: SDA/SRG. 33
[34] NZZ, 5.11.99. 34
[35] NZZ, 4.12.99 und 5.2.00. Zu den Restmandaten vgl. NZZ, 16.11.99. 35
[36] NZZ, 4.12.99 und 5.2.00; Lit. Seitz, Die Nationalratswahlen 1999, S. 6 f. Vgl. Tabellen im Anhang. 36
[37] NZZ, 4.12.99 und 5.2.00; Lit. Seitz, Die Nationalratswahlen 1999, S. 6 f. 37
[38] Lit. Seitz, Die Nationalratswahlen 1999, S. 6 f. 38
[39] Vgl. auch Lit. Longchamp, 1999. 39
[40] NZZ, 25.10. und 26.10.99; Lit. Seitz, Die Nationalratswahlen 1999. Vgl. Tabellen im Anhang. 40
[41] NZZ, 25.10. und 26.10.99; Lit. Seitz, Die Nationalratswahlen 1999. 41
[42] NZZ, 25.10. und 26.10.99; Lit. Seitz, Die Nationalratswahlen 1999. 42
[43] NZZ, 25.10. und 26.10.99; Lit: Seitz, Die Nationalratswahlen 1999. 43
[44] NZZ, 25.10. und 26.10.99; Lit: Seitz, Die Nationalratswahlen 1999. 44
[45] NZZ, 25.10. und 26.10.99; Lit: Seitz, Die Nationalratswahlen 1999. 45
[46] NZZ, 25.10. und 26.10.99; Lit. Seitz, Die Nationalratswahlen 1999. 46
[47] TA, 26.10.99; Lit. Seitz, Die Nationalratswahlen 1999. 47
[48] NZZ, 25.10. und 26.10.99; Lit. Seitz, Die Nationalratswahlen 1999. 48
[49] Vgl. Tabellen im Anhang. 49
[50] Presse vom 25.10.99; Ww, 28.10.99. Zu den Ständeratswahlen in den Kantonen ZG, GR und OW vgl. SPJ 1998, S. 70 f. 50
[51] NZZ, 6.11. und 29.11.99. 51
[52] NZZ, 6.11., 9.11. und 29.11.99. 52
[53] Lit. SDA/SRG. 53
[54] Lit. SDA/SRG. 54
[55] Lit. SDA/SRG. 55