Année politique Suisse 1999 : Economie / Politique économique générale / Strukturpolitik
Der Bundesbeschluss zur
Förderung von Risikokapitalanlagen kam im Rahmen der Differenzbereinigung zuerst vor den Nationalrat. Dieser konnte sich mit der vom Ständerat vorgenommenen Zusammenstutzung nicht einverstanden erklären. Auf Antrag seiner Kommission hielt er ohne Gegenstimmen am Grundprinzip fest, dass die Geldgeber mit steuerlichen Anreizen zu Investitionen in Risikokapitalanlagen ermuntert werden sollen. Da die kleine Kammer an ihrer Version festhielt, reduzierte der Nationalrat sein Projekt weiter. Er beschloss, dass wenigstens diejenigen Investoren in neue innovative Unternehmen mit international vermarktbaren Produkten von Steuernachlässen sollen profitieren können, welche sich mit nachrangigen Darlehen bereits in der Vorbereitungsphase einer Unternehmensgründung beteiligen (sogenannte „business angels“). Nachdem der Ständerat diesem Antrag zugestimmt hatte, konnte der Bundesbeschluss über Risikokapitalgesellschaften verabschiedet werden
[8]. Der Nationalrat überwies in diesem Zusammenhang auch eine Motion, welche vom Bundesrat verlangt, nach Konsultation mit den Kantonen Massnahmen zu treffen, damit diese neuen Bestimmungen auch ins Steuerrecht der Kantone übernommen werden
[9].
Der Ständerat hatte anlässlich seiner Beratungen dieser Vorlage eine Motion und ein Postulat für die
Erleichterung von Unternehmensgründungen verabschiedet. Die von seiner WAK eingereichte Motion, welche auch vom Nationalrat überwiesen wurde, verlangt Erleichterungen im Steuerrecht (Besteuerung von Optionsrechten erst im Zeitpunkt der Ausübung), eine Reduktion des minimalen Nennwerts von Aktien und die Schaffung einer neuen Gesellschaftsform („limited partnership“). Das Postulat nahm den Beschluss des Nationalrats für die Steuerbegünstigung von „business angels“ auf und regte zudem eine Lockerung der Anlagevorschriften für Pensionskassen und des AHV/IV-Fonds bezüglich Anlagen in Risikokapital an
[10].
In den Jahren 1995 bis 1997 hatte das Parlament den Bundesrat mit einer Reihe von Vorstössen beauftragt, sich mit dem Problem der
Überbelastung der KMU durch neue Gesetze und administrative Vorschriften auseinanderzusetzen. Die Regierung antwortete im Berichtsjahr mit einer Darstellung der Massnahmen, welche in den letzten Jahren zugunsten einer Beschleunigung resp. einem Abbau der gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren für die KMU eingeleitet oder realisiert worden sind. Der Bundesrat publizierte zudem, in Erfüllung eines Postulats David (cvp, SG) die bereits im Vorjahr hier erwähnten Studien zu den von der Bundesgesetzgebung vorgeschriebenen für die Wirtschaft relevanten Verfahren
[11]. Zur parlamentarischen Behandlung der Vereinfachung des Plangenehmigungsverfahrens siehe unten, Teil I, 6d (Législation).
Nicht wenige KMU hatten in den Jahren der Rezession unter ernsthaften Problemen bei der Kreditbeschaffung gelitten. Als Gegenmassnahme schlug die SP-Fraktion mit einer Motion vor, eine
staatliche Bank für KMU zu schaffen. Der Bundesrat teilte zwar die Lageeinschätzung, dass die im Rahmen der Internationalisierung erfolgte Neuorientierung der Geschäftspolitik der Grossbanken die Position der KMU auf dem Kreditmarkt erschwert hat. Die Gründung einer Bundesbank lehnte er aber aus ordnungspolitischen Gründen ab. Es sei nicht Sache des Staates, über die Kreditwürdigkeit von privaten Unternehmen und ihrer Projekte zu urteilen und die daraus entstehenden Risiken zu tragen. Der Nationalrat folgte dieser Argumentation und war auch nicht bereit, den Vorstoss wenigstens in Postulatsform zu überweisen
[12].
[8]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1152 ff., 1784 f., 2035 und 2315;
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 738 ff., 839 f., 925 und 996;
BBl, 1999, S. 8722 ff. Vgl.
SPJ 1998, S. 114. Vgl. zu den KMU auch
Die Volkswirtschaft, 1999, Nr. 4 sowie
Schweizer Monatshefte, April, 1999.8
[9]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2671.9
[10]
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 743 (Motion) und 744 (Postulat);
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1785 f. (Motion).10
[11]
BBl, 1999, S. 8387 ff. (Studien) und
BBl, 2000, S. 994 ff. (Massnahmen); vgl.
SPJ 1997, S. 112 (David) und
1998, S. 114;
NZZ, 24.2.99. Siehe auch die Antwort des BR auf eine Interpellation Eymann (lp, BS) zur wirtschaftlichen Lage der KMU und zu allfälligen staatlichen Unterstützungsmassnahmen (
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 524 ff.).11
[12]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1155 ff. Zur Lage der KMU auf dem Kreditmarkt siehe
SPJ 1997, S. 122.12
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