Année politique Suisse 1999 : Economie / Crédit et monnaie / Geld- und Währungspolitik
Mit der Annahme der
neuen Bundesverfassung in der Volksabstimmung vom 18. April hiessen Volk und Stände auch den neuen Geld- und Währungsartikel (Art. 99 BV) gut. Die auf den Beginn des Jahres 2000 in Kraft gesetzte
Bestimmung löst den Franken von seiner bisherigen verfassungsrechtlichen Bindung an das Gold und verankert die Unabhängigkeit der Nationalbank. Der Auftrag an die Notenbank verpflichtet diese wie bis anhin, dem Gesamtinteresse des Landes zu dienen. Aus der alten Verfassung übernommen wurde auch die Vorschrift, dass die Kantone zu zwei Dritteln am Reingewinn der Nationalbank partizipieren. Eine davon abweichende Regelung für die Verteilung der aus dem Verkauf nicht mehr benötigter Währungsreserven stammenden Gelder ist nicht vorgesehen
[9]. Um diese Lücke zu füllen und zudem den Notenbankauftrag zu präzisieren, hatte der Bundesrat im Vorjahr eine Revision dieses Artikels beantragt, welche vom Nationalrat gutgeheissen worden war
[10].
Im Berichtsjahr stimmte der Ständerat dem neuen
Währungsartikel in der Bundesverfassung ebenfalls zu. Mit 33:3 Stimmen lehnte er einen Antrag Onken (sp, TG) ab, auf die Erwähnung des prioritären Ziels der Preisstabilität zu verzichten. Die Regelung der Verwendung von nicht mehr benötigten Währungsreserven formulierte er statt im Artikel selbst in einer Übergangsbestimmung. Diese besagt, dass die Verwendung auf dem Gesetzesweg geregelt werden muss, und dass bei der Verteilung der jetzt aufgelaufenen nicht mehr benötigten Reserven – nicht aber in zukünftigen Fällen – vom Verteilungsschlüssel von 2:1 zwischen Kantonen und Bund abgewichen werden kann. Der Nationalrat übernahm diese Präzisierung, wobei ein von der SVP und der SP unterstützter Antrag, auch in Zukunft von diesem Verteilschlüssel abweichen zu können, nur ganz knapp unterlag. Die Haltung der SVP und der SP war motiviert von ihren Bestrebungen, auch in späteren Zeiten Mittel der Nationalbank für die Finanzierung der Sozialwerke zu erschliessen; darüber hinaus wollten sie aber auch die Differenzbereinigung mit dem Ständerat torpedieren, um die ganze Vorlage zu verhindern. In der Schlussabstimmung gelang ihnen dies dann: der neue Verfassungsartikel scheiterte am Veto des Nationalrats
. Eine Allianz von SP, GP, FP und SVP brachte ihn mit 86:83 Stimmen bei 9 Enthaltungen zu Fall. Die SP begründete ihre Ablehnung mit der ihrer Ansicht nach falschen prioritären Ausrichtung der Geldpolitik auf die Preisstabilität. Für die SVP war das Argument ausschlaggebend, dass mit der Delegation der Regelung der Verwendung der nicht mehr benötigten Goldreserven auf Gesetzesstufe verhindert werde, dass über die Einrichtung einer Solidaritätsstiftung eine obligatorische Volksabstimmung mit Volks- und Ständemehr durchgeführt werden muss. Im Ständerat, wo FDP und CVP über eine komfortable Mehrheit verfügen, war die Schlussabstimmung zuvor bei sechs Gegenstimmen positiv ausgefallen
[11].
Im Mai legte der Bundesrat dem Parlament den Entwurf für
ein neues Gesetz über die Währung und die Zahlungsmittel vor. Entsprechend der Systematik in der neuen Bundesverfassung werden darin die bisher in eigenen Gesetzen (Nationalbankgesetz und Münzgesetz) geregelten Bereiche in ein einziges zusammengefasst. Dabei werden diejenigen Bestimmungen des Nationalbankgesetzes eliminiert, welche sich auf die mit der neuen Verfassung aufgehobene Goldbindung des Frankens beziehen. Materiell neu ist zudem, dass neben den vom Bund geprägten Münzen und den von der Nationalbank ausgegebenen Banknoten auch Sichtguthaben bei der Nationalbank zu gesetzlichen Zahlungsmitteln werden. Bei letzteren ist die Annahmepflicht allerdings auf Inhaber eines entsprechenden Kontos beschränkt. Das Gesetz regelt im weiteren die Funktionen von Gedenk- und Anlagemünzen sowie die Kompetenzen zu deren Ausgabe. Das neue Gesetz bildet zwar die rechtliche Grundlage für die Veräusserung der nicht mehr benötigten Goldreserven der Nationalbank (rund 1300 Tonnen Gold), es enthält aber keine Bestimmungen bezüglich der Verwendung dieser Mittel
[12].
Das Gesetz war
in beiden Räten im Grundsatz nicht umstritten. Der Ständerat nahm noch eine Formulierung auf, welche zu einem späteren Zeitpunkt eine Privatisierung der seit 1998 unter dem Namen „Swissmint“ auftretenden Münzprägungsstätte erlauben wird. Eine kleinere Auseinandersetzung gab es bei der Frage, ob die Herstellung und Einfuhr von münzähnlichen Gegenständen bewilligungspflichtig bleiben soll, um Verwechslungen mit offiziellen Münzen zu verhindern. Während der Bundesrat und der Ständerat für eine Aufhebung der Bewilligungspflicht plädierten, wollte der Nationalrat diese Kontrolle beim EFD belassen. Für die Beibehaltung dieser Vorschrift setzten sich vor allem französischsprachige Abgeordnete ein, welche darin eine Sicherheit für die Hersteller von Gedenkmünzen (der grösste schweizerische Hersteller hat seinen Sitz im Kanton Neuenburg) sehen, nicht wegen möglicher Verwechslungsgefahr ihrer Produkte mit Zahlungsmitteln strafrechtlich verfolgt zu werden. Durchgesetzt hat sich schliesslich der Ständerat. Das neue Gesetz wurde vom Parlament in der Dezembersession verabschiedet
[13].
Ende August lancierte die SVP die im Vorjahr von Nationalrat Blocher (svp, ZH) angekündigte und von den SVP-Delegierten im April beschlossene
Volksinitiative zur Verteilung der von der Nationalbank
nicht mehr benötigten Währungsreserven oder derer Erträge. Sie verlangt, dass diese in vollem Umfang in den Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) zu übertragen sind. Für die am 5. März 1997 vom Bundesrat angekündigte
Solidaritätsstiftung würde dabei nichts mehr übrigbleiben
[14]. Auch die
SP konkretisierte ihre Vorstellungen, was mit diesen Geldern anzufangen sei. Sie ging bei ihren Überlegungen davon aus, dass aus dem Verkauf der nicht mehr benötigten Goldreserven wesentlich mehr als bisher angenommen, nämlich rund 24 Mia Fr. zur Verfügung stehen werden. Davon möchte sie 7 Mia Fr. der Solidaritätsstiftung zuweisen und die restlichen 17 Mia Fr. für die AHV zur Finanzierung des flexiblen Rentenalters verwenden. Die FDP und die CVP stellten sich weiterhin hinter die Idee einer Solidaritätsstiftung, legten sich jedoch bei der Verwendung der restlichen Mittel noch nicht fest
[15]. Um ein Absacken des Goldkurses zu vermeiden, verpflichteten sich fünfzehn europäische Notenbanken auf gestaffelte und limitierte Verkäufe von Goldbeständen für die nächsten fünf Jahre, wobei die Verkaufspläne der SNB darin voll berücksichtigt sind und demnach dadurch nicht beeinträchtigt werden
[16].
[9] Vgl.
SPJ 1998, S. 120. Zur Volksabstimmung siehe oben, Teil I, 1a (Totalrevision der Bundesverfassung).9
[10] Vgl.
SPJ 1998, S. 119 ff. Diese Neuerungen wären über die mit der Totalrevision angestrebte Verfassungsnachführung hinausgegangen.10
[11]
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 217 ff. und 598;
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1218 ff. und 1402 f.;
NZZ, 18.6.99; Presse vom 19.6.99. Zur Solidaritätsstiftung siehe auch oben, Teil I, 1a (Grundfragen) und
SPJ 1998, S. 17.11
[12]
BBl, 1999, S. 7258 ff. Zum Notenbankartikel in der am 18. April angenommenen neuen Bundesverfassung siehe oben sowie
SPJ 1998, S. 120.12
[13]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2026 ff., 2505 ff. und 2679;
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 1040 ff. und 1204;
BBl, 2000, S. 90 ff.13
[14]
BBl, 1999, S. 5569 ff.;
AZ, 23.4.99;
TA, 26.4.99;
Bund, 21.8.99. Vgl.
SPJ 1998, S. 121. Siehe dazu auch oben, Teil I, 1a (Grundsatzfragen).14
[16] SNB,
Geschäftsbericht, 92/1999, S. 45;
AZ und
BaZ, 28.9.99.16
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