Année politique Suisse 1999 : Chronique générale / Finances publiques / Indirekte Steuern
Nachdem der Bundesrat im vergangenen Jahr dem
Internationalen Olympischen Komitee (IOK) die Mehrwertsteuer bis zum Inkrafttreten des Mehrwertsteuergesetzes erlassen hatte, wurde er von zahlreichen Parlamentariern und von den Medien harsch kritisiert. Vielfach wurde der Steuererlass mit der Kandidatur von Sion für die Olympischen Winterspiele 2006 in Zusammenhang gebracht. Bundesrat Ogi wollte diesen Vorwurf nicht so stehen lassen, der Entscheid des Bundesrates diene dazu, die Attraktivität der Schweiz als Sitz für internationale Organisationen zu bewahren. Auch die WAK-NR empfahl ihrer Kammer, den Beschluss gutzuheissen. Laut einer Zusammenstellung des Finanzdepartementes existierten 1997 mit rund 50 internationalen Organisationen, darunter 21 UNO-Unterorganisationen und sieben NGO's besondere Steuerabkommen resp. wurden Verhandlungen darüber geführt
[28].
Im Nationalrat forderten ein Postulat der Grünen Fraktion und ein Postulat Weber (sp, AG), vom Bundesrat, den Beschluss rückgängig zu machen. Allerdings hatte der Ständerat die bundesrätliche Vorlage im vergangenen Jahr mit 22 zu 8 Stimmen bereits akzeptiert.
Das IOK verzichtete dann überraschend
vor der Behandlung im Nationalrat
auf das Mehrwertsteuergeschenk. Hingegen hielt es an der ausgehandelten allgemeinen Steuerbefreiung fest; damit bereitete es auch dem Seilziehen um den Sitz des IOK ein Ende. Verschiedene europäische Städte hatten um den zukünftigen Sitz des IOK gebuhlt und Steuergeschenke in Aussicht gestellt. Die Grünen sowie Weber zogen daraufhin ihre Vorstösse wieder zurück
[29].
Mit einer parlamentarischen Initiative wollte daraufhin Gysin (sp, BS) die seit einem Bundesbeschluss von 1955 geltende
unbegrenzte Kompetenz des Bundesrates zum Erlass von Steuerbefreiungen einschränken und durch eine klare Regelung mit Beurteilungs- und Entscheidungskriterien ersetzen. Nach der Meinung von Gysin pflegt der Bundesrat, die ihm erteilte Kompetenz zu extensiv auszulegen. Ausserdem sei der geltende Bundesbeschluss veraltet und rechtsstaatlich höchst bedenklich, wie das Gerangel um den Mehrwertsteuererlass für das IOK unter Beweis gestellt habe. Im Namen einer Minderheit der WAK-NR empfahl Fässler (sp, SG) den Vorstoss zur Annahme. Speck (svp, AG) argumentierte dagegen im Namen der Kommissionsmehrheit, die Initiative sei aufgrund der laufenden Revisionsarbeiten am entsprechenden Bundesbeschluss überflüssig und deshalb abzulehnen. Mit 103 zu 52 folgte das Plenum diesem Mehrheitsantrag
[30].
[28]
BaZ, 26.1.99;
TA, 26.1. und 24.2.99;
AZ, 1.2.99;
NZZ, 13.2.99. Vgl.
SPJ
1998, S. 148 f. 28
[29]
Verhandl. B.vers., 1999, I, Teil II, S. 119 (Grüne);
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 823 f. (Weber); Presse vom 18.2.99. Im Juni entschied der BR, das IOK ab 1.7.99 in das MWSt-Register einzutragen; für die vergangenen vier Jahre wurde ihm die Steuer erlassen (
NZZ, 25.6.99). 29
[30]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2581 ff. 30
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