Année politique Suisse 1999 : Politique sociale / Santé, assistance sociale, sport / Gesundheitspolitik
Die Schweiz soll ein
Gesundheitsobservatorium erhalten. Den Grundstein dazu legten Bundespräsidentin Dreifuss und die kantonalen Sanitätsdirektoren an einer Arbeitstagung im Mai. Hauptaufgabe der neuen Institution wird es sein, möglichst komplette Daten über die Gesundheit der Bevölkerung, deren Verhalten bei diesbezüglichen sowie über die Angebote der Leistungserbringer und deren Nutzung zu sammeln. Auf dieser Grundlage soll die Gesundheitspolitik von Bund und Kantonen künftig besser gesteuert werden können
[1].
Nach 23 Jahren Abwesenheit fand die Schweiz wieder Eingang in den Exekutivrat der
Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das Mandat, welches vorläufig bis Mai 2002 dauert, übernahm der Direktor des Bundesamtes für Gesundheit (BAG), Thomas Zeltner
[2]. Sein Wunsch, die Schweiz durch die Übernahme des Postens des Regionaldirektors für Europa noch enger in die WHO einzubinden, ging allerdings nicht in Erfüllung. Obgleich ihm auf Grund seiner gesundheitspolitischen Kompetenzen und seiner Doppelausbildung als Arzt und Jurist hohe Chancen eingeräumt wurden, ging der Posten schliesslich an eine Persönlichkeit aus dem EU-Raum
[3].
Die 1997 eingesetzte Arbeitsgruppe ”Sterbehilfe” des EJPD unter alt Ständerätin Josi Meier (cvp, LU) lieferte im April ihren Bericht ab, welcher abklären sollte, inwieweit eine
direkte
aktive
Sterbehilfe mit dem bestehenden Verbot der Fremdtötung einerseits und dem Respekt des Selbstbestimmungsrechts Todkranker andererseits vereinbar ist. Nach der Mehrheit der Kommission soll neu ein Richter die Kompetenz erhalten, in bestimmten Fällen der aktiven Sterbehilfe von einer Strafverfolgung abzusehen. Gemäss diesem nach dem
Opportunitätsprinzip gestalteten Vorschlag soll das Tötungsverbot vom juristischen Standpunkt aus zwar bestehen bleiben; direkte aktive Sterbehilfe an einer unheilbar kranken, vor dem Tod stehenden Person, um sie von unerträglichen Leiden zu erlösen, müsste strafrechtlich aber nur mehr verfolgt werden, wenn selbstsüchtige Beweggründe vorliegen. Die
passive Sterbehilfe (Verzicht auf lebenserhaltende Massnahmen) und die
indirekte
aktive
Sterbehilfe (Verabreichung von Mitteln, deren Nebenwirkungen das Leben verkürzen können), die heute allgemein als zulässig erachtet werden, sollten neu
gesetzlich geregelt werden
[4].
Gegen den Willen des Bundesrates, der auf kantonale Prärogativen in diesem Bereich verwies und deshalb Umwandlung in ein Postulat beantragte, nahm der Nationalrat eine Motion Jaquet (sp, VD) an, welche verlangt, dass die
Patientenrechte eidgenössisch vereinheitlicht werden sollen
[5].
[1]
NZZ, 17.5.99. Den Aufbau eines derartigen Observatoriums verlangte auch NR Borel (sp, NE) in einer als Postulat überwiesenen Motion (
Amtl Bull. NR, 1999, S. 476 f.).1
[2] Siehe
SPJ 1998, S. 235.2
[3]
Ww, 22.4.99;
TA, 25.5.99;
BZ, 7.6. und 15.9.99; Presse vom 16.9.99.3
[4]
Ww, 15.4.99; Presse vom 30.4.99. Damit gingen die Vorschläge der Kommission weniger weit als die Forderungen einer Motion Ruffy (sp, VD), welche die Legalisierung der aktiven Euthanasie unter bestimmten Bedingungen verlangt hatte (
SPJ 1996, S. 236). Die Querelen innerhalb der Sterbehilfe-Vereinigung ”Exit”, welche viel Beachtung in den Medien fanden, werden hier nicht behandelt, da es sich um einen privaten Verein ohne politisches Mandat handelt.4
[5]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1268 f.5
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