Année politique Suisse 1999 : Politique sociale / Groupes sociaux
Flüchtlingspolitik
Noch nie wurden in der Schweiz derart viele Asylgesuche eingereicht wie im Berichtsjahr, nämlich 46 068; das waren 11,5% mehr als im Vorjahr (41 302). Auffallend dabei war die schwankende Entwicklung mit einer starken Zunahme im Sommer und einer raschen Abnahme danach. Während im Juni 9580 Asylgesuche gestellt wurden, waren es im Dezember nur noch 1489, die tiefste Zahl seit Februar 1997. Neben der Krisenregion ex-Jugoslawien war der Irak das wichtigste Herkunftsland, gefolgt von Sri Lanka, der Türkei und Albanien. An Bedeutung zugenommen haben die ehemaligen GUS-Staaten. Lediglich 2050 Asylbewerber wurden als Flüchtlinge anerkannt, mit 5,7% aller Fälle deutlich weniger als im Vorjahr (9,5%). Die tiefe Quote erklärt sich mit den vor der kollektiven Schutzgewährung eingereichten Gesuchen von Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien, v.a. aus dem Kosovo, welche durch die vorläufige Aufnahme sistiert wurden. 44% der Gesuchsteller aus der Türkei und 39% aus dem Irak erhielten hingegen politisches Asyl. Von den total rund 46 000 Asylgesuchen wurden 41 289 in den offiziellen Empfangszentren Kreuzlingen (TG), Chiasso (TI), Genf und Basel sowie im Transitzentrum Altstätten (SG) eingereicht. Irgendwo an der Landesgrenze deponierten 1434 Personen ihre Einreisegesuche, und weitere 841 Asylanträge gingen bei den schweizerischen Auslandvertretungen (Botschaften und Konsulate) ein. Diese Zahlen belegen den massiven Rückgang der illegalen Einreisen über die „grüne Grenze“.
1999 war aber auch ein
Rekordjahr bei den Ausreisen. 31 154 Personen verliessen die Schweiz, sei es durch „Untertauchen“, freiwillige Rückkehr, Zwangsrückschaffung oder geordnete Ausreise in ein Drittland. Der Anteil der Untergetauchten lag mit 40% deutlich unter jenem der Vorjahre (zwei Drittel), und die Behörden gingen bei der Mehrzahl von ihnen davon aus, dass sie tatsächlich die Schweiz verlassen haben. Mit der Beruhigung der Lage im
Kosovo nahmen die freiwilligen Ausreisen sprunghaft zu. Allein im Rahmen des Rückkehr-Sonderprogrammes mit abgestuften finanziellen Leistungen zur Wiedereingliederung in der alten Heimat (siehe unten) reisten bis Ende Jahr insgesamt 15 830 Personen freiwillig in den Balkan zurück. Ziel des Bundesrates ist, dass bis Frühsommer 2000 die überwiegende Mehrheit der Kosovaren ausreist
[27].
Rund zweieinhalb Jahre nach ihrer gescheiterten Asylinitiative „gegen die illegale Einwanderung“, die vom Volk im Dezember 1996 mit rund 54% der Stimmen abgelehnt worden war, nahm die
SVP einen zweiten Anlauf. An ihrer Delegiertenversammlung im Februar beschloss sie, noch vor den eidgenössischen Wahlen eine
Volksinitiative „gegen den Asylmissbrauch“ zu lancieren. Die besondere Attraktivität der Schweiz als Fluchtdestination, die es mit allen Mitteln zu bekämpfen gelte, ortete die Partei im hohen Niveau der Sozial- und Fürsorgeleistungen. In diesem Sinn verlangte sie eine einheitliche gesamtschweizerische Gesetzesgrundlage für
Fürsorgeleistungen; bei Missbräuchen des Asylrechts sollten diese Gelder drastisch gekürzt werden. Zudem wollte die SVP eine
Drittstaatenregelung einführen, die es der Schweiz erlauben würde, Asylsuchende, die aus einem sogenannt „sicheren“ Drittland einreisen, ohne weitere Formalitäten zurückzuweisen
[28]. Die Partei sah dann aber ein, dass dieses Vorhaben wohl
kaum praktizierbar wäre, weil damit kein einziger Flüchtling mehr an der Grenze ein Asylbegehren stellen könnte, da alle die Schweiz umgebenden Länder im Sinn der Menschenrechte sichere Staaten sind. Weil die SVP auch Einreisen auf dem Luftweg praktisch verunmöglichen möchte, kämen nur noch Asylgesuche auf einer Schweizer Botschaft in Frage. Bei der Lancierung ihrer Initiative im Mai krebste sie in diesem Punkt zurück und verlangte nur noch, dass jemand, der über ein sicheres Land eingereist ist, bis zur Ausschaffung einen
„reduzierten Status“ erhält, der mit zusätzlichen Abstrichen bei den Fürsorgeleistungen „bestraft“ wird
[29].
Das im Vorjahr von Vertretern der Schweiz und Italiens unterzeichnete
Rückübernahmeabkommen, in dem sich
Italien verpflichtet, illegal in die Schweiz eingereiste Flüchtlinge, die vorher durch sein Land transitiert sind, wieder zurück zu nehmen, muss vor seiner Ratifizierung noch die Hürde des italienischen Parlaments nehmen. Beim Antrittsbesuch von Bundesrat Deiss bei seinem italienischen Amtskollegen und bei einem Arbeitsbesuch von Bundesrätin Metzler in Rom sagte die italienische Regierung aber zu, den Vertrag allenfalls bereits vor der Ratifizierung anzuwenden. Beamte des BFF erklärten dazu, Italien nehme bereits jetzt freiwillig zwischen 40 und 50% der illegalen Immigranten wieder bei sich auf
[30]. Das Abkommen mit Italien sowie ein analoges mit
Frankreich wurden zusammen mit drei weiteren Abkommen über die polizeiliche Zusammenarbeit mit diesen beiden Staaten von beiden Kammern angenommen
[31].
Ende August traf sich Bundesrätin Metzler auf dem Bürgenstock (LU) mit den Innenministern der
Nachbarländer zu einem Gedankenaustausch über die Asyl- und Ausländerpolitik. Die Diskussionen drehten sich vor allem um die
Rückkehr der Kosovaren in ihre Heimat, die Ausschaffung von Problemfällen sowie eine Harmonisierung der Visumspraxis. Beschlossen wurde eine enge Zusammenarbeit bei der Rückführung der Kosovo-Flüchtlinge sowie die Konstituierung einer Arbeitsgruppe unter Einbezug des Nicht-Schengen-Staates Schweiz zur gegenseitigen Information in den Bereichen Schlepperwesen und Geldwäscherei
[32].
Die liberale Fraktion im Nationalrat beantragte mit einer Motion, der Bundesrat solle die schweizerische Flüchtlingspolitik und die Flüchtlingsaussenpolitik mit anderen europäischen Staaten über die bereits bestehenden Vereinbarungen hinaus koordinieren, insbesondere im Bereich der
Ursachenbekämpfung von Flucht- und Migrationsbewegungen. Der Bundesrat führte aus, die EU habe signalisiert, nach der Genehmigung der bilateralen Abkommen mit der Schweiz dieser allenfalls eine Parallelübereinkunft zur Dubliner Konvention (Erstasylabkommen) anbieten zu wollen. Zudem bemühe sich die Schweiz, in anderen relevanten multilateralen Gremien (Europarat, OSZE, UNHCR usw.) eine möglichst koordinierte Politik für diesen Bereich zu erreichen. Auf seinen Antrag wurde die Motion lediglich als Postulat überwiesen
[33].
Nationalrat Hasler (svp, AG) wollte den Bundesrat mit einer Motion verpflichten, die
Informationsnetze vor Ort zu verbessern, um Migrationsströme in die Schweiz zu vermeiden und die Eingliederung der Leute in ihrer Heimat zu verbessern. Die Landesregierung, die auf die Tätigkeit der Schweizer Botschaften im Ausland und auf die Mitarbeit in internationalen Organisationen verwies, beantragte Umwandlung in ein Postulat; der Vorstoss wurde aber von Maury Pasquier (sp, GE) bekämpft und damit vorderhand der Diskussion entzogen
[34].
Eine Motion Fritschi (fdp, ZH) verlangte vom Bundesrat eine Vorlage, damit jenen
Fluggesellschaften, die Passagiere ohne gültige Einreisepapiere in die Schweiz transportieren, die Kosten für den Rücktransport und allfällige weitere Aufwendungen auferlegt werden können. Der Bundesrat erklärte, das geltende Recht trage den Anliegen des Motionärs bereits vollumfänglich Rechnung. Er war aber bereit, den Vorstoss in Postulatsform entgegen zu nehmen, um allenfalls abzuklären, ob sich zusätzliche gesetzliche Massnahmen aufdrängen, doch wurde dem Vorstoss von Roth (sp, GE) opponiert und seine Behandlung deshalb auf einen späteren Zeitpunkt verschoben
[35].
Im Vorjahr hatte das Parlament sowohl das
totalrevidierte Asylgesetz verabschiedet als auch Teile davon durch einen
dringlichen Bundesbeschluss bereits auf den 1. Juli 1998 in Kraft gesetzt. Gegen beide Vorlagen war noch vor Ende Jahr vor allem von Flüchtlingshilfswerken erfolgreich das
Referendum ergriffen worden. Die Opposition richtete sich in erster Linie gegen den dringlichen Bundesbeschluss mit seinen verschärften Massnahmen gegenüber den „Papierlosen“ und den „Illegalen“. Gegen das Gesetz als solches war – da es die „Missbrauchsbestimmungen“ ebenfalls enthält – zwar ebenfalls das Referendum ergriffen worden, doch war dabei dessen Errungenschaft, die Einführung eines Status für Gewaltflüchtlinge zu deren vorläufiger Aufnahme gewürdigt und deshalb von den Flüchtlingsorganisationen Stimmfreigabe beschlossen worden
[36].
Die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes in den Verordnungen führte aber wieder zu einem Umdenken. Besonders ins Gewicht fielen für die Hilfswerke die in der Praxis vorgesehenen Verschärfungen des Asylrechts, welche über die Missbrauchsmassnahmen hinausgehen. Bisher war es so, dass sich die bei der Befragung eines Asylbewerbers anwesenden Vertreter eines Hilfswerks vorher mit dem Dossier des Betroffenen vertraut machen konnten. Neu ist eine vorgängige Akteneinsicht nicht mehr vorgesehen. Die Hilfswerke erachteten damit ihre im Gesetz verankerte Aufgabe, als Beobachter eine faire Befragung zu garantieren, grundsätzlich in Frage gestellt. Zudem lehnten sie auch die vorgesehene „Drittstaatenregelung“ ab, welche ihnen wie eine Vorwegnahme der neuesten SVP-Forderungen erschien (siehe oben). Nach altem Recht wurde ein Aufenthalt in einem „sicheren“ Drittstaat – und dazu zählen alle Nachbarländer der Schweiz – bis zu einer Dauer von 20 Tagen zugelassen, ohne dass ein Asylsuchender deswegen vom Verfahren in der Schweiz ausgeschlossen wurde. Nach neuem Verordnungsrecht muss nun diese Durchreise „ohne Verzug“ stattfinden, was je nach Distanz zu tolerierten Aufenthaltszeiten von weniger als 24 Stunden führen kann; eine Beschwerdemöglichkeit gegen die Wegweisung in den EU-Staat, von dem aus die Einreise erfolgte, wurde ebenfalls nicht mehr erwähnt. Die Vertreter der Hilfswerke kritisierten, selbst die EU habe nicht gewagt, so weit zu gehen; gegen Entscheide aufgrund der Dubliner Konvention (Erstasylabkommen) gebe es nach wie vor eine Rekursmöglichkeit. Die Schweiz dagegen wolle eine derartige Verschärfung ohne jede Diskussion im Parlament auf dem Verordnungsweg einführen.
Aus diesen Gründen
beschlossen die Hilfswerke, das neue Asylgesetz ebenfalls aktiv zu bekämpfen
[37]. Auch die
SP und der
Schweizerische
Gewerkschaftsbund, welche die Referenden nur sehr zurückhaltend unterstützt hatten, gaben nun klar die Nein-Parole zu beiden Vorlagen aus
[38]. Ihnen schlossen sich die beiden grossen
Landeskirchen an. Sie vertraten die Ansicht, Gesetz und Verordnungsentwürfe zeugten von einem Geist der Abschreckung, der angesichts der Flüchtlingsnot in Europa der humanitären Schweiz unwürdig sei und tatsächlich Verfolgten den Zugang zum Asylverfahren massiv erschwere
[39]. Das
Ja-Komitee, dem rund 80 bürgerliche Mitglieder der eidgenössischen Räte angehörten, unterstrich demgegenüber die
Verbesserungen bei der Schutzgewährung für Gewaltflüchtlinge sowie die verstärkte
Rückkehrhilfe [40]. Angesichts der Tatsache, dass mit der Mutterschaftsversicherung ein weitaus umstritteneres Thema im Vordergrund stand, verlief die
Abstimmungskampagne eher ruhig [41].
Der Urnengang vom 13. Juni war ein klarer Erfolg für die Landesregierung und die Parlamentsmehrheit.
Beide Vorlagen wurden mit über 70% der Stimmen angenommen, die dringlichen Massnahmen sogar noch etwas deutlicher als das eigentliche Bundesgesetz. Alle Kantone hiessen beide Vorlagen gut, die
Deutschschweiz allerdings weit stärker als die Romandie. Am höchsten war die Zustimmung in den Kantonen Thurgau, St. Gallen und Zug, am schwächsten im Kanton Jura, der aber auch noch klar über 50% Ja-Stimmen einlegte. Entsprechend erfreut zeigte sich Bundesrätin Metzler am Abend des Abstimmungssonntags. Sie wertete das Ergebnis als
Bekenntnis der Bevölkerung zu einem „Mittelweg“ in der Asylpolitik – „grosszügige Schutzgewährung für Menschen in Not bei gleichzeitiger Bekämpfung der gängisten Missbräuche“ – und als Zeichen der Offenheit und des Konsenses. Ähnlich sahen dies CVP und FDP, welche das doppelte Ja als Signal dafür werteten, die humanitäre Tradition der Schweiz aufrecht zu erhalten und möglichst viel Hilfe vor Ort zu leisten, im Inland aber klare Grenzen zu setzen. Die enttäuschte SP nahm sich vor, inskünftig in erster Linie eine pragmatische Asyldebatte zu führen
[42].
Asylgesetzrevision
Abstimmung vom 13. Juni 1999
Beteiligung: 45,6%
Ja: 1 443 137 (70,6%)
Nein: 601 389 (29,4%)
Parolen:
– Ja: CVP, FDP, SVP, EVP (*2), FPS, LdU, LP; Vorort, Arbeitgeber, SGV, CNG, VSA, SBV.
– Nein: SP, GP, PdA, EDU; SGB, Schweiz. Bischofskonferenz, Evang. Kirchenbund; Flüchtlingshilfswerke, Jugendverbände.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Dringlicher Bundesbeschluss über Massnahmen im Asylbereich
Abstimmung vom 13. Juni 1999
Beteiligung: 45,6%
Ja: 1 447 984 (70,8%)
Nein: 595 908 (29,2%)
Parolen:
– Ja: CVP, FDP, SVP, LdU (1*), LP, FPS, SD; Vorort, Arbeitgeber, SGV, VSA, SBV.
– Nein: SP, GP, EVP, PdA, EDU; SGB, CNG, Schweiz. Bischofskonferenz, Evang. Kirchenbund; Flüchtlingshilfswerke, Jugendverbände.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Die
Vox-Analyse dieser Abstimmung zeigte, dass die beiden Vorlagen von allen sozialen Gruppen gutgeheissen wurden. Allerdings kam auch hier einmal mehr ein deutlicher
Unterschied nach Sprachregionen zum Tragen. Die Annahmerate lag in der Romandie um rund 20% tiefer als in der Deutschschweiz. Der Tessin positionierte sich in der Mitte. Die Unterschiede zwischen Stadt und (stärker zustimmendem) Land bestanden, waren letztlich aber irrelevant. Beim
Einfluss der politischen Faktoren konnten hingegen bedeutende Abweichungen vom Durchschnitt festgestellt werden. So bejahten nur 40 bis 45% der Personen, die der SP nahe stehen, eine Verschärfung der Asylpolitik. Bei den Sympathisanten der Grünen fiel dieser Anteil sogar auf einen Drittel. Die Parteien in der Mitte und am rechten Flügel verzeichneten eine noch grössere Gefolgschaft bei ihren Anhängern: 71% (CVP) bis 94% (SVP) folgten hier den Parteiparolen; die FDP lag mit mehr als 86% näher bei der SVP als bei der CVP
[43].
Seit 1992 entscheidet die
Asylrekurskommission (ARK) über Beschwerden abgewiesener Asylsuchender. Nachdem sie in den ersten Jahren der Kritik aus dem linken Lager ausgesetzt war, geriet sie – nach einigen Jahren der relativen Ruhe – nun plötzlich ins
Kreuzfeuer der bürgerlichen Kreise. Bereits im Oktober des Vorjahres hatte FDP-Präsident Steinegger moniert, gewisse Entscheidungen der ARK seien „schlicht und einfach unverständlich“, weshalb er den Bundesrat auffordere, mit Weisungen auf das Gremium Einfluss zu nehmen. Unterstützt von 82 Mitunterzeichnern doppelte Nationalrat Fehr (svp, ZH) mit einer Interpellation nach, in der er die „unverantwortlichen Entscheide“ der ARK anprangerte. Seiner Ansicht nach leistet die „large und realitätsfremde“ Praxis der ARK dem Asylmissbrauch Vorschub, da damit signalisiert werde, dass man in der Schweiz mit einer Kaskade von Einsprachen ein Asylverfahren beliebig in die Länge ziehen könne. Der Bundesrat wies in seiner Antwort darauf hin, dass die ARK nur die Aufgaben wahrnimmt, welche ihr im Bundesbeschluss von 1990 über das Asylverfahren zugeteilt wurden. Er sah deshalb keine Veranlassung für Massnahmen, soweit ihm solche aufgrund der Gewaltenteilung und seiner ausschliesslich administrativen Aufsichtskompetenz überhaupt zur Verfügung stünden, insbesondere auch, weil in den letzten Jahren die ARK rund 90% der Wegweisungsentscheide des BFF stützte
[44].
Bei der Beratung des Stabilisierungsprogramms nahm der Ständerat mit 23 zu 4 Stimmen eine Motion des Nationalrates an, die den Bundesrat auffordert, die
Ausgaben im Asylbereich bis zum Jahr 2000 auf maximal 1 Mia Fr. zurückzuführen. Erneut plädierte die Landesregierung vergebens für Umwandlung in ein Postulat, da angesichts unvorhersehbarer Ereignisse eine derart strikte Planung nicht möglich sei
[45].
Der Bundesrat unternahm verschiedene Schritte, um im Asylbereich Einsparungen zu erzielen. Insbesondere beharrte er auf der Absicht, die
Bundespauschale, die den Kantonen zur täglichen
Betreuung fürsorgeabhängiger Asylsuchender zusteht, um rund einen Fünftel auf 14.50 Fr. zu
senken, die Pauschale für anerkannte Flüchtlinge ungefähr im gleichen Umfang auf 20 Fr. zurückzunehmen und die einmalige Verwaltungspauschale von 1200 Fr. um 200 Fr. zu verringern. Die diesbezügliche Verordnung zum revidierten Asylgesetz ging Ende Januar in die Vernehmlassung
[46]. Die
Kantone meldeten gegen dieses Vorhaben geballten
Widerstand an, da damit ein beachtlicher Teil der Kosten im Asylbereich auf sie überwälzt werde. Als Affront empfanden es viele Kantone, dass der Bund damit den Resultaten der gemeinsamen Arbeitsgruppe „Finanzierung Asylwesen“ vorgriff
[47]. Dennoch wurde die Massnahme gleichzeitig mit dem neuen Asylrecht per 1. Oktober in Kraft gesetzt
[48].
Die Tagespolitik im Berichtsjahr wurde – vor allem bis in den Sommer hinein – von den
dramatischen Ereignissen im Kosovo beherrscht. Nachdem die Schweiz vorerst über verschiedene Kanäle
Nothilfe in den Auffanglagern in Albanien und Mazedonien geleistet hatte, wurde Anfang April klar, dass darüber hinaus eine Flüchtlingswelle auf die Schweiz zurollen würde. Gleichentags wie Bundespräsidentin Dreifuss als erste westeuropäische „Ministerpräsidentin“ Mazedonien besuchte – und bei ihrer Heimreise ganz spontan 20 Flüchtlinge, deren Angehörige in der Schweiz leben, mitnahm, was ihr die Kritik der bürgerlichen Parteien, vor allem der SVP eintrug – beschloss die Landesregierung die
kollektive Aufnahme von Kosovo-Flüchtlingen [49]. Die vom Bundesrat getroffene Sonderregelung eröffnete den Kosovaren in Albanien, Mazedonien oder in einem anderen Drittland (v.a. Montenegro) die Möglichkeit, relativ unbürokratisch ein Visum für die Einreise in die Schweiz zu beantragen; allerdings nur, wenn sie nahe Verwandte mit einer fremdenpolizeilichen Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz hatten (also nicht bloss asylrechtlich Aufgenommene) oder die Verweigerung des Visums eine grosse Härte für die Betroffenen bedeutet hätte. Damit sollten vor allem engste Familienangehörige (Ehegatten, Kinder und Eltern), Kranke, Verletzte und altersbedingt Pflegebedürftige einreisen dürfen. Am 11. Juli, nachdem Serbien dem international erzwungenen Rückzug aus Kosovo zugestimmt hatte, entschied der Bundesrat, die kollektive vorläufige Aufnahme
Mitte August abzuschliessen [50].
Anfangs Juni, als täglich über 300 Neuankömmlinge einreisten, erwog der Sicherheitsausschuss des Bundesrates (Metzler, Ogi und Deiss) Notmassnahmen zu ergreifen. Diese sollten darauf abzielen, die
Schweiz als Fluchtland weniger attraktiv zu gestalten, etwa durch die Errichtung von Barackenlagern und eine Senkung der Leistungen im Sozialbereich, insbesondere in der medizinischen Betreuung, sowie durch die Einbindung der hier anwesenden Verwandten in die (finanzielle) Verantwortung für ihre Familienangehörigen
[51]. Als vor allem die Medien diese Haltung des Bundesrates fast ausnahmslos als ein – angesichts des drängenden Elends dieser Flüchtlinge – unwürdiges innenpolitisches Schauspiel kritisierten,
krebste Metzler eine Woche später in der Fragestunde des Nationalrates
zurück und erklärte,
Notrecht würde nur als
Ultima ratio eingesetzt, wenn die Strukturen, die beim Krieg in Bosnien aufgebaut worden seien, insbesondere die Betreuung einzelner Unterkünfte durch Militär, nicht ausreichen sollten
[52].
Bereits einen Tag nach der Abstimmung zu den beiden Asylvorlagen gab es im Nationalrat anhand von vier Interpellationen aus den Fraktionen der CVP, der FDP, der GP und der SVP eine grosse Debatte zur Asylpolitik, insbesondere zur Krise im Kosovo und deren Folgen für die Schweiz. Die Grünen wollten vom Bundesrat wissen, ob die Kosovo-Flüchtlinge nicht nach Genfer Konvention Anrecht auf eine kollektive Asylgewährung hätten. Ihre Sprecherin Bühlmann (LU) warf dem Bundesrat vor, er habe die Signale aus der Bevölkerung (bedeutende Spenden an die Flüchtlingshilfswerke, Bereitschaft der im Land ansässigen Kosovaren zur Beherbergung ihrer Landsleute) nicht begriffen. Die CVP erkundigte sich nach Massnahmen der späteren Rückkehr der Kriegsvertriebenen und meinte, die Schweiz helfe mit ihrer grosszügigen Aufnahmepolitik vielleicht weniger den Flüchtlingen als vielmehr den Nachbarstaaten, die sich so elegant aus der Verantwortung stehlen könnten. Diesen Aspekt sprach auch die FDP an. Neben organisatorischen Fragen (Unterbringung, Vermeidung von Auseinandersetzungen zwischen ethnisch verfeindeten Gruppen) bat sie den Bundesrat, darüber Auskunft zu geben, ob er allenfalls eine Beteiligung an einer bewaffneten Kosovo-Friedenstruppe ins Auge fasse. Die SVP fragte, ob der Bundesrat bereit sei, den Grenzschutz zu verstärken. Ein wichtiges Anliegen war für diese Partei auch, dass auf jegliche Integration der vorläufig Aufgenommenen verzichtet wird; insbesondere sollten die Kinder unter ihnen nicht eingeschult werden und die Erwachsenen keinen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten. Die SP, die selber keine Interpellation eingereicht hatte, bezeichnete die Vorstösse der bürgerlichen Parteien als ein die Fremdenfeindlichkeit schürendes Wahlgerangel auf dem Buckel der Schwächsten.
In seiner Antwort hielt der
Bundesrat fest, dass die Schweiz im europäischen Vergleich prozentual die höchste Zahl von Kosovo-Flüchtlingen aufgenommen habe. In Beantwortung der diesbezüglichen Fragen erklärte er, viele Kosovaren hätten nicht deshalb die Schweiz als Fluchtdestination gewählt, weil sie sich hohe Fürsorgeleistungen versprachen, sondern weil durch die Arbeitsmarktpolitik der letzten Jahre bereits sehr viele ihrer Landsleute hier leben.
Ängste, die Aufnahmekapazität der Schweiz sei bald erschöpft, relativierte er hingegen. Dank dem Einsatz des Militärs könnten pro Monat rund 8000 Neuankömmlinge betreut werden, was deutlich über die momentanen Einreisen hinausgehe. Der SVP wurde geantwortet, eine Verstärkung des Grenzschutzes stehe durchaus zur Diskussion, ebenso Beschränkungen des Zugangs zum Arbeitsmarkt. Die Aus- und Weiterbildung der Flüchtlinge stehe nicht im Zeichen der Integration, sondern habe bessere Startchancen bei einer Rückkehr in die Heimat zum Ziel. Den sicherheitspolitischen Befürchtungen der FDP setzte der Bundesrat seinen Willen entgegen, weder ethnisch bedingte Abrechnungen unter Flüchtlingen noch durch sie verübte Terrorakte zu dulden; eine allfällige Teilnahme an einer Friedenstruppe machte er von einem Mandat der UNO abhängig. Den Grünen gegenüber verwies er auf die im April beschlossene kollektive Aufnahme der Kosovaren
[53].
Anfangs Juli fand unter dem Vorsitz von Bundespräsidentin Dreifuss die
nationale Asylkonferenz statt, ein alljährlich stattfindendes Treffen zwischen den involvierten Departementschefs sowie den Vertretern der Kantonsregierungen. Die Politik des Bundesrates wurde von den Gesprächspartnern generell als richtig erachtet, insbesondere die Hilfe vor Ort. Grundsätzlich wurde auch das Rückkehrkonzept der Landesregierung begrüsst, wobei den einen die verordnete Ausreise etwas zu schnell, den anderen eher zu langsam erfolgte. Keinen Erfolg konnte die bundesrätliche Delegation jedoch mit ihrem Vorschlag einer
Ausdehnung des geltenden dreimonatigen Arbeitsverbots für Neuankömmlinge auf ein Jahr verbuchen, welches die SVP bereits seit längerem und die FDP sowie die CVP neuerdings verlangten. Im Verhältnis 5:3 lehnten die anwesenden Kantonsvertreter diese Idee ab, weil sie als Folge eines solchen Verbots eine Zunahme der Schwarzarbeit oder der Kriminalität befürchteten; zudem treibe dies nur die Fürsorgegelder in die Höhe, was die Bevölkerung angesichts untätiger Asylbewerber kaum verstehen würde. Eine Minderheit der Kantone äusserte sich hingegen positiv zu den bundesrätlichen Vorschlägen, weil alles vermieden werden müsse, was die Integration fördere
[54].
Der Bundesrat hielt aber an seiner Absicht fest, die Dauer des Arbeitsverbots zu verlängern, weshalb er die Kantone bat, sich noch einmal dazu zu äussern. Hintergrund dieser neuerlichen Konsultation war, dass an der Asylkonferenz in erster Linie die für das Ressort „Soziales“ zuständigen Regierungsräte zu Wort gekommen waren, die häufig aus der SP stammen. Neu waren vor allem die Chefs der Polizeidepartemente sowie die kantonalen Gesamtregierungen gefragt. Diesmal stimmten 19 Kantone der Ausdehnung des Arbeitsverbots zu; einzig Basel-Stadt, Obwalden und die welschen Kantone (mit Ausnahme von Jura) lehnten es als kontraproduktiv ab
[55]. Der Bundesrat verlor daraufhin keine Zeit und setzte wenige Tage nach Ablauf der Vernehmlassung das
einjährige Arbeitsverbot in Kraft; dieses gilt nur für jene Asylbewerber, die nach dem 1. September des Berichtsjahres eingereist sind. Die
bürgerlichen Parteien begrüssten die Ausdehnung des Arbeitsverbots, währenddem
SP, Gewerkschaften und Flüchtlingshilfe heftige Kritik übten. Aber auch CVP und FDP waren der Ansicht, dass man unter diesen Umständen Vorkehren gegen die Schwarzarbeit ergreifen müsse. Sie verlangten deshalb
Beschäftigungsmassnahmen sowie Weiterbildungsprogramme für die betroffenen Flüchtlinge. Diese hatte der Bundesrat bereits im Juni beschlossen und dafür einen Kreditrahmen von
5 Mio Fr. vorgesehen. Diese Programme sollten den Schutzsuchenden Kenntnisse vermitteln, die ihnen beim Wiederaufbau ihres Heimatlandes helfen können. Für die Monate November 1999 bis Februar 2000 wurde das Bundesamt für Berufsbildung und Technologie beauftragt, eine erste Tranche für maximal 1000 kollektiv aufgenommene Kosovaren in Gang zu setzen
[56].
Die
SP-Fraktion wollte noch weiter gehen und den Bundesrat mit einer Motion auffordern, dem Parlament
36 Mio Fr. für Beschäftigungsprogramme zur Stärkung der Rückkehrfähigkeit der Kriegsflüchtlinge zu beantragen. Die Landesregierung machte geltend, aufgrund der nun rasch erwarteten Heimkehr der meisten Flüchtlinge aus dem Kosovo sei es gar nicht möglich, derart umfassende Vorhaben zu realisieren. Auf ihren Antrag wurde der Vorstoss
abgelehnt [57]. Angenommen wurde hingegen ein Postulat Föhn (svp, SZ), welches konkrete Angaben über die vorzusehenden Lehrgänge (Maurer, Zimmermann usw.) machte
[58].
Gleich wie die
FDP, die mit ihrer Forderung nach einem Arbeitsverbot, nach einer weniger differenzierten Behandlung von kriminellen Asylbewerbern und nach einer Verstärkung der Grenzbewachung Positionen der SVP übernahm, wollte auch die
CVP im Abstimmungsjahr das politisch brisante Thema des Vollzugs im Asylbereich nicht einfach kampflos der SVP überlassen. Ihre Fraktion reichte eine Motion ein, die den Bundesrat beauftragen wollte, Massnahmen zur Verringerung der schweizerischen Aufnahmestandards zu ergreifen. Konkret hiess das:
kein Zugang zum Arbeitsmarkt und kollektive Unterbringung in Grenznähe für illegal Eingereiste, verstärkte Grenzüberwachung sowie Familienzusammenführung nur im engsten Kreis (Ehegatten, Kinder, Eltern). Anvisiert waren klar die Flüchtlinge aus dem Balkan. Als Korrelat zu diesen Drehungen an der Repressionsschraube verlangte die CVP, dass die
Hilfe im Krisengebiet mit einem Sonderkredit von 100 Mio Fr. massiv verstärkt wird. In der Wintersession wurde auf Antrag des Bundesrates, der vorrechnete, dass der Bund unter verschiedenen Titeln bereits an die 100 Mio Fr. zur Hilfe vor Ort eingesetzt oder gesprochen habe, dieser Punkt der Motion abgelehnt, ebenso die grenznahe Internierung, da Personen, welche illegal in die Schweiz einreisen, entweder an den Nachbarstaat, aus dem sie eingereist sind, überstellt oder aber in das reguläre Asylverfahren aufgenommen werden, weshalb sich diese Massnahme erübrige. Die restlichen Punkte der Motion wurden als erfüllt abgeschrieben
[59].
Eine andere Motion der
CVP-Fraktion, die eine
Überprüfung der Betreuungs- und Fürsorgestandards in der Asylpolitik verlangte, wurde auf Antrag des Bundesrates, der laufende Abklärungen im Rahmen der Arbeitsgruppe „Finanzierung Asylwesen“ geltend machte, nur als Postulat angenommen
[60]. Eine Motion des Zürcher SVP-Abgeordneten Fehr, die eine Beschränkung der staatlichen Fürsorgeleistungen auf legal anwesende Asylbewerber forderte und illegal eingereiste, „papierlose“ und abgewiesene Personen davon ausnehmen wollte, wurde mit 76 zu 54 Stimmen verworfen. Auch hier begründete der Bundesrat seinen Antrag auf Ablehnung mit dem Hinweis auf die Arbeitsgruppe, deren Ergebnisse vorerst abgewartet werden sollten
[61]. Eine von Loretan (fdp, AG) eingereichte Motion zur Internierung weggewiesener Ausländer und straffällig gewordener Asylsuchender wurde mit 26 zu 5 Stimmen deutlich gutgeheissen. Bundesrätin Metzler hatte sich unter anderem mit dem Verweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention vergebens gegen den Vorstoss gewehrt
[62].
Nach Beendigung des Krieges in
Kosovo machte sich der Bundesrat Gedanken über die Modalitäten der
Rückkehr der rund 60 000 Flüchtlinge aus der Region. Angesichts der Zerstörung und der Verminung dieser nach wie vor jugoslawischen Teilrepublik erachtete er eine rasche Ausreise aller Kriegsvertriebenen als nicht realistisch. Dennoch liess er keinen Zweifel daran, dass alle vorläufig Aufgenommenen über kurz oder lang die Schweiz verlassen müssen. Ab dem 1. Juli wurden freiwillige Rückkehren mit einem
Beitrag von 2400 Fr. pro erwachsene Person und 1200 Fr. für Kinder sowie Beihilfen zum Wiederaufbau (sogenannte „shelter kits“) honoriert. Bis Ende Jahr reisten so fast 16 000 Personen in den Kosovo zurück. Wer bis Ende Mai 2000 ausreist, erhält noch die halbe Rückkehrhilfe und Materialhilfe vor Ort
[63].
Eine besondere Volksgruppe im Balkan, nämlich die
Roma, sprach Nationalrätin Bühlmann (gp, LU) in einem Postulat an. Sie bat den Bundesrat, diesen besonders diskriminierten Personenkreis erst bei einer völligen Normalisierung der Lage in Serbien, Mazedonien, Albanien und Bosnien dorthin zurück zu schicken. Die Landesregierung anerkannte die besondere Gefährdungssituation der Roma, weshalb deren Asylgesuche alle individuell geprüft würden. Auf seinen Antrag wurde der Vorstoss mit 75 zu 35 Stimmen abgelehnt
[64].
Rund 30 000
Tamilen aus Sri Lanka leben mittlerweile in der Schweiz, aber nur 395 als anerkannte Flüchtlinge. Etwa 7700 Personen, die ihr Asylgesuch vor Mitte 1990 einreichten, wurden vorläufig aufgenommen, gut 11 000 haben eine Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen, und in über 8000 Fällen ist das erstinstanzliche Urteil hängig. Der grösste Teil dieser Gesuche ist seit 1994 pendent. Damals beschloss der Bundesrat, die tamilischen Gesuche, die zwischen Mitte 1990 und Ende 1992 eingereicht worden waren, zu sistieren, um vorrangig die neu eingehenden Anträge zu behandeln. Seither lebten diese Menschen in einer ständigen Ungewissheit über die Dauer ihres Aufenthalts in der Schweiz. Der Bundesrat erwog nun, für diese Flüchtlingskategorie einen (voraussichtlich positiven) Härtefallentscheid zu fällen und auch diese Personen vorläufig aufzunehmen. Nach neuem Asylrecht haben vorläufig Aufgenommene nach fünf Jahren der Anwesenheit Anrecht auf eine reguläre Aufenthaltsbewilligung. Gemäss Botschaft zum revidierten Asylgesetz handelt es sich dabei um einen Immigrationsentscheid, für den nicht mehr die Kantone, sondern das BFF und die ARK zuständig sind
[65].
Nach der Wahl eines neuen Staatspräsidenten in
Algerien, der versprach, nicht mehr auf Ausgrenzung, sondern auf Befriedung der fundamentalistischen Opposition zu setzen, ging das BFF davon aus, damit sei in diesem nordafrikanischen Land wieder Frieden eingekehrt, weshalb es die Wegweisung abgewiesener algerischer Asylsuchender, auch solcher, die der islamistischen „Heilsfront“ angehören, wieder aufnahm. Seit Jahresbeginn hatten 416 Algerier ein Asylgesuch gestellt; 25 erhielten Asyl, 33 wurden provisorisch aufgenommen. Die restlichen Gesuchsteller wurden nach Prüfung der Einzelfälle ab September nach und nach ausgeschafft
[66].
[27] Presse vom 15.1.00.27
[28] Presse vom 22.2.99. Siehe
SPJ 1996, S. 273 ff.28
[29]
BBl, 1999, S. 3424 ff.; Presse vom 29.5.99. Für diese Initiative warb die SVP einmal mehr mit reisserischen Plakaten: diesmal zeigten sie das Bild eines „fremden Finsterlings mit den Handschuhen des Berufsverbrechers, der unter Missbrauch des Asylrechts in die Schweiz eindringt“ (
NZZ, 3.8.99). Die SVP-Sektionen der Kantone BE, TG und GR distanzierten sich von diesen Plakaten, die sie als „geschmacklos“ empfanden (
SGT, 7.8.99;
BüZ, 11.8. und 13.8.99).29
[30]
NZZ, 28.7.99. Vgl.
SPJ 1998, S. 286 (FN).30
[31]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 75 ff. und 771;
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 298 ff. und 366. Zum Inhalt der Abkommen siehe oben, Teil I, 2 (Relations bilatérales).31
[32]
NLZ, 26.8. und 27.8.99. Am Parteitag der Liberalen forderte BFF-Direktor Gerber eine Anpassung an die härtere Gangart der EU in der Asylpolitik (
NLZ, 13.9.99). Zur Politik der EU im Asylbereich siehe
NZZ, 6.9.99 und
TA, 18.10.99. Zum Schlepper(un)wesen vgl. die Antwort des BR auf zwei Interpellationen (
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 207 ff.;
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2223 ff.).32
[33]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1299 ff.33
[34]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1311 f.34
[35]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1310 f. Diese Forderung ist auch in der Asylinitiative der SVP enthalten (siehe oben).35
[36] Siehe
SPJ 1998, S. 285 f. Wäre das Gesetz angenommen, der dringliche Bundesbeschluss aber verworfen worden, so hätten die verschärften Massnahmen wieder aus dem Gesetz gestrichen werden müssen.36
[37] Presse vom 7.4.99.37
[38] Presse vom 26.4.99. Der CNG blieb dagegen bei seiner Haltung, nur den dringlichen Bundesbeschluss abzulehnen.38
[39] Presse vom 11.5.99.39
[40] Presse vom 28.4.99.40
[41] Presse vom 25.4. bis 12.6.99.41
[42]
BBl, 1999, S. 7293 ff.; Presse vom 14.6.99.42
[43] Hanspeter Kriesi et al.,
Analyse der eidg. Abstimmung vom 13. Juni 1999, VOX Nr. 68, Genève 1999.43
[44]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1381 ff. und 2500 f.;
TA, 9.4.99. Siehe
SPJ 1998, S. 287. Im Berichtsjahr hiess die ARK 7,4% der Beschwerden gut; in dieser Zahl nicht enthalten sind Teilgutheissungen und Kassationen (Presse vom 28.4.00). Zusammen mit dem totalrevidierten Asylgesetz trat am 1. Oktober auch die neue ARK-Verordnung in Kraft, welche bestimmt, dass alle Urteile materieller Natur nur noch von einem dreiköpfigen Richtergremium gefällt werden dürfen; damit entfallen die oft kritisierten einzelrichterlichen Entscheide (
NZZ, 12.8.99).44
[45]
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 35 f. Siehe
SPJ 1998, S. 287. Der NR überwies ein Postulat Bührer (fdp, SH), das eine generelle Überprüfung der Kosten im Asylbereich verlangte (
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2672). Zu den Ausgaben im Flüchtlingswesen siehe auch die Antwort des BR auf zwei Interpellation (SVP-Fraktion sowie Bührer),
ibid., 1999, S. 1341 ff. Zur Abgeltung an die Flüchtlingsorganisationen für deren Betreuungsaufgaben vgl. die Ausführungen des BR zu einer Interpellation Leu (cvp, LU),
ibid., S. 2225 f.45
[46] Presse vom 26.1.99.
SPJ 1998, S. 286 f.46
[47] Presse vom 4.5.99. Die Arbeitsgruppe diskutierte u.a. auch den Vorschlag, die Fürsorgeleistungen für Asylbewerber zeitlich zu begrenzen; vor allem abgewiesene Asylbewerber sollten so zur Ausreise motiviert werden (
NZZ, 11.10.99).47
[48] Presse vom 1.10.99.48
[49] Presse vom 9.4. und 12.4.99.49
[50] Presse vom 29.4. und 12.7.99.50
[51] Presse vom 1.6.99. Die Leute vor Ort in den Empfangsstellen sahen die Situation allerdings bedeutend weniger dramatisch als die Behörden in Bern. Selbst Mitte Juni, als täglich über 1000 Flüchtlinge an der Grenze eintrafen und das BFF erneut von einer „Notsituation“ sprach, erklärten die Mitarbeiter der Empfangsstellen, sie hätten – dank der Unterstützung durch das Militär – die Lage voll im Griff (
Bund, 17.6.99). Für die Betreuung der Flüchtlinge durch die Armee siehe oben, Teil I, 3 (Défense nationale et société). Zu den angewendeten Standards in der medizinischen und zahnmedizinischen Betreuung von Asylsuchenden und vorläufig Aufgenommenen vgl. die Antwort des BR auf eine Anfrage Guisan (fdp, VD) in
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1419.51
[52]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 931 ff.52
[53]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1058 ff. Zur Forderung nach einem Ausland-Einsatz der Armee siehe oben, Teil I, 3 (Activité internationale).53
[54] Presse vom 2.7.99.54
[55] Presse vom 3.7. und 19.8.99.55
[56] Presse vom 26.8.99.56
[57]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2181 f.57
[58]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2204 f.58
[59]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2164 ff. Eine massive Aufstockung der Hilfe vor Ort verlangte auch eine Motion der SP-Fraktion,die ebenfalls nur teilweise als Postulat überwiesen wurde (
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2147). Im StR reichte Wicki (cvp, LU) eine Motion ein, die mit jener der CVP-Fraktion im NR identisch war. Auch diese wurde zum Teil abgelehnt und zum Teil als erfüllt abgeschrieben (
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 907 ff.).59
[60]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2496 f. Für eine Übersicht über die Betreuungsstandards von Flüchtlingen im europäischen Umfeld siehe
Lit. Efionayi Mäder;
LT, 4.12.99.60
[61]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2499 f.61
[62]
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 911 ff. Die Motion war von 29 Standesvertetern unterzeichnet worden. Mitte Jahr beschloss der Grosse Rat des Kantons Aargau, mit einer Standesinitiative Internierungslager für straffällige und renitente Asylbewerber zu verlangen (
Verhandl. B.vers., 1999, VI, I, S. 36;
AZ, 19.6. und 24.6.99). Zur Asylpolitik der Parteien im Wahljahr vgl.
NZZ, 26.8.99 und
Bund, 13.9.99. Siehe auch oben, Teil I, 1e.62
[63]
Lit. Britsch / Kaser; Presse vom 24.6.99 und 15.1.00. Siehe dazu auch die Interpellationen Merz, fdp, AR (
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 915 ff.), der FDP-Fraktion und Leu, cvp, LU (
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2492 ff. und 2674.).63
[64]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2494. Gestützt auf ein Rechtsgutachten und eine Analyse der Situation setzte das BFF Ende Jahr vorderhand die Rückführung der Roma aus (Presse vom 1.12.99).64
[65] Presse vom 28.9.99.65
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