Année politique Suisse 1999 : Enseignement, culture et médias / Enseignement et recherche / Forschung
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Gentechnologie
Zur künstlichen Fortpflanzung und zur Xenotransplantation siehe oben, Teil I, 7b (Gesundheitspolitik); zu gentechnisch veränderten Landwirtschaftsprodukten und Lebensmitteln siehe oben, Teil I, 4c (Produits alimentaires).
Das im Rahmen des Abstimmungskampfes zur „Gen-Schutz-Initiative“ vom Bundesrat 1998 in einem ersten Entwurf vorgelegte Gen-Lex-Programm steckte weiterhin in langwierigen Prozessen der verwaltungsinternen Feinabstimmung. Die bundesrätliche Botschaft – zuerst auf Herbst 1998 erwartet, dann auf Frühling 1999 verschoben – lag Ende des Berichtsjahres immer noch nicht vor, und die Regierung verschob ihren Entscheid auf das Jahr 2000. Hingegen hatte der Bundesrat im Sommer drei Verordnungen erlassen, mit welchen die Gentechnik in der Schweiz in Anlehnung an die EU-Richtlinien stärker reglementiert und kontrolliert bzw. mehr Sicherheit im Umgang mit gentechnisch veränderten und krankheitserregenden Organismen erreicht werden soll. Die Freisetzungsverordnung (FrSV) und die Erschliessungsverordnung (ESV) stehen für den Schutz von Mensch und Umwelt, die Verordnung über den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Gefährdung durch Mikroorganismen (SAMV) regelt die spezifischen Sicherheitsmassnahmen für Menschen, die am Arbeitsplatz in Kontakt mit gentechnisch veränderten Organismen treten. Unter den drei auf den 1. November 1999 in Kraft gesetzten Verordnungen war die Freisetzungsverordnung von besonderer Bedeutung, hatte doch das Buwal mit der Verweigerung entsprechender Bewilligungen und einer Befürwortung der Idee eines Freisetzungsmoratoriums im Hinblick auf die Gen-Lex-Vorlage für Aufsehen und Kritik gesorgt. Ungeregelt blieb die Haftung für Schäden, die aus gentechnischen Arbeiten für Mensch und Umwelt entstehen. Das Haftungsrecht soll erst im Rahmen der Gen-Lex überarbeitet werden [99].
Als Zweitrat überwies die grosse Kammer mit 82 zu 54 Stimmen die im Nachgang zur Abstimmung über die „Gen-Schutz-Initiative“ eingereichte Motion Leumann (fdp, LU), welche eine Anpassung des Patentgesetzes an das EU-Recht verlangt. Die Motion der FDP-Fraktion, deren Text sich mit dem Vorstoss Leumann deckte, wurde zurückgezogen. Im Hinblick auf dessen Beratung im Nationalrat hatten sich die fünf Hilfswerke Swissaid/Fastenopfer/Brot für alle/Helvetas/Caritas gegen eine entsprechende Revision des Bundesgesetzes über die Erfindungspatente ausgesprochen und vor den Tücken der EU-Richtlinie gewarnt. Mit der Einführung von Patenten auf Lebewesen seien unter anderem negative Konsequenzen für die globale Ernährungssicherheit sowie Abhängigkeiten der Bauern von Agrarkonzernen zu befürchten [100]. Eine Motion der grünen Fraktion, die vom Bundesrat die Vorlage von Alternativen zur umstrittenen Patentierung von Lebewesen verlangt hatte, wurde vom Nationalrat mit 74 zu 61 Stimmen abgewiesen [101].
Der Bundesrat war bereit, eine Motion Kuhn (gp, AG) in Postulatsform entgegenzunehmen, welche im Rahmen der Gen-Lex-Vorlage eine Ergänzung des Umweltschutzgesetzes mit dem Vorsorgeprinzip und dem Grundsatz des Nutzens für die Gesellschaft fordert. Da der Freisinnige Randegger (BS) den Vorstoss bekämpfte, wurde der Entscheid verschoben [102].
Florianne Koechlin, Biologin und Basler Gentechnik-Kritikerin, wurde vom Bundesrat als zwölftes Mitglied in die Ethik-Kommission für die Gentechnik im ausserhumanen Bereich gewählt. Koechlin hatte 1998 aus Protest auf einen Einsitz in die Kommission verzichtet [103]. Angesichts des regelrechten Booms von Ethikkommissionen in den Bereichen Bioethik, Gentechnik und Medizin wurde der Ruf nach Schaffung einer einzigen nationalen Ethikkommission laut. In einer Motion forderte Ständerat Plattner (sp, BS) die Zusammenfassung der bestehenden Ethikkommissionen des Bundes zu einem nationalen Gremium oder aber zumindest die Fusion einzelner Kommissionen mit überlappenden Kompetenzen. Die kleine Kammer überwies den Vorstoss in Postulatsform [104].
 
[99] Presse vom 29.4. und vom 26.8.99; SHZ, 20.10.99; TA, 8.11.99; AZ, 24.12.99. Zur Freisetzungs- und Erschliessungsverordnung vgl. oben, Teil I, 6d (Législation sur la protection de l’environnement). Zur Diskussion über ein zehnjähriges Moratorium für Freisetzungsversuche mit Gen-Mais vgl. oben, Teil I, 4c (Produits alimentaires). Vgl. SPJ 1998, S. 315 ff. 99
[100], 1999, S. 656 und 657 f.; Presse vom 7.4.99. Vgl. SPJ 1998, S. 317 f. 100
[101], 1999, S. 658 ff. Vgl. SPJ 1998, S. 316. 101
[102] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1313 ff. 102
[103] Presse vom 16.3.99; vgl. SPJ 1998, S. 318 f. 103
[104] Amtl. Bull. StR, S. 181ff.; NZZ, 6.2.99. Vgl. auch TA-Magazin, Nr. 51, Dezember 1999, S. 26 ff. Für die Einrichtung einer Ethik-Professur an einer noch zu bestimmenden Fakultät stellte der Basler Anne-Frank-Fonds der Universität Basel 1,2 Mio Fr. zur Verfügung (NZZ, 27.3.99). 104