Année politique Suisse 1999 : Enseignement, culture et médias / Culture, langues, églises / Kulturpolitik
print
Pro Helvetia
In der Aufbruchstimmung, welche durch die Aufnahme eines Kulturartikels in die neue Bundesverfassung (Art. 69) entstand, war auch die Pro Helvetia bereit, ihre nach 60 Jahren Betrieb doch etwas verkrusteten Strukturen zu bereinigen. An seiner Plenarversammlung anfangs Juli beschloss der Stiftungsrat, die Pro Helvetia solle sich in Zukunft vermehrt der Kunstförderung zuwenden und somit ihre Tätigkeit konzentrieren. In diesem Rahmen soll auch die Aufgabenteilung zwischen dem BAK, der Kultursektion des EDA und der Stiftung neu geregelt werden [3].
Für die Periode 1996-1999 hatte die Pro Helvetia mit Beiträgen des Bundes auskommen müssen, die auf dem Niveau von 1992 eingefroren und später im Rahmen der allgemeinen Sparübungen erst noch gekürzt worden waren. Von den 1995 beschlossenen Subventionen von 118 Mio Fr. wurden schliesslich nur 114,5 Mio Fr. ausbezahlt. Für die Periode 2000-2003 beantragte die Stiftung nun Beiträge in der Höhe von 163,4 Mio Fr., um ihren Aufgaben im In- und Ausland nachkommen zu können. Der Bundesrat anerkannte zwar, dass die Stiftung in der letzten Beitragsperiode mangels ausreichender Finanzen ihre gesetzlichen Aufgaben nicht immer habe wahrnehmen können, beantragte dem Parlament aber dennoch, dem Subventionsbegehren der Pro Helvetia nicht in vollem Umfang zu entsprechen. Seiner Ansicht nach sollte der Beitrag des Bundes auf 120 Mio Fr. angehoben und weitere 8 Mio Fr. zweckgebunden ausgerichtet werden (2,5 Mio Fr. für den kulturellen Austausch im Inland, 5,5, Mio Fr. zur Verstärkung der Auslandsaktivitäten) [4].
Seit Beginn der 90er Jahre konnte die Pro Helvetia dank der vom Parlament gesprochenen ersten beiden Osteuropakredite kulturpolitische „Antennen“ in Budapest (Ungarn), Prag (Tschechien), Bratislava (Slowakei) und Krakau (Polen) betreiben. Diese Kredite liefen nun aus, weshalb die Pro Helvetia vor die Wahl gestellt war, die Büros zu schliessen oder deren Betrieb aus eigenen Mitteln weiter zu führen (siehe unten). Der im Berichtsjahr vom Parlament genehmigte 3. Rahmenkredit für Osteuropa konzentriert sich auf den Balkan und die Ukraine. In diesem Rahmen wurde die Stiftung beauftragt, Aussenstellen in Bukarest (Rumänien), Sofia (Bulgarien), Skopje (Mazedonien), Tirana (Albanien) und Kiew (Ukraine) aufzubauen [5].
Um das Weiterbestehen der „Antennen“ in Mittel- und Osteuropa angesichts des vom Bundesrat zurückgestutzten Kreditrahmens nicht zu gefährden, beschloss der Ständerat auf Antrag seiner Kommission für Weiterbildung und Kultur einstimmig, die Subventionen an die Stiftung um weitere 2 Mio Fr. auf 130 Mio Fr. zu erhöhen. Bundespräsidentin Dreifuss opponierte nicht gegen diese Aufstockung und meinte, die 2 Mio Fr. seien gut eingesetztes Geld [6].
Im Nationalrat wurde die Finanzierung der Pro Helvetia in der Wintersession als erstes Sachgeschäft der neuen Legislatur behandelt. Kommissionssprecher Bezzola (fdp, GR) sah dies als leisen Wink für die Arbeit der eidgenössischen Räte in den nächsten vier Jahren, als ein Auftrag, den Dialog zwischen den Sprachgruppen und Kulturen der Schweiz zu fördern, aber auch den Begegnungen zwischen Zentrum und Peripherie, zwischen Bewährtem und Gewagtem, zwischen Arriviertem und Neuem in der Schweiz und im Kontakt zum Ausland genügend Beachtung zu schenken. In der Detailberatung stimmte die grosse Kammer auf Antrag der Kommissionsmehrheit dem Ständerat zu und erhöhte damit die Finanzhilfe an die Pro Helvetia auf 130 Mio Fr. für die nächsten vier Jahre. Dabei unterlagen zwei Minderheitsanträge, die aus völlig gegenläufiger Richtung kamen. Föhn (svp, SZ) wollte den Subventionsbeitrag bei den vom Bundesrat vorgeschlagenen 128 Mio Fr. belassen und den Bereich der Volksmusik besser honoriert sehen. Müller-Hemmi (sp, ZH) verlangte angesichts des Rückzugs privater Sponsoren aus dem Kulturbetrieb – so etwa der Bank UBS beim Willisauer Jazzfestival – eine Aufstockung um weitere 2 Mio Fr. In Übereinstimmung mit Bundespräsidentin Dreifuss lehnte der Rat beide Minderheitsanträge ziemlich deutlich ab [7].
 
[3] TA, 24.2.99; LT, 22.5.99; NLZ und NZZ, 26.5.99; Presse vom 3.7.99. Eine etwas zu forsche Modernisierungsgangart schlug die Pro Helvetia damit ein, dass sie ihr neues Bulletin „Newsletter“ nennen wollte; nach geharnischter Kritik erschien dieses ab der Juninummer unter dem Titel „Transversal“ (NZZ, 13.7.99).3
[4] BBl, 1999, S. 7805 ff.; Presse vom 14.5.99.4
[5] LT, 27.3., 27.5. und 21.9.99; NZZ, 29.3.99. Zum dritten Osteueropakredit siehe oben, Teil I, 2 (Autres institutions européennes).5
[6] Amtl. Bull. StR, 1999, S. 852 ff.; NZZ, 25.8.99; LT, 28.9.99.6
[7] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2376 ff.7