Année politique Suisse 2000 : Economie / Politique économique générale
 
Gesellschaftsrecht
Mit einem neuen Gesetz über Fusion, Spaltung, Umwandlung und Vermögensübertragung von Gesellschaften (kurz Fusionsgesetz) möchte der Bundesrat bisherige Lücken im Obligationenrecht schliessen, Umwandlungs- und Restrukturierungsvorgänge erleichtern und für die Beteiligten transparenter gestalten. Insbesondere sollen nicht nur wie bisher Aktien- und Kommanditaktiengesellschaften sowie Genossenschaften, sondern auch alle anderen Unternehmensformen (z.B. GmbH) abgedeckt werden. Mit dem Instrument der Spaltung und der Vermögensübertragung sollen zudem neue Rechtsformen geschaffen werden. Privatrechtlich geklärt werden auch Restrukturierungsvorgänge, welche sich zwischen Gesellschaften mit unterschiedlicher Rechtsform abspielen. Als Neuerung wurde im weiteren die Vorschrift aufgenommen, dass die an einer Fusion beteiligten Gesellschaften einen sogenannten Fusionsbericht ausarbeiten müssen. Dieser soll die an den Gesellschaften finanziell Beteiligten über die Pläne und ihre Auswirkungen (auch auf die Arbeitsplätze) orientieren; ein Einsichtsrecht Dritter (z.B. Gewerkschaften) in die Unterlagen ist allerdings nicht vorgesehen. Gleichzeitig beantragte die Regierung auch einige steuerrechtliche Anpassungen, um zu gewährleisten, dass die Nutzung dieser privatrechtlichen Restrukturierungsmöglichkeiten belastungsneutral bleibt [34].
Trotz der Reduktion des minimalen Nennwerts einer Aktie auf 10 Fr. mit der Aktiengesetzrevision von 1991 sind schweizerische Unternehmen im internationalen Kapitalmarkt gegenüber ausländischen Gesellschaften mit tieferen Werten immer noch benachteiligt. Die WAK des Ständerats befasste sich mit einer im Vorjahr von Reimann (svp, AG) eingereichten parlamentarischen Initiative für eine weitere Reduktion, nachdem das Parlament bereits im Vorjahr im Rahmen der Diskussion um die Erleichterung von Unternehmensgründungen eine Motion für einen niedrigeren Nennwert gutgeheissen hatte. Der Bundesrat selbst hatte in seinem Entwurf für ein Fusionsgesetz ebenfalls eine Reduktion – auf 1 Rappen – vorgeschlagen. Um nicht zu warten, bis dieses Gesetz verabschiedet ist, beantragte die WAK-StR nun mit einer eigenen parlamentarischen Initiative eine Reduktion auf ebenfalls minimal einen Rappen. Beide Parlamentskammern hiessen diese Neuerung bereits in der Dezembersession gut [35].
Die im Vorjahr vom Nationalrat gutgeheissene Motion Dettling (fdp, SZ) für eine Besserstellung der geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht fand auch im Ständerat Zustimmung [36].
Der Nationalrat stimmte einer Motion Cottier (cvp, FR) zu, welche die Schaffung einer spezifischen Rechtsform für den wirtschaftlichen Zusammenschluss von Angehörigen sogenannt freier Berufe (z.B. Ärzte, Anwältinnen) in Gemeinschaftspraxen resp. -kanzleien fordert [37].
 
[34] BBl, 2000, S. 4337 ff. (die ausführliche Botschaft enthält – als nachahmenswertes Novum – ein Inhaltsverzeichnis); NZZ, 11.6.00. Zur Vernehmlassung siehe SPJ 1998, S. 116. Siehe dazu auch Lit. Meier-Schatz.34
[35] BBl, 2000, S. 5501 ff.; AB SR, 2000, S. 585 f. und 944; AB NR, 2000, S. 1317 und 1616; BBl, 2000, S. 6113. Beide Ratskammern hatten auch Postulate ihrer WAK für die Einführung einer nennwertlosen Aktie überwiesen (AB SR, 2000, S. 915; AB NR, 2000, S. 1318). Siehe auch SHZ, 16.8.00. Im NR hatte Kofmel (fdp, SO) mit einer Motion ebenfalls die Reduktion des Nennewerts gefordert (Geschäft Nr. 00.3261). Vgl. SPJ 1999, S.127.35
[36] AB SR, 2000, S. 269. Vgl. SPJ 1999, S. 130. Das BA für Justiz eröffnete die Vernehmlassung über die Revision des Rechtsinstituts der GmbH (vgl. dazu Peter Forstmoser in NZZ, 4.10.00, sowie SPJ 1999, S. 130).36
[37] AB NR, 2000, S. 1449.37