Année politique Suisse 2000 : Infrastructure, aménagement, environnement / Sol et logement / Wohnungsbau und -eigentum
Im Januar hat der Bundesrat im Auftrag der WAK-NR das Vernehmlassungsverfahren über eine Gesetzesvorlage zum Bausparen eröffnet. Die Vorlage will es den Kantonen ermöglichen, in ihren Steuergesetzen das
Bausparen nach baselländischem Modell zu
fördern. Dieses Modell wäre nach dem Ablaufen der achtjährigen Übergangsphase zur Umsetzung des 1993 beschlossenen Steuerharmonisierungsgesetzes nicht mehr zugelassen. FDP-Nationalrat Gysin (BL), der mit einer parlamentarischen Initiative die Revision initiiert hatte, zeigte sich aber enttäuscht über den bundesrätlichen Vernehmlassungsentwurf. Seiner Meinung nach wurde darin die WAK-Entwurf ungenügend berücksichtigt: Anstatt eines nach sechs Grundsatzfragen ausgerichteten Fragebogens hat der Bundesrat einen umfangreicheren Bogen an die Interessenvertreter verschickt, welcher nach Auffassung Gysins teilweise widersprüchlich und sachunrichtig war. Er warf dem Bundesrat deshalb vor, eine negative Grundstimmung zu schüren und einen von beiden Kommissions- und Ratsmehrheiten getragenen Vorstoss schikanös zu behandeln
[20]. Das Ergebnis der Vernehmlassung erbrachte grosse Zustimmung von bürgerlicher Seite und eine Ablehnung von Seiten der SP und der meisten Kantone. Die kantonalen Finanzdirektoren stellten sich der Revision ebenfalls in den Weg
[21].
Mit einer parlamentarischen Initiative verlangte Nationalrat Widrig (cvp, SG) eine Präzisierung der
Verrechnungssteuer auf Erneuerungsfonds von Stockwerkeigentümer-Gemeinschaften. Entgegen der früheren Praxis hatte die Eidg. Steuerverwaltung 1995 per Kreisschreiben verfügt, dass eine Rückerstattung der Verrechnungssteuer nicht mehr von der Stockwerkeigentümer-Gemeinschaft sondern ausschliesslich von den einzelnen Stockwerkeigentümern selbst geltend gemacht werden kann. Der Initiant bemängelte, die einzelnen Stockwerkeigentümer seien rechtlich gar nicht zur Rückerstattung legitimiert, da sie nicht über die Nutzungsberechtigung am entsprechenden Vermögen verfügen. Stockwerkeigentümer-Gemeinschaften sollten daher wieder in den Genuss eines eigenständigen Rückerstattungsanspruchs kommen. Die Räte folgten dem Antrag ihrer WAK und präzisierten das Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer (VStG) im Sinne des Initianten
[22].
Im April legte die vom Bundesrat eingesetzte
Expertenkommission zur Überprüfung eines allfälligen Systemwechsels bei der Wohneigentumsbesteuerung ihren Bericht vor. Die Kommission favorisierte die Aufhebung der Eigenmietwertbesteuerung und den gleichzeitigen Wegfall der Abzüge für Unterhaltskosten und Schuldzinsen. Da hochverschuldete Wohneigentümer von einem Systemwechsel eher negativ betroffen wären, schlug die Kommission eine zeitlich begrenzte Fortführung des Schuldzinsabzugs vor. Mit einem maximalen Abzug von 10 000 Fr. im ersten Jahr und einer linearen Absenkung auf 1000 Fr. im zehnten Jahr würde sich der Systemwechsel für den Bund dennoch ertragsneutral auswirken. In Tourismusgebieten könnten allerdings massive steuerbedingte Mindereinnahmen entstehen. Aus diesem Grund empfahl die Kommission die Einführung einer Sondersteuer auf Zweitwohnungen
[23].
Die
WAK des Nationalrats wollte nicht auf die bundesrätliche Vorlage warten und
erarbeitete ein eigenes Modell. Innerhalb der Kommission sprach sich die Linke für eine kostenneutrale Revision aus. Die Bürgerlichen waren in dieser Frage gespalten. Mehrheitlich bevorzugten sie eine Variante mit moderaten Steuereinbussen. Eine bürgerliche Minderheit hielt jedoch sowohl am Schuldzins- als auch am Unterhaltskostenabzug fest. Diese Variante entspricht faktisch der im Vorjahr vom Volk abgelehnten Wohneigentumsinitiative und würde bei Bund und Kantonen zu Mindereinnahmen von über einer Mia Fr. führen. Die
Mehrheit der WAK sprach sich schliesslich für einen Systemwechsel mit Unterhaltskostenabzug aus. Diese Variante würde beim Bund Steuerausfälle von 120 bis 150 Mio und bei den Kantonen solche von 240 bis 450 Mio Fr. verursachen. Neuerwerber sollten ausserdem während 15 Jahren in den Genuss eines vollen Schuldzinsabzugs kommen. Weiter wollte die WAK eine 12jährige Übergangsfrist einführen, während der die Eigentümer das für sie günstigere Modell wählen könnten
[24].
Kurz danach veröffentlichte anschliessend das Finanzdepartement die Vernehmlassungsunterlagen zur
Revision der Wohneigentumsbesteuerung. Der bundesrätliche Vorschlag stützte sich auf die Empfehlungen der Expertenkommission und beantragte die Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung bei einem Wegfall der Schuldzins- und Unterhaltskostenabzüge. Bundesrat Villiger liess verlauten, nach dem deutlichen Nein zur Hauseigentümerinitiative sei lediglich eine aufkommensneutrale Reform denkbar. Mit Ausnahme des SGB sprachen sich alle interessierten Organisationen für den Systemwechsel aus. Allerdings wollten die SP und der Mieterverband nur eine kostenneutrale Variante unterstützen, wohingegen der SHEV und die bürgerlichen Parteien mit deutlichen Steuerermässigungen rechneten. Der SHEV kritisierte in erster Linie die vorgesehene Streichung des Unterhaltskostenabzugs. Dadurch würden wichtige Anreize zum Erhalt der Bausubstanz wegfallen. SHEV-Präsident Dettling drohte im August mit einer neuen Initiative, sollten Bundesrat und Parlament die Wohneigentumsförderung beschneiden. Bei den Kantonen herrschte ein uneinheitliches Bild. Der Systemwechsel wurde von elf Kantonen abgelehnt und von fünfzehn begrüsst
[25].
In einem Grundsatzentscheid sprach sich der Bundesrat im Oktober für eine Streichung des Unterhaltskostenabzugs aus. Entgegen seiner Ankündigung hat er aber die Botschaft nicht verabschiedet. Bundesrat Villiger erklärte anlässlich der Budgetberatung im Parlament, die
Gefahr eines Konjunkturabschwungs habe einen Aufschub notwendig gemacht
[26].
[20]
NZZ, 21.1.00;
BaZ, 3.2.00. Vgl.
SPJ 1999, S. 215.20
[21]
BaZ, 3.2.00;
NZZ, 6.4.00.21
[22]
BBl, 2000, S. 3613 f.;
AB NR, 2000, S. 20 ff. und 856;
AB SR, S. 356 ff. und 481.22
[23] Presse vom 15.4.00.23
[24] Presse vom 10.5.00.24
[25]
TA, 10.5.00;
NZZ, 13.5. und 18.7.00;
BaZ, 27.8. und 3.10.00.25
[26]
AB NR, 2000, S. 1248;
NZZ, 3.10. und 29.11.00.26
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