Année politique Suisse 2000 : Enseignement, culture et médias / Culture, langues, églises / Kulturpolitik
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Kulturpolitik der Kantone und Städte
Der seit mehreren Jahren andauernde Streit zwischen den Kantonen St. Gallen und Zürich über die Rückgabe der im Zweiten Villmergerkrieg 1712 von Zürich erbeuteten Kulturgüter konnte noch immer nicht beigelegt werden. Zürich stimmte zwar der Schaffung einer interkantonalen Stiftung grundsätzlich zu, konnte aber die in diesen Handel involvierten Institutionen (Zentralbibliothek, Landesmuseum, Staatsarchiv) nicht dazu bewegen, in absehbarer Zeit die bei ihnen eingelagerten Kulturgüter herauszurücken. St. Gallen war nicht mehr bereit, Zürich unbeschränkt Zeit zu gewähren und drohte ultimativ, die Angelegenheit vor Bundesgericht zu ziehen [26].
Mit einem dreitägigen Fest fand Ende März in Luzern die Gesamteröffnung des neuen Kultur- und Kongresszentrums (KKL) statt. Im Bau des Pariser Architekten Jean Nouvel befinden sich, vereint unter einem 10 000 Quadratmeter grossen, auf den See hin auskragenden Dach, Konzertsaal, Mehrzweckhalle, Kunstmuseum, Kongressräume, Bars und Restaurants [27]. Die von Stadt und Kanton Luzern dominierte Trägerstiftung übernahm im Mai als Eigentümerin die Führung des gesamten Betriebs, der bis anhin von einer privatwirtschaftlich organisierten Betreiberin geleitet worden war [28].
Mit der gemeinsamen Unterzeichnung der Stiftungsurkunde zur Gründung der Stiftung Paul Klee-Zentrum schufen Stadt und Kanton Bern die Trägerschaft der neuen Institution. Der vom italienischen Architekten Renzo Piano entworfene Bau im Schöngrünquartier wird mehrheitlich von einer privatrechtlichen Stiftung finanziert. Stadt und Kanton Bern werden (vorbehalten die städtische Volksabstimmung von 2001) für die Erschliessung und den Betrieb des Zentrums aufkommen. Die Burgergemeinde steuert weitere 20 Mio Fr. für besondere Zwecke (Wechselausstellungen etc.) bei. Kern des Ausstellungsgutes bilden die rund 2500 Werke, die heute der im Berner Kunstmuseum domizilierten Paul Klee-Stiftung gehören, sowie Schenkungen und Leihgaben. Insgesamt werden im künftigen Paul Klee-Zentrum rund 40% des über 9000 Werke umfassenden Oeuvres von Klee vereint sein [29].
Der Regierungsrat des Kantons Bern entschied, die in der Stadt Bern 1998 eingereichte und 1999 vom Gemeinderat aus Umweltschutzgründen für teilweise ungültig erklärte Initiative „Reitschule für alle“ sei vollumfänglich gültig. In der Abstimmung vom 23. September wurde die Initiative und damit die weitgehend kommerzielle Nutzung der Reitschule mit über 67% Neinstimmen deutlich abgelehnt [30].
In Basel wurde Anfang April der Grundstein für ein neues Schauspielhaus gelegt. Dem Neubau, der voraussichtlich 2002 bezugsbereit sein wird, waren jahrzehntelange Debatten um den Standort und mehrere Debakel bei der Finanzierung vorangegangen. 1998 fällte die Kantonsregierung den definitiven Beschluss, wollte sich aber an den auf 21 Mio Fr. geschätzten Baukosten nur mit 11,5 Mio Fr. beteiligen. Angestiftet von einer in der Öffentlichkeit nicht genannten Privatfrau brachten ebenfalls anonym bleiben wollende Spenderinnen (später unterstützt von Spendern, Firmen und Institutionen) rund 13,5 Mio Fr. auf, die in die zu diesem Zweck gegründete Stiftung „Ladies First“ flossen und dem neuen Schauspielhaus zur Verfügung gestellt werden [31].
Im September wurde in Zürich die Schiffbauhalle auf dem ehemaligen Escher-Wyss-Areal eingeweiht. Der Gesamtkomplex, von dem der alte Industriebau nur ein Teil ist, beherbergt vier Probebühnen für das Schauspielhaus, ein Kellertheater sowie die Werkstätten des Schauspielhauses, die bisher in verschiedenen gemieteten Liegenschaften untergebracht waren [32].
 
[26] SGT, 7.10. und 10.10.00. Siehe SPJ 1999, S. 332.26
[27] NZZ, 18.1., 9.2. und 25.3.00. Das Kunstmuseum nahm seinen Betrieb erst im Juni auf (NLZ, 20.6.00).27
[28] NZZ, 18.1., 9.2. und 12.5.00; Presse vom 25.3. und 27.3.00.28
[29] Bund, 28.1., 2.3., 10.6., 29.6., 16.9., 21.10., 28.11. und 1.12.00.29
[30] BZ und Bund, 10.3., 23.3, 7.7., 24.8., 25.8. und 25.9.00. Siehe SPJ 1999, S. 332.30
[31] BaZ, 7.4.00.31
[32] NZZ, 20.9. und 22.9.00.32