Année politique Suisse 2000 : Enseignement, culture et médias / Culture, langues, églises / Sprachen
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Mehrsprachigkeit
Bei der Präsentation der Legislaturplanung 1999-2003 unterstrich der Bundesrat seinen Willen, den sprachpolitischen Auftrag des 1996 angenommenen neuen Sprachenartikels der Bundesverfassung in einem Sprachengesetz (Verständigungs- und Amtssprachengesetz) umfassend zu konkretisieren [33]. Die Botschaft, die eigentlich für das Berichtsjahr vorgesehen war, konnte noch nicht verabschiedet werden. Fragen der verfassungsmässigen Zuständigkeit sowie Koordinationsschwierigkeiten unter kantonalen Gremien führten bei der Vorbereitung des Gesetzesentwurfs zu erheblichen Verzögerungen. Um die noch offenen Fragen zu klären, wurde eine paritätische Arbeitsgruppe „Sprachengesetz“ aus Vertretern von Bund und Kantonen eingesetzt [34].
Um die Absichten der Landesregierung ausdrücklich zu unterstützen, überwies der Nationalrat bei der Beratung der Legislaturplanung eine Motion der vorberatenden Kommission, welche den Bundesrat beauftragt, dem Parlament einen Massnahmenkatalog zum besseren gegenseitigen Verständnis und zur Stärkung der gemeinsamen Handlungsfähigkeit der unterschiedlichen kulturellen Sensibilitäten in der italienisch-, französisch- und deutschsprachigen Schweiz vorzulegen. Die Motion wurde vom Ständerat ebenfalls angenommen, wobei der Kommissionssprecher, der Bündner CVP-Abgeordnete Maissen allerdings monierte, der Nationalrat habe offenbar übersehen, dass die Schweiz nicht drei-, sondern viersprachig sei; er hoffe, dass die Nichterwähnung des Rätoromanischen lediglich ein Versehen sei [35].
Da er selber diesen Vorschlag gemacht hatte, war der Bundesrat bereit, eine Motion Jutzet (sp, FR) entgegen zu nehmen, die ihn auffordert, ein Gesetz betreffend Unterstützung der mehrsprachigen Kantone bei der Erfüllung ihrer besonderer Aufgaben auszuarbeiten [36].
Im deutsch-französischen Kanton Freiburg sollte nach dem Willen des praktisch einstimmigen Kantonsparlaments ein neues Schulgesetz den zweisprachigen Unterricht nach kanadischem Vorbild zur Regel machen. Vorgesehen war, in einem Zeitraum von acht Jahren die Zweitsprache im Unterricht als „Partnersprache“ einzuführen. Sie sollte also nicht mehr nur Gegenstand des Fremdsprachenunterrichts sein, sondern jene Sprache werden, in der gewisse Lerninhalte vermittelt werden. Ausgehend von der Kindergartenstufe sollte der Unterricht nach dem „Immersionsprinzip“ bis zur Oberstufe konsequent ausgebaut werden. Ziel wäre gewesen, den Schülerinnen und Schülern zu mehr Sprachkompetenz zu verhelfen, um gewissermassen spielerisch mit beiden Sprachen umzugehen. Gegen das neue Schulgesetz wurde von Vertretern der frankophonen Bevölkerung, die seit Jahren gegen die „germanisation rampante“ des Kantons ankämpfen, mit dem Argument der Sprachterritorialität erfolgreich das Referendum ergriffen. Nach einem erbittert geführten Abstimmungskampf, der streckenweise in einen eigentlichen Sprachenkrieg auszuarten drohte, wurde das neue Schulgesetz von den Freiburger Stimmberechtigten ganz knapp mit 50,4% Neinstimmen abgelehnt [37].
Jene Kantone in der Westschweiz (Wallis und Waadt), die bereits früher den zweisprachigen Unterricht zumindest probehalber in einzelnen Schulen eingeführt hatten, betonten zwar den pädagogischen Gewinn dieses Modells, der in der Schüler- und Elternschaft generell auf ein sehr positives Echo stosse, machten aber auf die Schwierigkeit aufmerksam, genügend zweisprachige Lehrpersonen zu finden, weshalb auf einen weiteren Ausbau des Angebots verzichtet werden müsse. Demgegenüber prüften weitere welsche Kantone (Genf, Jura, Neuenburg) Möglichkeiten des teilweisen Immersionsunterrichts [38].
In der Gemeinde Samedan in Graubünden wurde in den letzten vier Jahren ein Schulmodell entwickelt, in dem Rätoromanisch und Deutsch während der ganzen obligatorischen Schulzeit gleichwertige Unterrichtssprache sind. Ein von 63 Bündner Grossrätinnen und Grossräten unterzeichnetes Postulat verlangte nun, die Grundlagen für die Einführung eines durchgehend zweisprachigen Unterrichts an allen rätoromanischen Schulen des Kantons zu schaffen [39].
 
[33] BBl, 2000, S. 2301.33
[34] Gesch.Ber. 2000, S. 44; siehe auch die Ausführungen des BR in AB NR, 2000, S. 1202.34
[35] AB NR, 2000, S. 804 und 813; AB SR, 2000, S. 657.35
[36] AB NR, 2000, S. 658. Siehe SPJ 1998, S. 327. Bereits 1994 hatte der NR einer diesbezügliche pa.Iv. Robert (gp, BE) Folge gegeben, diese dann im Hinblick auf die anstehende Revision des Sprachenartikels aber nicht weiter verfolgt (SPJ 1994, S. 267).36
[37] Ww, 6.1.00; NZZ, 3.6. und 2.10.00; TG, 4.9.00; BaZ, 14.9.00; 24h, 16.9.99; NLZ, 23.9.00; Presse vom 25.9.00. Siehe SPJ 1999, S. 333.37
[38] LT, 28.1.00; AZ, 12.2.00; TA, 15.2.00; QJ, 11.9.00; Ww, 14.9.00.38
[39] NZZ, 25.9.00.39