Année politique Suisse 2001 : Eléments du système politique / Elections
Wahlen in kantonale Parlamente
2001 bestellten die Wahlberechtigten von sechs Kantonen (AG, FR, GE, NE, SO, VS) ihre Parlamente neu. In der Genfer Legislative gelang es den
Bürgerlichen, die Mehrheit zurückzuerobern; in den übrigen Kantonen,
mit Ausnahme von Neuenburg, konnten sie ihre
Mehrheiten ausbauen. Die
SVP ging als
überragende Siegerin aus den Wahlen hervor. Sie vermochte zum dritten Mal in Folge, und diesmal als einzige Partei, die Zahl ihrer Mandate (+59) zu vergrössern. Im Aargau stellt sie die stärkste Fraktion (+25), in Solothurn führten ihre Gewinne (+14) dazu, dass sich der Kanton von einem Drei- zu einem Vierparteienstaat wandelte. Schliesslich schaffte die SVP den Einzug ins Walliser und ins Genfer Parlament und konnte sich damit definitiv als gesamtschweizerische Partei etablieren. In Neuenburg ist sie als einzigem welschen Kanton – noch – nicht vertreten
[1].
Die beiden anderen bürgerlichen Bundesratsparteien FDP (-3) und CVP (-5) hatten nur wenige Sitzverluste hinzunehmen: In Genf, wo sich die Freisinnigen nach rechts und damit auf die Linie der Schweizer FDP positioniert hatten, büssten sie zwei Mandate ein. Im Wallis verloren sie ebenfalls zwei Sitze, und in Solothurn sind sie mit einem Abgeordneten weniger vertreten. Im Aargau konnten die Freisinnigen ihre Sitze halten. Gewinne verbuchten sie hingegen in Neuenburg und Freiburg (je einen Sitz). Nach wie vor uneinheitlich präsentiert sich die Situation der CVP: Im Wallis erlangte sie wieder ihre alte Stärke und gewann vier Mandate hinzu. Im Aargau hingegen musste sie fünf, in Solothurn vier Sitze abtreten – in beiden Kantonen zugunsten der SVP. In Freiburg und in Genf gelang es den Christlichdemokraten, ihren Besitzstand zu wahren.
Am meisten Einbussen hatten die Sozialdemokraten (-26) zu verkraften: Im Aargau, wo sie bisher die stärkste Kraft waren, verloren sie einen Drittel ihrer Sitze (-12) an die SVP und stellen nur noch die drittgrösste Fraktion. Auch in Freiburg sind sie mit sechs Mandaten weniger vertreten. In Genf und in Neuenburg hielten sich die sozialdemokratischen Verluste (2 resp. 3 Sitze) in Grenzen. In Solothurn hingegen konnte die SP ihren Besitzstand wahren und im Wallis sogar um drei Mandate ausbauen.
Auch die kleinen Parteien schnitten – mit Ausnahme der EVP, die ihre acht Mandate im Aargau halten konnte – schlechter ab: Während die Liberalen insgesamt vier Sitze einbüssten (3 in Neuenburg, 1 im Wallis), hatte die PdA fünf Verluste hinzunehmen (6 in Genf, 1 Gewinn in Neuenburg). Die Grünen hätten eigentlich zu den Gewinnerinnen gezählt, da sie ihre Delegation in drei Kantonen (AG, GE, NE) um vier Mandate verstärken konnten. Weil sie in Solothurn nur noch in einem Bezirk angetreten waren, mussten sie dort jedoch fünf Verluste hinnehmen. Der LdU schliesslich verlor seine letzten beiden Mandate und ist in keinem der sechs Kantone mehr vertreten. Bei der äusseren Rechten setzte sich der Schwund weiter fort: Im Kanton Solothurn ist die Freiheitspartei (-7) nicht mehr und im Aargau nur noch mit einem einzigen Sitz vertreten. Die Schweizer Demokraten verloren drei ihrer bisher sieben Mandate im Aargau.
Von den insgesamt 819 in den sechs Kantonen zu vergebenden Mandaten besetzen
Frauen nur noch 199 Sitze (24,3%) im Vergleich zu 219 (26.7%) nach den letzten Wahlen. Im Freiburger und im Neuenburger Parlament konnten sie ihren Anteil zwar leicht erhöhen (von 21,5% auf 25,4% resp. von 28,7% auf 29,6%). In der Genfer Legislative sitzen jedoch sehr viel weniger Frauen als zuvor: Während die Rhonestadt in der vorangehenden Legislatur gesamtschweizerisch prozentual am meisten Frauen delegierte (36%), fiel sie jetzt mit 23% auf Platz 16 zurück. Überraschend blieb der Frauenanteil im Aargau trotz der Gewinne der SVP konstant (29%)
[2].
Im März bestellten die Aargauerinnen und Aargauer das letzte Mal ein 200-köpfiges Parlament. In den nächsten Jahren soll es auf 160 oder 120 Sitze verkleinert werden. Die
SVP ging als
überragende Siegerin aus den Grossratswahlen hervor. Mit Gewinnen von insgesamt 25 Sitzen wurde sie zur stärksten Fraktion und beansprucht mit 72 Abgeordneten mehr als einen Drittel aller Mandate. Während die FDP ihre 40 Sitze halten konnte, musste insbesondere die SP Verluste (-12) hinnehmen; sie verfügt nur noch über 36 Sitze. Die CVP büsste 5 Sitze ein und stellt 32 Abgeordnete. Bei den kleinen Parteien gewannen die Grünen (7) überraschend wieder einen Sitz hinzu, während sich die EVP mit 8 Sitzen trotz im Vergleich zu den letzten Wahlen höherem Wähleranteil nicht verbessern konnte. Die rechten Splitterparteien FP (1) und SD (4) verloren je drei Mandate; die EDU vermochte ihren in den vorangehenden Wahlen gewonnen Sitz nicht zu verteidigen. Der LdU, der nicht mehr angetreten war, verlor ebenfalls seine letzten beiden Mandate. Die SVP wurde mit 33,5% Wähleranteil (1997: 21,9%) zur stärksten Partei insgesamt und zudem auch in allen Bezirken. Während die FDP mit 19% (-0,6%) zufrieden sein konnte, erreichte die SP noch 18,6% der Stimmen (-3,1%) und die CVP 15% (-2,3%). Damit konnte die CVP nicht an ihren Erfolg bei den Regierungsratswahlen im Vorjahr anknüpfen, als sowohl der offizielle Kandidat als auch die wilde Bewerberin reüssierten. Der Frauenanteil blieb mit 58 Abgeordneten konstant
[3].
Im November wählten die Freiburgerinnen und Freiburger das Parlament für die nächsten fünf Jahre. Es bewarben sich 511 Personen, davon fast ein Drittel Frauen, für die 130 Sitze. Da die CVP befürchtete, ihre Identität als Zentrumspartei zu verlieren, verzichtete sie auf eine gemeinsame Liste mit der FDP. Diese Strategie wirkte sich nicht negativ aus: Die Christlichdemokraten konnten ihre 45 Sitze halten. Die FDP gewann ein Mandat hinzu und stellt nun 26 Abgeordnete. Sechs Verluste mussten hingegen die Sozialdemokraten hinnehmen, die nun ebenfalls über 26 Mandate verfügen. Von diesem Aderlass profitierte offensichtlich die
SVP, die ihre
Sitze von acht auf
16 Sitze
verdoppeln konnte – ein Resultat, das sogar die Prognosen der SVP selber übertraf, die mit vier Gewinnen gerechnet hatte. Seit 1956, als sie mit 15 Sitzen vertreten war, hatte sie nicht mehr so viel Erfolg gehabt. Von den kleineren linken Parteien konnte die CSP ihre 10 Sitze halten; „Ouverture“ (4), eine Abspaltung der SP, sowie Grüne und „Solidarités“ (1) verloren je einen Sitz. Das Freiburger Parlament zählt mit 33 Frauen (25,4%) fünf mehr als in der vorangehenden Legislative
[4].
Verliererin der Grossratswahlen war die
Linke, die ihre äusserst knappe Mehrheit (51) im 100-köpfigen Parlament einbüsste und nur noch 43 Abgeordnete stellt: Die SP musste drei Sitze (19) und die Alliance de Gauche, die in den Parlamentswahlen auf eine Listenverbindung mit der SP verzichtet hatte, gar sechs Sitze (13) abgeben. Die Grünen hingegen konnten überraschend ein Mandat zulegen (11). Während die Liberalen (23), die mit dem Schlagwort „Après quatre ans de gaucheries, tournez la page avec les Libéraux“ angetreten waren, und die in der Mitte politisierende CVP (12) ihre Delegationsstärke halten konnten, verlor die FDP zwei Mandate (12). Kommentatoren führten die Verluste auf den Rechtsrutsch zurück, der sich unter anderem dadurch ausdrückte, dass die Freisinnigen für die Staatsratswahlen einen pointiert bürgerlichen Kandidaten als Ersatz für den zurücktretenden Intellektuellen Segond aufgestellt hatten. Grosse
Gewinnerin war die
SVP, welche die 7%-Sperrklausel problemlos schaffte und neu mit 10 Personen vertreten ist. Mit dem Slogan „Tous copains, tous capables!“ hatte sie sich erfolgreich als einzige unverbrauchte Alternative zu den etablierten Parteien, die von der Korruptionsaffäre in den Betreibungsämtern und Krisen in anderen Staatsbetrieben betroffen waren, zu positionieren vermocht. Zugute gekommen war ihr ausserdem ihr für Genfer Verhältnisse überdurchschnittlich grosses Wahlbudget, mit dem sie der wenig freundlich gesinnten Presse, die ihr Wahlprogramm ignoriert oder verzerrt dargestellt habe, begegnen wollte. Dass der Kanton mit dem traditionell höchsten Frauenanteil der Schweiz in der diesbezüglichen Rangliste auf Platz 16 abrutschte (von 36% auf 23%), kann nicht allein auf den Einzug der SVP (Frauenanteil 10%) zurückgeführt werden. Mit Ausnahme der Grünen nahm der Anteil der gewählten Frauen bei allen Parteien massiv ab (LP von 35% auf 13%, SP von 50% auf 42%, bei der CVP gar von 17% auf 0%)
[5].
Die Einführung der brieflichen Stimmabgabe wirkte sich positiv auf die Wahlbeteiligung aus: 44% der Stimmberechtigten nahmen an den Wahlen in den 115-köpfigen Kantonsrat teil (1997: 38%). Das
Kräfteverhältnis der Parteien blieb
weiterhin
stabil, doch hat sich die Differenz zwischen den Bürgerlichen (60) und der Linken (55) weiter verringert. Die Liberalen erhielten die Quittung für ihre Steuersenkungskampagne und verloren drei Sitze (35), während die FDP ein Mandat hinzugewinnen konnte (25). Auch die SP musste Federn lassen und büsste zwei Mandate ein (39). Gewinne verbuchen konnten hingegen die kleinen Linksparteien, die im Bündnis „Popécosol“ zusammengeschlossen waren: Die Grünen (7) legten zwei Sitze zu, PdA (7) und „Solidarités“ (2) je einen. Damit mussten die Regierungsparteien den kleinen Parteien so viele Mandate überlassen wie seit 1945 nicht mehr, als die PdA 14 und das Ralliement neuchâtelois 2 Vertreter ins Parlament delegiert hatten. Der Frauenanteil stieg um einen Sitz auf 29,6% an
[6].
Nach den Wahlen in den 144-köpfigen Kantonsrat ist
Solothurn zu einem
Vierparteienstaat geworden, mit klarer Tendenz nach rechts. Zwar blieb die FDP zusammen mit den Jungliberalen (JL) die stärkste Partei (53 Mandate, -1). Die SVP, die nach 52-jähriger Abstinenz vor vier Jahren erstmals wieder angetreten war, konnte ihre Sitze jedoch gleich verdreifachen (21 Mandate, +14). Auch wenn man die fünf Übertritte (vier von der FP und einen von der CVP) während der letzten Legislatur berücksichtigt, ist dies ein grosser Erfolg. Die SP konnte ihre 37 Sitze halten, dennoch fiel das Ergebnis für sie enttäuschend aus: Hatte sie doch gehofft, die nur noch im Bezirk Dorneck kandidierenden Grünen (1 Sitz, -5) beerben zu können. Eigentliche Verliererin der Wahlen war die CVP, die nur noch über 32 (-4) Abgeordnete verfügt. In Bezug auf Wähleranteile blieben die FDP und die SP stabil, und die SVP legte mit einem Anteil von 15,5% deutlich zu (1997 zusammen mit der FP: 10,4%), Einbussen erlitten die CVP (von 24,4% auf 22,1%) und die Grünen (von 4,5% auf 0,9%). Auch in Solothurn führten die Gewinne der SVP zu einem Rückgang der von Frauen besetzten Mandate (-9 auf einen Anteil von 23,6%)
[7].
Da die SVP neu in sechs Bezirken antrat, kamen für die Wahlen 2001 mehr Kandidaturen für den 130-köpfigen Grossen Rat zustande als in früheren Jahren. Während die SVP und die SP in ihren Wahlkampagnen aufgrund ihrer klaren Positionen von der gleichzeitig stattfindenden Abstimmung zur Europa-Initiative profitieren konnten, hielten sich die FDP und die CVP zurück, da sich ihre Wählerschaft bei diesem Thema nicht einig war; beide Parteien befürchteten, Stimmen nach links oder rechts zu verlieren. Für die
CVP schien diese Taktik aufzugehen, sie ging als grosse
Siegerin aus den Wahlen hervor: Ihre Delegation wuchs um vier auf 75 Mandate und erreichte damit wieder den Stand von 1993; die ebenfalls zur schweizerischen CVP gehörenden Christlichsozialen, die im Unterwallis einen Sitz erobern konnten, stellen 14 dieser Abgeordneten. Die SVP profitierte ebenfalls und zog neu mit zwei Personen ins Parlament ein. Zu den Verliererinnen gehörten die SP, die drei Sitze einbüsste (18), die FDP mit zwei Verlusten (32) sowie die Liberalen mit einem Verlust (3). Der an sich schon bescheidene Walliser Frauenanteil sank von 16,2% auf 13,1%
[8].
[2] Die Vergleiche basieren auf den kantonalen Wahlen von 1997, im Falle von Freiburg von 1996. Später ins Parlament nachgerückte resp. zurückgetretene Frauen wurden nicht berücksichtigt.2
[3] Wahlen vom 4.3.01: Presse vom 5.3. und 6.3.01. Wahlkampf:
AZ, 29.12.00-3.3.01. Nachanalyse:
AZ, 6.3. und 2.5.01. Zu den Regierungsratswahlen vgl.
SPJ 2000, S. 55.3
[4] Wahlen vom 11.11.01: Presse vom 12.11. und 13.11.01. Wahlkampf:
Lib., 26.4., 18.5., 30.5. und 3.9.01;
NZZ, 6.8. und 7.11.01;
BaZ, 1.11.01;
LT und
SGT, 5.11.01 (getrennte Listen CVP/FDP:
TG und
24h, 19.5.01).4
[5] Wahlen vom 7.10.01: Presse vom 8.10. und 9.10.01. Wahlkampf:
TG, 7.5.01;
TG und
LT, 29.6-6.10.01. Nachanalyse:
TG, 10.10.01. Zum Wahlbudget der SVP:
TG, 5.10.01. Genf hat als einziger Kanton ein Gesetz, das die Offenlegung der Parteifinanzen verlangt. Sowohl die SVP als auch die Liberalen weigerten sich, ihre Sponsoren bekannt zu geben, womit sie riskierten, Staatsbeiträge von einigen 10 000 Fr. zu verlieren (
LT, 29.09.01). Die Linke beabsichtigte, das Gesetz zu verschärfen und sah als Sanktion im Extremfall den Verlust von Sitzen vor. Die Revision scheiterte jedoch, weil an der entscheidenden Abstimmung zu viele linke Abgeordnete fehlten (
LT, 6.10.01).5
[6] Wahlen vom 8.4.01: Presse vom 9.4. und 10.4.01. Wahlkampf:
LT, 9.1.-2.4.01. Nachanalyse:
LT, 10.4.01.6
[7] Wahlen vom 4.3.01: Presse vom 5.3.01. Wahlkampf:
SZ, 23.9.00.-27.2.01. Nachanalyse:
SZ, 8.3.01.7
[8] Wahlen vom 4.3.01: Presse vom 5.3.01. Wahlkampf:
NF, 18.1.-1.3.01.8
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