Année politique Suisse 2001 : Chronique générale / Finances publiques
 
Sanierungsmassnahmen
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Finanzplan 2003-2005
Der vom Bundesrat im Herbst vorgestellte Finanzplan 2003-2005 geht von roten Zahlen in den Jahren 2003 und 2004 und einem Überschuss im Jahr 2005 aus. Über die ganze Periode sei mit einem kumulierten Defizit von knapp 200 Mio Fr. zu rechnen, angesichts der negativen Wirtschaftsentwicklung könnten die Einnahmen allerdings auch geringer ausfallen. Die schlechten Ergebnisse des Finanzplanes seien insbesondere eine Folge des nationalrätlichen Entscheides vom Mai, den Anteil des Bundes am Mehrwertsteuerprozent für die AHV zu streichen. Um die Sanierung der Bundesfinanzen weiterzuführen, werde der Bundesrat deshalb dem Parlament beantragen, auf diesen Beschluss der grossen Kammer zurückzukommen 34 Bericht des Bundesrates zum Finanzplan 2003-2005, Bern 2001. 34.
Das Parlament nahm den Finanzplan zur Kenntnis – gegen den Widerstand der SVP, die einen Hinweis auf das Swissair-Engagement des Bundes vermisste. Aufgrund der zunehmenden Staats- und Steuerquote und der sich abschwächenden Konjunktur diagnostizierte die SVP in einer Interpellation einen dringenden Handlungsbedarf bei den Budget- und Finanzplanvorlagen des Bundes. Der Bundesrat war anderer Meinung: Da die Schuldenbremse noch nicht eingeführt sei, bestünden keine konkreten Pläne für ein weiteres Sparpaket. Mit 93:75 Stimmen überwies der Nationalrat gegen den Willen des Bundesrates eine Motion der Finanzkommission, die das Ausgabenwachstum im Finanzplan 2003-2005 von nominell 4,1% auf 3,3% senken will, um die Ausgaben zu stabilisieren. Die Anregung des Ständerats, künftig bereits in der Herbstsession über die Finanzplanung zu diskutieren, um die Sensibilität für die Budgetdebatte im Winter zu wecken, stiess bei Bundesrat Villiger auf Skepsis. Es sei unsicher, ob die Finanzplanung bis im Herbst fertig sei 35 AB NR, 2001, S. 1725 ff. und 2008 (Ip. SVP); AB SR, 2001, S. 792 ff. 35.
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Schuldenbremse
Im Januar veröffentlichte der Bundesrat seinen Zusatzbericht zur Botschaft zur Schuldenbremse, den er anlässlich der Budgetdebatte des Nationalrats im November des Vorjahres angekündigt hatte. Der Bericht zeigte nebst einer Lageanalyse die Folgen verschiedener Szenarien auf die längerfristige Finanzpolitik auf. Obschon das Parlament im Winter 2000 weitgehend den Vorschlägen des Bundesrats gefolgt war, liesse nach Ansicht des Bundesrats die Ausgabendisziplin tendenziell nach, und es würden vermehrt wieder Forderungen nach umfassenden Steuererleichterungen laut. Trotz des guten Rechnungsabschlusses 2000 sei deshalb weiterhin eine konsequente Finanzpolitik angesagt, um die Anforderungen der Schuldenbremse zu erfüllen und die strukturellen Defizite zu beseitigen 36 BBl, 2001, S. 2387 ff.; Presse vom 11.1.01; vgl. SJP 2000, S. 128. 36.
Im Frühling behandelte der Ständerat als Erstrat den Bundesbeschuss zur Schuldenbremse und die damit verbundene Revision des Finanzhaushaltsgesetzes. In der Eintretensdebatte betonte Kommissionssprecher Inderkum (cvp, UR) die Notwendigkeit des Instruments und beantragte dem Rat, dass ordentliche Einnahmenüberschüsse explizit auch für die Schuldentilgung eingesetzt werden können 37 Vgl. auch die in die gleiche Richtung zielende Motion Walker (cvp, SG), die von den Räten im Einverständnis mit dem BR überwiesen wurde (AB NR, 2001, S. 352; AB SR, 2001, S. 599 ff.). 37. Obschon er der Idee einer Schuldenbremse an sich positiv gegenüberstehe, verlangte der Basler Sozialdemokrat Plattner Rückweisung an die Kommission, weil unklar sei, wie sich das Instrument in einer Rezession auswirke, wie es die Beschäftigungslage, die Volkswirtschaft, die soziale Wohlfahrt oder den Finanzausgleich beeinflusse. Er erhielt Sukkurs vom Freisinnigen Marty (TI), der sich dagegen wehrte, politische Entscheide an die Technokratie zu delegieren; dies käme einem Harakiri des Parlaments gleich. Der Ständerat lehnte den Rückweisungsantrag Plattner mit 30:3 Stimmen ab. In der Detailberatung folgte die Kammer dem Kommissionsvorschlag. Eine von der Staatspolitischen Kommission unterstützte Minderheit sprach sich gegen die im Finanzhaushaltsgesetz vorgesehene Möglichkeit des Bundesrates aus, die Sparvorhaben bestimmen zu können. Dies verstosse gegen das Prinzip der Gewaltenteilung. Der Ständerat hielt jedoch mit 22:15 Stimmen an dieser Bestimmung fest 38 AB SR, 2001, S. 71 ff.; Presse vom 7.2. (Kommissionsberatungen) und 15.3.01. 38.
In der Debatte des Nationalrats kritisierte die SP die Schuldenbremse als technokratische Entmachtung des Parlaments und plädierte vergeblich dafür, das Schuldenloch mit neuen Einnahmen zu stopfen. Auch der Antrag Hofmann (sp, AG), dass das Parlament in Anlehnung an die Ausgabenbremse eine Neuverschuldung mit absoluter Mehrheit solle bewilligen können, fand bei der bürgerlichen Mehrheit kein Gehör 39 AB NR, 2001, S. 769 ff.; Presse vom 19.6.01. 39.
Nachdem der Ständerat diskussionslos zwei kleine Differenzen bereinigt hatte, verabschiedete er die Vorlage mit 34:6 Stimmen (Schuldenbremse) bzw. 35:5 Stimmen (Finanzhaushaltsgesetz). Der Nationalrat stimmte dem Bundesbeschluss über die Schuldenbremse mit 127:64 und der Änderung des Finanzhaushaltsgesetzes mit 130:62 Stimmen zu 40 AB SR, 2001, S. 405 f. und 474; AB NR, 2001, S. 954; BBl, 2001, S. 2878 f. (Schuldenbremse); BBl, 2002, S. 1206 ff. (Finanzhaushaltsgesetz). 40.
Bundesbeschluss über eine Schuldenbremse
Abstimmung vom 2. Dezember 2001

Beteiligung: 37,8%
Ja: 1 472 259 (84,7%) / 20 6/2 Stände
Nein: 265 090 (15,3%) / 0 Stände

Parolen:
Ja: FDP, CVP, SVP, LP, CSP, EVP, FP, EDU, SD; SGV, Arbeitgeberverband, economiesuisse.
Nein: SP, GP (1*), Lega, PdA; SGB.

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Mitten im Endspurt um das Swissair-Milliardenpaket lancierte der Bundesrat Ende Oktober seine Kampagne für die Volksabstimmung über die Schuldenbremse. Bürgerliche Parteien, Wirtschaft, Gewerbe und Arbeitgeberverbände folgten ihm und gaben die Ja-Parole heraus. Lediglich die SP, die Grünen, die PdA und die Lega sowie der Schweizerische Gewerkschaftsbund empfahlen ein Nein. Am 2. Dezember 2001 hiessen die Stimmberechtigten geschlossen mit 85% Ja-Stimmen die Einführung der Schuldenbremse gut. Am meisten Unterstützung erhielt die Vorlage in den Kantonen Nidwalden (90%), Appenzell Innerrhoden und St. Gallen (je 89%), am wenigsten im Tessin und in den Westschweizer Kantonen Genf und Jura (je 75%). Gemäss der Vox-Analyse hatten sogar die Sympathisanten der SP mit Zweidrittelmehrheit zugestimmt 41 Kampagne: Presse vom 23.10. und 5.11.-28.11.01; Ergebnis: BBl, 2002, 1209 ff.; Presse vom 3.12.01; Zürcher, Lukas e.a., Vox. Analyse der eidgenössischen Abstimmungen vom 2. Dezember 2001, Zürich 2001. 41.