Année politique Suisse 2001 : Chronique générale / Finances publiques
 
Voranschlag 2002
Ende August präsentierte Finanzminister Villiger den Voranschlag für das Jahr 2002, welcher von einem Einnahmenüberschuss von 356 Mio Fr. ausging. Dies sei zwar erfreulich, doch reiche der Betrag nicht aus, um den Anforderungen einer nachhaltigen Haushaltspolitik gerecht zu werden. Die Swissair-Krise im Herbst führte dazu, dass das vom Parlament im Dezember verabschiedete Budget 2002 bei veranschlagten Ausgaben von 51 249 Mio Fr. und Einnahmen von 50 955 Mio Fr. einen Ausgabenüberschuss von 294 Mio Fr. vorsah. Damit überschritten die veranschlagten Ausgaben erstmals die 50-Mia-Grenze und übertrafen das Budget des Vorjahres um 2,3 Mia Fr. oder 4,8%. Am meisten zusätzliche Mittel benötigte der Verkehr mit rund 1,3 Mia Fr. oder 18,6% mehr als im Vorjahr, wobei vor allem die Bewältigung der Swissair-Krise zu Buche schlug. Der Bereich Finanzen und Steuern wies ebenfalls ein überdurchschnittliches Ausgabenwachstum auf (+550 Mio), da für den Schuldendienst und die Anteile Dritter an den Bundeseinnahmen mehr Geld zur Verfügung stehen musste. Entlastungen ergaben sich hingegen bei der sozialen Wohlfahrt (-67 Mio). Bei den Einnahmen ging der Voranschlag von einem Zuwachs von rund 2 Mia Fr. oder 4,2% aus. Mehreinnahmen sollten vor allem die Mehrwertsteuer, die direkte Bundessteuer und die Verrechnungssteuer einbringen (total +2,5 Mia). Bei den Vermögenserträgen und den Einfuhrzöllen sei jedoch mit weniger Einnahmen zu rechnen 43 Eidg. Finanzverwaltung, Botschaft zum Voranschlag 2002, Bern 2001; Eidg. Finanzverwaltung, Bundesbeschlüsse über den Voranschlag 2002, Bern 2002; BBl, 2001, S. 6546 ff.; Presse vom 31.8.01; Lit. Schwaller. 43.
Am umstrittensten waren in den Parlamentsdebatten neben den Kürzungen beim VBS vor allem die Investitionskredite für die SBB und die Beitragserhöhungen für die Filmförderung und für die Schweizer Schulen im Ausland: Mit Einverständnis des Bundesrates erhöhte der Ständerat den Kredit an die kantonalen Hochschulen um 32 Mio Fr. und stockte, diesmal gegen den Willen der Regierung, den Zahlungsrahmen für die Universitätsförderung 2001-2003 um 101,2 Mio Fr. auf – Plattner (sp, BS) hatte eine noch höheren Betrag verlangt. Ausserdem machte die kleine Kammer die vom Bundesrat beschlossenen Kürzungen der Infrastrukturbeiträge an die SBB von 42 Mio Fr. rückgängig. Ohne Auswirkungen auf den Haushalt blieb die Erhöhung der vom Bundesrat beantragten Beihilfen für die Milchwirtschaft um 20 Mio Fr. zulasten von Investitionsgütern und Betriebshilfen. Diskussionslos kürzte der Ständerat schliesslich das Budget des Finanzdepartements um 150 Mio Fr.; aufgrund der tieferen Teuerung sei mit einer geringeren Zunahme der Lohnausgaben zu rechnen 44 AB SR, 2001, S. 761 ff. 44.
Im Nationalrat verlangte Müller (fdp, ZH) namens der Finanzdelegation, dass der Bundesrat die nötigen Kreditvorlagen für die Expo rechtzeitig dem Parlament unterbreite. Die Finanzdelegation sei nicht bereit, diese Kredite im Schnellverfahren am Parlament vorbeizuschleusen. Namens der SVP-Fraktion beantragte Zuppiger (ZH) Rückweisung des Budgets an den Bundesrat mit dem Auftrag, die Ausgaben um 800 Mio Fr. zu reduzieren. Rechsteiner (sp, BS) wollte den Voranschlag ebenfalls zurückweisen: Die Verteidigungsmassnahmen seien zu kürzen und auf die neue Bedrohungslage nach den Terroranschlägen vom 11. September in den USA auszurichten. Beide Anträge wurden verworfen. Im Einklang mit dem Bundesrat und der Finanzkommission lehnte der Nationalrat alle Aufstockungsanträge von Seiten der SP und der Grünen bei der Entwicklungszusammenarbeit ab, ebenso eine Erhöhung des Kredits für Massnahmen zur Integration von Ausländerinnen und Ausländern. Keine Chancen hatten auch die Kürzungsanträge der SVP im Flüchtlingsbereich und beim Bundespersonal sowie die Forderung, Aufstockungen beim Budget von „Präsenz Schweiz“ wieder rückgängig zu machen. Bei der Presseförderung folgte der Rat der Kommissionsminderheit und verzichtete auf eine Kürzung von 30 Mio Fr. für die Verbilligung der Posttaxen für Zeitungen. Auch die Personalbezüge des UVEK-Generalsekretariats blieben unangetastet. Gegen den Willen des Bundesrates stockte der Rat die Mittel zur Förderung erneuerbarer Energien um 4 Mio Fr. auf. Ausserdem gewährte er 200 000 Fr. für die Durchführung des europäischen Jugendfestivals und zusätzliche 4,3 Mio Fr. für die Schweizer Schulen im Ausland bzw. 3,5 Mio Fr. für die Filmförderung. Der parteiübergreifende Antrag, die Bundesbeiträge an die Universitäten zusätzlich zu erhöhen, wurde hingegen abgelehnt, die vom Ständerat gewährten Erhöhungen jedoch gebilligt. Auch bei den Beihilfen für die Milchwirtschaft und bei der Erhöhung des Nationalstrassenbudgets um 88 Mio Fr. schloss sich die grosse Kammer dem Ständerat an, beim Bahnverkehr machte er aber die von der kleinen Kammer vorgenommene Aufstockung wieder rückgängig 45 AB NR, 2001, S. 1662 ff.; Presse vom 14.9. (Kommissionsverhandlungen), 11.11., 28.-29.11., 4.-6.12. und 12.-13.12.01. 45.
Nach und nach einigten sich die Räte schliesslich im Einklang mit dem Bundesrat auf Kürzungen beim VBS von 37 Mio Fr., beschlossen, die Kredite für die Schweizer Schulen um 2 Mio Fr. und für die Filmförderung um 1,75 Mio Fr. aufzustocken und die vom Bundesrat bei der SBB gestrichenen Investitionen von 42 Mio Fr. rückgängig zu machen. Im zweiten Anlauf stimmte der Nationalrat auch einem Verpflichtungskredit des VBS zur Materialbeschaffung bei, der das Quorum der Ausgabenbremse zunächst nicht erreicht hatte, da SVP, Grüne und Teile der SP ihm die Unterstützung versagt hatten 46 BBl, 2001, S. 6546 ff.; AB SR, 2001, S. 761 ff., 932 ff. und 970 f.; AB NR, 2001, S. 1662 ff., 1847 ff. und 1876 ff.; VBS: LT, 6.12.01. Bereits im Juni hatten die Räte den Voranschlag der Eidg. Alkoholverwaltung für das Geschäftsjahr 2001/2002 genehmigt (BBl, 2001, S. 2955; AB SR, 2001; S. 237 f.; AB NR 2001, S. 768). Im November hiess das Parlament auch die Rechnung und den Geschäftsbericht der Eidg. Alkoholverwaltung für das Geschäftsjahr 2000/2001 gut (BBl, 2001, S. 6554; AB SR, 2001, S. 794 f.; AB NR, 2001, S. 1732). 46.
Bund, Kantone und Gemeinden budgetierten für das Jahr 2002 ein Defizit von insgesamt knapp 2,4 Mia Fr. Das sind rund 1 Mia mehr als im Vorjahr. Der Fehlbetrag des Bundes beläuft sich auf 1394 Mio, bei den Kantonen auf 600 Mio und bei den Gemeinden auf 400 Mio Fr. Er erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr beim Bund um 0,5 Mia, während er bei den Kantonen gleich blieb. Trotz dieser unerfreulichen Entwicklung genügen die Budgets der öffentlichen Hand weiterhin den EU-Budgetkriterien von höchstens 3% für das Defizit des öffentlichen Sektors und 60% des BIP für die öffentliche Verschuldung. Denn 2002 erreicht die Defizitquote der Schweiz (inkl. Sozialversicherungen) nach den budgetierten Zahlen 0,2%, während die Verschuldungsquote die 50%-Marke erreicht (Vorjahr: 0,3% bzw. 49%) 47 Lit. Schwaller. 47.