Année politique Suisse 2001 : Politique sociale / Groupes sociaux / Ausländerpolitik
Obgleich dieses in der Vernehmlassung stark umstritten war, erklärte der Bundesrat, er werde an seinem Grundkonzept für ein
neues Ausländergesetz (AuG) festhalten. Mit der Verabschiedung der Botschaft wollte er aber zuwarten, bis der Termin des Inkrafttretens des Freizügigkeitsabkommens mit der EU bekannt ist. Das neue Ausländergesetz regelt die Einwanderung und die Rechtsstellung von Personen nur, wenn für sie nicht das Freizügigkeitsabkommen gilt, dessen Bestimmungen auch für Angehörige von EFTA-Staaten massgebend sein werden. Einerseits wird die bereits geübte Praxis verankert, aus den Ländern
ausserhalb Westeuropas nur besonders qualifizierte Arbeitskräfte zuzulassen, andererseits werden die Rechte einmal zugezogener Ausländer ausgebaut. Ein drittes Ziel ist die wirksame Bekämpfung von Missbräuchen
[8].
Die konsequente Haltung des Bundesrates fand im Parlament nicht nur Zustimmung. Im Ständerat lösten zwei Vorstösse des Freiburger FDP-Abgeordneten Cornu eine längere Debatte aus. Mit einer Motion verlangte er ein jährliches Sonderkontingent von 10 000 Arbeitsbewilligungen für die
High-Tech-Industrie, um so die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Spitzentechnologie sicherzustellen. In einer gleichzeitig behandelten dringlichen Interpellation verwies er auf die Schwierigkeiten der
Landwirtschaft, genügend billige Arbeitskräfte aus dem EWR-Raum zu rekrutieren. Die von Nationalrat und Tabakproduzent Fattebert (svp, VD) öffentlich zugegebene Beschäftigung von polnischen Schwarzarbeitern wollte er zwar nicht entschuldigen, lastete die illegale Beschäftigung aber weniger den Landwirten als vielmehr der starren Haltung des Bundesrates an. Unterstützung fand Cornu nicht nur bei seiner Partei, sondern auch bei den beiden SP-Abgeordneten Brunner (GE) und Studer (NE); letzterer meinte, in der Ausländerpolitik sei nicht mehr Ideologie, sondern Pragmatismus gefragt. Bundesrätin Metzler stellte sich gegen jede Lockerung. Der Bund könne nicht über die Kantone hinweg 10 000 Spitzenkräfte in einer einzigen Branche zulassen; schon jetzt müsse er nämlich dafür sorgen, dass traditionelle Firmen genügend Fachleute erhielten. Was die Landwirtschaft betrifft, reichte Metzler den „schwarzen Peter“ an die Bauern weiter, die sich in den letzten Jahren aus unerfindlichen Gründen geweigert hätten, Landarbeiter aus Portugal einzustellen. Die Motion wurde mit 13 zu 11 Stimmen nur knapp abgelehnt
[9].
[8] Presse vom 16.6.01. Vgl.
SPJ 2000, S. 237 f. Zur Ausdehnung der Bestimmungen des Freizügigkeitsabkommens mit der EU auf die EFTA-Staaten siehe oben, Teil I, 2, Autres institutions européennes.8
[9]
AB SR, 2001, S. 435 ff. Die beiden NR Chiffelle (sp, VD) und Zisyadis (pda, VD) reichten gegen Fattebert Strafklage wegen der Beschäftigung von Schwarzarbeitern ein (
LT, 14.6, 16.6., 20.6. und 21.6.01). Mit einer noch nicht traktandierten Motion verlangt Fattebert den Abschluss kurzfristiger Arbeitsverträge für alle Ausländerinnen und Ausländer, um der Landwirtschaft in der Erntezeit billige Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen (Geschäft 00.3506;
NZZ, 4.1.01). Zur neuerdings gespaltenen Haltung der SP in der Ausländerpolitik (traditionelle Liberalität vs. Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Wirtschaft) siehe
TA, 11.7.01 sowie unten, Teil III, a (SPS).9
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