Année politique Suisse 2001 : Politique sociale / Groupes sociaux / Ausländerpolitik
Nach einem Jahr der Turbulenzen stand die eidgenössische
Ausländerkommission (EKA) vor einem Neuanfang, da auch erstmals die 1998 vom Parlament mit der Teilrevision des ANAG beschlossenen Bundesgelder zur Integrationsförderung flossen (10 Mio Fr. für 2001). Für ihre Arbeit der nächsten Jahren setzte die EKA zwei Schwerpunkte, nämlich die erleichterte Einbürgerung, ihrer Ansicht nach das beste Mittel zur dauerhaften Integration, sowie die
sprachliche und berufliche Aus- und Weiterbildung [10]. Per Ende Jahr trat die 2000 als Krisenmanagerin berufene EKA-Präsidentin, alt Ständerätin Rosemarie Simmen (cvp, SO), von ihrem Amt zurück; der Bundesrat bestimmte alt National- und Regierungsrat Francis Matthey (sp, NE) zu ihrem Nachfolger
[11].
Wie bereits im Vorjahr angekündigt, gründeten Vertreter der wichtigsten Ausländerkolonien im März ein
Forum für die Integration von Migranten und Migrantinnen. Es will einerseits Diskussionsplattform sein, andererseits zu einem gewichtigen Gesprächspartner der Bundesbehörden und anderer Institutionen werden
[12].
Die gemeinsame Arbeitsgruppe von Bund und Kantonen zum Thema der
Ausländerkriminalität legte ihren Schlussbericht vor, der klar machte, dass pauschale Befunde oder gar Vorurteile dem Problem nicht gerecht werden. Zwar bestätigte die auf Zahlen von 1998 basierende Analyse die alte Erkenntnis, wonach Ausländer häufiger straffällig werden als Schweizer und besonders oft an Einbruch-, Gewalt- und Drogendelikten beteiligt sind. Fast die Hälfte der Verurteilten hatten jedoch ihren Wohnsitz nicht in der Schweiz; davon waren wiederum die Hälfte nicht „Kriminaltouristen“, sondern Strassenverkehrssünder. Von der ansässigen ausländischen Wohnbevölkerung gerieten 1,3%, von den Asylsuchenden 7,8% mit dem Gesetz in Konflikt, gegenüber 0,8% der Schweizer. Die meisten Verurteilten waren junge Männer, eine Feststellung, die auch auf die einheimische Bevölkerung zutrifft. Besonders interessant war der
Zusammenhang mit der Dauer des Aufenthalts in der Schweiz. Die Kriminalität unter den Asylbewerbern nimmt ab, je länger sie in der Schweiz verweilen, während bei den Jahresaufenthaltern und den Niedergelassenen der gegenteilige Trend konstatiert wurde. Daraus leitete die Arbeitsgruppe die Notwendigkeit zu differenziertem Vorgehen ab, wobei bei beiden Personenkategorien das Schwergewicht auf eine
bessere Integration gelegt werden müsse, beispielsweise durch das Angebot von Sprachkursen oder durch den Einsatz von Mediatoren. Bundesrätin Metzler erklärte in diesem Zusammenhang, der Bund werde seine Mittel für Integrationsprojekte von 10 auf 12,5 Mio Fr. pro Jahr erhöhen
[13].
Migrantinnen und Migranten sind weniger gesund als Einheimische vergleichbarer Bevölkerungsgruppen. Eine neue Strategie
„Migration und Gesundheit 2002-2006“ soll in der Gesundheitspolitik die Chancengleichheit fördern und zur Integration beitragen. Grosse Bedeutung misst das Konzept der Information über das Gesundheitswesen sowie der Prävention zu. An der Strategie, für deren Umsetzung jährlich 9,5 Mio Fr. vorgesehen sind, beteiligen sich mehrere Bundesämter und die EKA
[14].
[10] Presse vom 4.1.01;
NZZ, 22.8.01 (Vizepräsident EKA). Insgesamt gingen bei der EKA rund 400 Beitragsgesuche ein, deren Realisierung ca. 35 Mio Fr. gekostet hätte; gutgeheissen wurden schliesslich rund 200 Projekte, meist in reduziertem Umfang (Presse vom 19.4. und 10.7.01). Siehe
SPJ 1998, S. 280 und
2000, S. 241 f. Vgl. auch oben, Teil I, 1b (Bürgerrecht).10
[11] Presse vom 30.10., 1.11. und 19.12.01. Siehe
SPJ 2000, S. 242. 11
[12]
NZZ, 5.3.01. Siehe
SPJ 2000, S. 242. Die EKA übernahm den Betriebskredit des Forums für die ersten sechs Monate (rund 300 000 Fr.), will später aber höchstens einen Drittel beisteuern (
LT, 19.5.01).12
[13] Presse vom 6.7.01. Der Presserat stellte fest, dass Kriminal- und Gerichtsberichte mit rassistischen Vorurteilen durchsetzt sind, und empfahl, die Nationalität von Tätern nur noch ausnahmsweise zu nennen (Presse vom 12.7.01). 13
[14] Presse vom 11.4.01;
NZZ, 19.9.01. Im Auftrag des BAG erarbeiteten das SRK und die Caritas einen „Gesundheitswegweiser Schweiz“, der sich in 19 Sprachen speziell an die Einwanderer richtet (
CHSS, 2001, S. 369).14
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